Immer weitermachen:Wirtin auf Lebenszeit

Maria Westermayer aus Puch feiert an diesem Samstag ihren 90. Geburtstag. Zur Ruhe wird sich die rüstige Seniorin auch danach nicht setzen, sondern weiterhin an drei Tagen die Woche Gäste bedienen

Von Erich C. Setzwein, Puch

Es ist kalt im Saal, geheizt wird er nicht, die Tische und Stühle stehen da, als seien die Veteranen nach ihrer Versammlung gerade aufgestanden und nach Hause gegangen. Aber es stehen keine leeren Gläser herum, es hängt kein Zigarettenqualm in der Luft, der Saal im Gasthaus Westermayer in Puch ist und bleibt leer. Längst haben sich die Pucher Vereine, die Feuerwehr, die Landjugend eigene Räume geschaffen, auch die Schützen schießen nicht mehr beim Westermayer. Dafür trifft sich jeden Montagabend der 1983 gegründete Sparverein und auch am Wochenende schenkt die Wirtin noch Bier aus. Seit 1965 ist das Maria Westermayer, sie hat das Gasthaus 32 Jahre lang zusammen mit ihrem Mann Heribert betrieben, bis ihr Mann 64-jährig an einem Herzinfarkt starb. Seit 1997 führt sie die Wirtschaft alleine. Am Samstag feiert Maria Westermayer ihren 90. Geburtstag.

Viel Aufhebens um ihre Person möchte Maria Westermayer nicht machen. Eine bescheidene Frau, die ihr ganzes Leben schwer gearbeitet hat. 1928 in Priel im Landkreis Dachau geboren, dort aufgewachsen und zur Schule gegangen, musste Maria als drittes von sieben Mädchen der Familie nach ihrem Schulabschluss schon mit zwölf Jahren in der Landwirtschaft mithelfen. Es war Krieg. "Weil die Männer gefehlt haben, mussten die Frauen die Arbeit machen", erinnert sie sich. Sie lernte alles, was auf einem Hof zu damaliger Zeit zu lernen war, sie kümmerte sich um die Kühe und arbeitete auf dem Feld. In der Landwirtschaftsschule habe sie dann Kochen gelernt.

Immer weitermachen: Der Vordereingang ist meist geschlossen, die Gäste kommen über den Hof in das Gasthaus Westermayer.

Der Vordereingang ist meist geschlossen, die Gäste kommen über den Hof in das Gasthaus Westermayer.

(Foto: Erich C. Setzwein)

Jahre später dann eine Begegnung auf dem Dachauer Volksfest, die eine Wende in ihrem Leben bedeutete. Dort lernte sie 1964 Heribert Westermayer aus Puch kennen. "Er hat mich gefragt, ob ich Karussell fahren möchte", sagt die 89-Jährige. Ein Erlebnis, das nachhaltig war, die beiden fanden zusammen. Den Hochzeitstag 1965 bezeichnet Maria Westermayer als "das schönste Erlebnis". Sie zog um nach Puch, arbeitete in der Gaststätte und der Landwirtschaft der Westermayers mit. Dass sie keine Kinder bekam, bedauert sie heute sehr. "Leider haben wir keine", sagt sie mit einem leisen Seufzer. Dabei hätte sie, die aus einer großen Familie stammt, so gerne welche gehabt.

Im Gasthaus schenkte Maria Westermayer heimisches Bier der Martha-Brauerei aus, die Familie Westermayer bezog seit mindestens 1926 Bier aus Fürstenfeldbruck, wie Urkunden an den Wänden beweisen. Später dann wurde Kaltenberger Bier ausgeschenkt, und noch heute leuchtet das Reklameschild über der Schänke, wenn ihre Gäste in der Stube sind. Das sind nur noch wenige, doch sie halten ihr und dem früheren Treffpunkt der Pucher die Treue. Es gibt Bier aus der Flasche, denn "ein Fassl lohnt sich schon lange nicht mehr". Gekocht wird nicht mehr, wobei die warme Küche im Gasthaus ohnehin nicht gepflegt worden sei. "Es hat eine Brotzeit gegeben", erzählt die Wirtin und erinnert sich dann, dass nur bei Trauerfeiern gekocht wurde. Da hatte sie auch Personal, aber sonst bediente nur sie selbst.

Maria Westermayer

Die Wirtin des Gasthaus Westermayer ist seit 1965 Maria Westermayer, die am Samstag ihren 90. Geburtstag feiert.

(Foto: Erich C. Setzwein)

Im Jahr 2006 kam noch einmal neues Leben in die Wirtschaft, als drei Pucherinnen in einem Nebenraum einen Dorfladen einrichteten. Seit 1967 schon hatte der kleine Kramerladen leer gestanden, es sollte ein Treffpunkt für alle werden. Ein Platz zum Ratschen und zum Einkaufen des Nötigsten. Doch ein Erfolg stellte sich nicht ein. Vor zehn Jahren gingen dort die Lichter aus. Nebenan in der Gaststube ist fast alles noch so wie in den vergangenen Jahrzehnten. Die Tische, an denen früher die vielen Gäste saßen und ihr Bier und ihre Brotzeit bekamen, haben noch den grünen Linoleum-Belag und laden mit ihrem antiken Charme zum Verweilen ein. An diesem Samstag dürfte sich die gut geheizte Stube wieder einmal gut füllen, wenn dort Maria Westermayers 90. Geburtstag gefeiert wird. Im Saal wäre es zu kalt.

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