Grund:Filetgrundstück im Angebot

Die Stadtwerke suchen einen Interessenten für ihr altes Firmenareal in bester Lage. SPD, BBV und Grüne pochen auf das Vorkaufsrecht der Stadt, um die Pläne zur Ansiedlung von Startups und innovativen Betrieben nicht zu gefährden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Was wird aus dem großen Areal der Stadtwerke im Brucker Zentrum? Mitte Mai wurde am neuen Standort im Westen Richtfest gefeiert - im Sommer nächsten Jahres will der kommunale Energie- und Wärmeversorger umziehen. Damit aber enden die Gewissheiten. Nachdem die Stadtwerke jüngst die 5900 Quadratmeter große Fläche öffentlich zum Kauf angeboten haben, herrscht Rätselraten, ob ein Investor möglicherweise den Zuschlag für dass "Filetgrundstück an der Amper" erhalten könnte.

SPD, BBV und Grüne fühlen sich kalt erwischt und warnen, der Stadt könnten die Felle davonschwimmen. Man müsse das Vorkaufsrecht wahrnehmen, fordern sie unisono. Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) versteht die ganze Aufregung nicht: Bis zur entscheidenden Stadtratssitzung am 24. Juli bleibe alles offen, niemand werde bis dahin den Zuschlag erhalten.

Auch Stadtwerkechef Enno Steffens war im Fachausschuss des Stadtrats in die Kritik geraten. Wie könne es sein, dass die hundertprozentige städtische Tochter einfach das Grundstück zu einem Mindestpreis offeriere, obwohl die Stadt genau dort doch hochfliegende Pläne habe: Neben Wohnungen sollen kleine innovative Betriebe und Startups angesiedelt werden, beispielsweise aus der Softwarebranche oder der Künstlerszene. FDP-Stadtrat Klaus Wollenberg hatte für seine Idee vom Viertel mit "Kreativwirtschaft" im Stadtrat viel Zuspruch geerntet. Steffens macht klar, dass die Stadtwerke sich eine ewige Hängepartie beim Grundstücksverkauf nicht leisten können. Der Wert wurde auf 1,5 Millionen Euro taxiert. Das Geld brauchen die Stadtwerke für ihr 17-Millionen-Euro-Neubauprojekt an der Cerveteristraße. "Wir wollen das Grundstück loswerden", sagt Steffens ganz offen. Auch ihm wäre es am liebsten, wenn die Stadt zugreift. Um den Jahreswechsel herum boten die Stadtwerke die Flächen der Stadt an. Aus dem Rathaus kamen bislang aber offenbar keine klaren Signale, auch wenn man sich ausdrücklich Bedenkzeit ausbedungen hat.

"So locker" eben mal 1,5 Millionen Euro locker zu machen, sei eben auch nicht so einfach, sagt Raff auf Nachfrage der SZ. Schließlich rutscht die Kreisstadt immer tiefer in die Verschuldung und steht unter Kuratel der Kommunalaufsicht - die jüngst das neben geplante Sportzentrum III im Brucker Westen, mindestens aber dessen Turnhalle, kassierte. Außerdem könnte das Stadtwerkeareal noch mit einigen unangenehmen Überraschungen aufwarten. Die Frage ist, wie groß der Sanierungsbedarf für denkmalgeschützte Gebäude wie das sogenannte Taubenhaus sind und welche Bereiche als Überschwemmungsgebiet eingestuft werden. Die Stadt besitzt bereits Teilbereiche am Ende der Bullachstraße, so auch das markante Gebäude mit den Zinnen, in dem die Stadtbücherei untergebracht ist, sowie die lang gestreckte, bewaldete Halbinsel im Norden. Die Wohnbaugesellschaft Igewo hat im Zuge eines Grundstückstauschs mit den Stadtwerken das große Grundstück südlich der Bullachstraße und westlich des Stadtparks zugeschlagen bekommen, auf dem sich unter anderem die beiden denkmalgeschützten Villen sowie große Lagerhallen befinden. Raff hält dort den Bau von Wohnungen ebenso für denkbar wie den eines Pflegeheims.

Ob die Stadt nun Eigentümer ist oder nicht: Für das Gebiet soll nach der Sommerpause ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben werden. Damit gibt die Stadt den grundsätzlichen Rahmen vor. Möglicherweise in Verbindung mit einem Bebauungsplan wird etwa festgelegt, wo und wie hoch Wohnungen und Gewerbebetriebe gebaut werden dürfen. Experten gehen davon aus, dass das gesamte frühere Stadtwerkegelände in drei Jahren ein neues Gesicht bekommen könnte. Ein großes Fragezeichen steht freilich noch hinter dem benachbarten Gelände des Bauhofs. Dessen auf acht Millionen Euro veranschlagter Umzug in die Nähe des Feuerwehrhauses ist zwar angedacht, aber aus Kostengründen noch nicht beschlossen. Eine Bestandsgarantie dürfte es für den vom Verein Subkultur genutzten Alten Schlachthof geben.

Grund: Ein Luftbild des "Filetgrundstücks" mit Blick Richtung Süden - hinten links die Bullachstraße, ganz hinten der Stadtpark, zentral die Bücherei Aumühle und rechts unten Teile des Bauhofs.

Ein Luftbild des "Filetgrundstücks" mit Blick Richtung Süden - hinten links die Bullachstraße, ganz hinten der Stadtpark, zentral die Bücherei Aumühle und rechts unten Teile des Bauhofs.

(Foto: Stadt Fürstenfeldbruck)

Was aber würde sich ändern, falls doch ein Investor den Zuschlag bekäme? Ein Bauexperte dämpft große Befürchtungen: Auch dann habe die Stadt "alle Optionen" und könne beispielsweise mit städtebaulichen Verträgen ihre Wünsche durchsetzen. Gleichwohl "hat man die weitreichendsten Verfügungsrechte über Grundstücke, die einem selbst gehören". Ergo: Nur dann hat man es auch wirklich in der Hand, dass zügig gebaut wird und dass nicht irgendwelche profitable Gewerbebetriebe einziehen, sondern solche, die man an der Stelle auch haben will.

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