Hitze-Report:Heiße Angelegenheit

SZ-Reporter haben wahre Schweißperlen vergossen, um einen Hitze-Report für den Landkreis zu erstellen. Sie stießen auf leere Getränkeregale, dampfende Klassenzimmer und brandgefährliche Wälder

Der Sommer ist endlich da, die Temperaturen erreichten Rekordwerte in den vergangenen Tagen. Viele müssen trotzdem arbeiten, andere können sich Pausen gönnen. Die SZ fragte an verschiedenen Stellen und bei verschiedenen Einrichtungen im Landkreis nach, wie die Menschen die heißen Tage dort erleben - ein Überblick.

Lauwarm

Die Temperaturen steigen immer weiter, und so manch einer denkt vielleicht gerade schwitzend darüber nach, den heißen Graden durch einen Sprung ins kalte Freibadwasser zu entkommen. Aber das wird aufgrund der hochsommerlichen Temperaturen wohl erst einmal nichts. Im Freibad Maisach stieg die Temperatur des Beckenwassers im Laufe des Wochenendes durch die starke Hitze auf 30 Grad und machte so den Besuchern, die sich abkühlen wollten, einen Strich durch die Rechnung. Das Beckenwasser, dass aufgrund der hohen Temperaturen extra kühl in das Becken geleitet wurde, erhitzte sich so stark, dass bei Messungen am Wochenende ein Wert von 30 Grad erreicht wurde- vom kühlen Nass war kaum noch etwas zu spüren. Aber gerade durch die hohen Temperaturen werden immer mehr Badegäste in die Freibäder gelockt. Gerd Felder vom Freibad Germering bestätigt , dass die Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr in den Monaten Mai und Juni zwar kaum zugenommen haben, die Anzahl der Freibadbesucher der ersten Julitage aber bereits jetzt deutlich über der des letzten Jahres liegen. Um den Ansturm zu bewältigen, hat Felder schon die Anzahl der Aushilfskräfte sowie der Service- und Reinigungskräfte erhöht.

Eichenau: Abkühlung mit Regenbogen

Die Beregnungsanlage der Feuerwehr beim Spendenlauf in Eichenau.

(Foto: Johannes Simon)

Hitzefrei

Früher hätten die Schüler versucht, das Thermometer mit der Hilfe eines Feuerzeugs in die Höhe zu treiben, um die Temperaturmarke zu knacken, die das erlösende "Hitzefrei" zur Folge hatte, erzählt Helmut Radloff, Direktor des Staatlichen Schulamts in Fürstenfeldbruck. "So eine Marke gibt es nicht mehr." Amtliche Regelungen habe man abgeschafft, weil die baulichen Gegebenheiten wie etwa Lage der Schule oder vorhandene Klimaanlage sehr unterschiedlich ausfielen. Stattdessen könne nun jeder Schulleiter individuell entscheiden, ab wann die Temperaturen eine Gefährdung der Gesundheit der Schüler darstellten und ein "Hitzefrei" nötig sei. Am Viscardi-Gymnasium in Fürstenfeldbruck entfällt in diesem Fall nur der Nachmittagsunterricht. Sonst sei der Stundenausfall zu groß, so Direktor Walter Zellmeier. Man entscheide meistens am entsprechenden Tag, ob noch ein erträgliches Lernen stattfinden könne. Zwei Mal durften die Schüler dieses Jahr schon früher heimgehen. Das sei jetzt schon zwei Mal mehr als im Vorjahr, so Zellmeier.

Jesenwang: WILLIBALDSRITT

Ein Schatten spendender Baum in Jesenwang.

(Foto: Johannes Simon)

Asphaltschmelze

Die Sonne brennt herab und manchmal schmilzt bei den sommerlichen Temperaturen nicht nur das Eis in der Hand vieler Sonnenanbeter, sondern auch der Asphalt auf der Straße. Peter Langenegger, Technischer Leiter des Bauhof Fürstenfeldbruck, und sein Team unternehmen regelmäßig Kontrollfahrten um sicherzustellen, dass die Straßen im Landkreis befahrbar bleiben. Da bis auf leichte Verflüssigungen bis jetzt noch keine Schäden, die nicht mit etwas Split wieder behoben werden können, festgestellt wurden, steht weiteren Fahrten zum Badesee also nichts mehr im Wege. Allerdings warnt Langenegger alle Autofahrer, Manöver wie Lenkeinschläge im Stand durchzuführen, da diese zu Rissen im Asphalt führen könnten. Auch Heinz Kraus, der für die kaufmännische Leitung des Bauhofes Fürstenfeldbruck und die Grünanlagen der Stadt zuständig ist, sieht noch keine Probleme, was den aktuellen Hochsommer angeht. Täglich schickt er ein Mitglied seines Teams, um die Grünanlagen zu bewässern. Ulrike Herla, Besitzerin der "Blumeninsel", rät vor allem, keine Pflanze direkter Sonne auszusetzen, da selbst die eigentlich so robusten Rosen bei Temperaturen über 30 Grad die Köpfe hängen lassen. Das Geschäft läuft ebenfalls gut, da viele Menschen, die zu einer Feier eingeladen werden, bei dem sommerlichen Wetter lieber einen Strauß oder eine Topfblume mitbringen als Schokolade oder Spirituosen.

Eichenau: Serie HOCH-SOMMER

Die Leute suchen Kühlung. Zum Beispiel schlicht am Baggersee.

(Foto: Johannes Simon)

Grillmeister

Wer wünscht sich das nicht: An den freien Tagen und bei herrlichem Sommerwetter mit ein paar Freunden oder der Familie auf der Terrasse sitzen und den Grill anheizen? Im Landkreis Fürstenfeldbruck hatten am vergangenen Wochenende anscheinend einige diese Idee. "Wir hatten in den letzten Tagen wirklich einen massiven Andrang an Kunden, die Grillfleisch gekauft haben. Samstagabend war unser Grillfleisch sogar ausverkauft", erzählt Wolfgang Wirth, der in Puchheim eine Metzgerei betreibt. Trotz ausverkaufter Ladentheke ist seine Devise, lieber weniger und dafür aber immer frische Ware anzubieten. Denn das Kaufverhalten der Kunden sei teilweise unkalkulierbar. Der Grillfleischverkauf läuft auch in der Metzgerei von Rudolf Heitzer in Olching derzeit sehr gut. Das führt er aber nicht unbedingt auf die andauernde große Hitzewelle zurück, sondern allgemein auf die Sommersaison. Doch Fleisch alleine reicht bekanntlich nicht für den perfekten Grillabend. Die Gartenabteilung vom Brucker Toom-Baumarkt hat einen "Wahnsinnsabsatz" an Grillkohle und -zubehör zu verzeichnen. Da der Trend außerdem vermehrt in Richtung Gasgrill geht, wurden in den vergangenen Tagen viele zwischen 50- und 60-Kilogramm-Gasflaschen verkauft.

Jesenwang: WILLIBALDSRITT

Haferlschuhe und Wollstrümpfe sind diesem Zuschauer des Willibaldritts in Jesenwang offensichtlich zu warm.

(Foto: Johannes Simon)

Literweise

Die empfohlene Menge an Flüssigkeit, die ein Mensch pro Tag zu sich nehmen sollte, liegt zwischen eineinhalb und zwei Litern, sagen Experten. Bei extremen Temperaturen wie in der vergangenen Woche braucht der Körper jedoch mehr Flüssigkeit. Diesen Mehrbedarf bekommen auch Getränkemärkte zu spüren. Johann Krämer vom Getränkemarkt Krämer in Olching schätzt, sie hätten diese Woche ein Drittel mehr verkauft als normal. Statt 20 Kästen müssten sie nun zum Auffüllen des Vorrats mindestens 30 Kästen nachkaufen. Auch Klaus Weik vom Orterer Getränkemarkt in Maisach bestätigt die Absatzsteigerung. Walter Orterer ergänzt: "Bei diesen hohen Temperaturen haben wir zwischen 30 bis 35 Prozent mehr Umsatz gemacht als zum Beispiel an Tagen mit leichtem Regen". Besonders begehrt waren an den heißen Tagen Wasser und Erfrischungsgetränke wie Säfte oder Limo. Zudem wurde Bier, vermehrt alkoholfreies, Radler und auch Wein gekauft. Das geleerte Lager jetzt wieder aufzufüllen, sei erst einmal die größte Herausforderung, sagen sowohl Johann Krämer als auch Walter Orterer.

Emmering: Mini-Serie SAD SUMMER / Sommer im Landkreis

Gefragt ist an diesen Sommertagen mit lauen Abenden Grillkohle.

(Foto: Johannes Simon)

Luftstrom

Um der Hitze und den steigenden Temperaturen in den Wohnungen und Häusern entgegenzuwirken, entscheiden sich viele Menschen dazu, einen Ventilator zur Verteilung der Luft im Raum oder eine Klimaanlage zum effektiven Kühlen der Wohnung zu kaufen, so auch vergangene Woche. "Zu Beginn der Woche hatten wir vier Paletten mit Ventilatoren. Die sind bis zum vergangenen Samstag alle verkauft worden", sagt Erwin Ludwig vom "Expert Techno-Markt Germering GmbH & Co. KG". Die meisten Kunden seien an kleineren Geräten bis 25 Quadratmeter interessiert, sagt Ludwig weiter. Für diese Woche hätten sie zwei weitere Paletten mit je vier Klimaanlagen bestellt, "wir rechnen damit, dass diese heute oder spätestens morgen auch weg sind". Wer keine Raumkühlgeräte mehr auf Lager habe, tue sich jetzt schwer, fügt er an. Diese sind derzeit schwer nachzubestellen, weil außer den begrenzten Vorräten der Hersteller kein weiterer Etat zur Verfügung steht. Und da die Hersteller momentan schon wieder mit dem Bau von Heizungen beschäftigt sind, ist auch dieser Vorrat begrenzt.

Gesundmacher

Das Klinikum Fürstenfeldbruck hatte auch an diesen temperaturmäßig heißen Tagen "sehr viele Patienten zu behandeln", sagt Pressesprecherin Andrea Wieland nach einem Gespräch, das sie mit dem Leiter der Notaufnahme, Martin Breuer, geführt hatte. Die Krankheitsbilder, deretwegen die Patienten das Krankenhaus aufgesucht hätten, würden sich aber kaum vom sonstigen Klinikalltag unterscheiden. Darunter seien natürlich auch Herz-Kreislauf-Probleme. Inwieweit man einen Zusammenhang zur Hitze der vergangenen Tage herstellen könne, darüber war man sich in der Klinik nicht einig. "Es war zumindest kein klassischer Fall eines Hitzschlags dabei", sagt Wieland. Auch in der Praxis des Schöngeisinger Allgemeinarztes Florian Schertel beobachtete man keinen temperaturbedingten Anstieg der Patientenzahlen. Es seien nicht auffällig mehr gewesen, heißt es dort, und man habe niemanden ins Krankenhaus einweisen müssen. Wichtig ist freilich auch, sich rechtzeitig auf die Wetterlage einzustellen. Im Awo-Seniorenzentrum Josefstift in Fürstenfeldbruck achtet man besonders darauf, dass die alten Menschen bei Hitze auch genügend trinken. Gegebenenfalls müsse Flüssigkeit über eine Infusion zugeführt werden, sagt Einrichtungsleiter Florian Preißer. Höheren Belastungen seien an solchen Tagen auch die Mitarbeiter ausgesetzt, für die ebenfalls gelte: Viel trinken und auch mal das Arbeitstempo reduzieren.

Lebensretter

Speziell die Rettungskräfte von Wasserwacht und Feuerwehr haben an besonders heißen Tagen zu tun. An den Baggerseen und Flüssen im Landkreis wurden sie allein am Sonntag binnen 24 Stunden zu vier Großeinsätzen gerufen. "Das war richtig anstrengend", fasst Rainer Bertram, der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes, zusammen. Die Helfer machen das ehrenamtlich, in ihrer Freizeit. Mehr als 55 Einsatzkräfte mussten beispielsweise am Samstag kurz vor Mitternacht zum Pucher Meer ausrücken. Vor allem wenn Menschen im und am Wasser als vermisst gemeldet werden, wird die Rettungskette in Gang gesetzt. Bisweilen kommen selbst die Retter zu spät. In Emmering konnte ein 76-Jähriger Mann nur noch tot aus der Amper geborgen werden.

Brandgefährlich

Aufgrund der heißen und trockenen Wettersituation warnt die Regierung von Oberbayern weiterhin vor erhöhter Waldbrandgefahr. Als vorbeugende Maßnahme hat die Regierung in Abstimmung mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forste Luftbeobachtung für Dienstag, 7. Juli angeordnet. Der allgemeine Waldbrandgefahrenindex weist aktuell für Oberbayern eine hohe Waldbrandgefahr der Stufen vier und fünf aus. Die Regierung von Oberbayern bittet darum alle Spaziergänger oder Personen, die mit Waldarbeiten beschäftigt sind, dringend in einem Wald oder weniger als 100 Meter davon entfernt keine offene Feuerstätte zu errichten oder zu betreiben, kein Feuer anzuzünden oder zu betreiben, keine Bodendecke abzubrennen oder Pflanzen oder Pflanzenreste flächenweise abzusengen, kein offenes Licht anzuzünden oder zu verwenden und keine brennenden oder glimmenden Sachen wegzuwerfen.

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