Hattenhofen:Lehrreiche Wanderung

Haspelmoor: Siegfried Hagspiel führt durch das Haspelmoor

Ausgemachter Pflanzenkenner: Siegfried Hagspiel führt Interessierte durch das Haspelmoor.

(Foto: Johannes Simon)

Fast 100 Naturfreunde nehmen an Haspelmoor-Exkursion teil

Von Manfred Amann, Hattenhofen

Als Anette von Droste Hülshoff einst "Oh schaurig ist`s übers Moor zu gehen" dichtete, hatte die Poetin wohl all die Gruselgeschichten von Moorlichtern und Moorleichen im Sinn, die Anfang des 19. Jahrhunderts noch dubiose Ängste auslösten und von einer Erkundung der als unwirtlich eingestuften Naturbereiche abhielten. Heute hält die mystische Seite niemanden mehr ab, wie sich bei den Führungen durch das Haspelmoor zeigt, die der Verein "Lebensraum Haspelmoor" organisiert, der sich die Bewahrung und Erforschung des Moores auf die Fahnen geschrieben hat. "Meist kommen so gut 20 Interessierte", verrät Vorstandsmitglied und Kreisheimatpfleger Toni Drexler und ist schier überwältigt, dass sich diesmal etwa hundert Naturfreunde einer Moorexpedition anschließen. "Es liegt wohl daran, dass Siegfried Hagspiel heute führt, der profunde Kenner der Moorfauna, der zu jeder Pflanze nicht nur den Namen, Geburtsdatum und Hochzeitstag kenne, sondern auch über deren Wirkkräfte und Lebensbedingungen Bescheid weiß", spekuliert Drexler scherzhaft.

Der so gelobte 82-jährige Apotheker und Homöopath aus Augsburg indes spricht scherzhaft von einer "Katastrophe", weil er noch nie so eine große Gruppe auf engen Wegen durch die sumpfige Landschaft geführt habe. Als sich das Vereinsmitglied Alfons Ranner aus Bruck bereit erklärt, einen Teil der Gruppe zu übernehmen, ist Hagspiel erleichtert und ohne langes Zögern auch in seinem Element. "Was ist das für ein Pflanze?" hört man ihn immer wieder fragen, um diese dann anhand ihrer Merkmale zu bestimmen und gegebenenfalls auf ihre Giftigkeit oder positive Wirkung bei Krankheiten hinzuweisen. Den Rainfarn zum Beispiel, auch Wurmkraut genannt, sollte man rheumatischen Beschwerden ins Bett legen, erzählt er, und dass die Pflanze mit ihren gelben Knöpfchen auch in den Kräuterbuschen gehört.

Das Gänsefingerkraut werde im Volksmund auch Krampfkraut genannt, weil es bei Verkrampfungen helfe und der wilde Kümmel könne Blähungen abschwächen. So geht es entlang der Bahnlinie vorbei an Schlehensträuchern, Brennnesseln, Schafgarben, kleinen Tümpeln mit Schilf und abgeblühten Binsen, vorbei an Schneeballsträuchern und Bohnenkraut, um dann in die moorige Landschaft einzutauchen. Am Steg erklärt Ranner, dass sich nördlich des Bahndammes das Rotmoos anschließt, das als Ausgleichsfläche für Baumaßnahmen in der Buchenau der Natur zurückgegeben wurde. "Und dahinter befindet sich das Biermoos", wovon sich der Name der Biermösl-Blosn der Wellbrüder ableite. Ziel ist der große See, auf den sich der Naturfotograf Robert Hoiß aus Mammendorf schon richtig freut, "weil es da immer was Interessantes zu knipsen gibt".

Ein leichtes Lüftchen bläst winzige Wellen auf das Gewässer, in dem sich Bäume und Büsche spiegeln und über das Mücken und Schmetterlinge tanzen. Langbeinige Wasserläufer liefern sich Rennen auf dem Wasserspiegel und darüber schwirren Libellen wie die geschützte Smaragdjungfer von Pflanze zu Pflanze. Wie die Führer erzählen, gibt es im Moor viele seltene Tiere und Pflanzen, Kreuzottern, die Gelbhaselmaus und den Moorfrosch ebenso, wie den Keulen-Bärlapp, den Adlerfarn oder den "fleischfressenden" Sonnentau. Die Wanderer erfahren auch, dass ich das Sumpfgebiet nach der Riss-Eiszeit vor etwa 150 000 Jahren in einem flachen Becken durch die sukzessive Verlandung des einstigen Haspelsees bildete, und dass hier im 19. Jahrhundert durch den Torfabbau Raubbau an der Natur betrieben wurde. Zum Glück für die vielen Tiere und Pflanzen, habe sich das Haspelmoor zumindest in großen Teilen wieder erholt, freut sich Hagspiel, der es bedauert, dass man wegen Brückenbauarbeiten nicht zum "Sumpf" gehen kann, denn dort sei der Sonnentau am häufigsten anzutreffen.

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