Gröbenzells Bürgermeister Martin Schäfer:Gelungener Start

Der Gröbenzeller von der UWG macht im ersten Jahr aus dem Rathaus eine Großbaustelle. Er räumt auf und packt an. Und der Gemeinderat folgt ihm

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Radweg Gröbenzell

Eröffnung der Wegeverbindung in Bahnhofsnähe: Martin Schäfer ist sich nicht zu schade, selbst mit anzupacken.

Seit dem 1. Mai ist Martin Schäfer (UWG) ein Jahr Bürgermeister von Gröbenzell. Der Rathauschef kommt zweifellos an. Das liegt an seiner offenen, gewinnenden Art. So stand er beispielsweise vor der April-Gemeinderatssitzung wie zufällig an der Eingangstür zum Sitzungssaal und begrüßte jeden, der kam, mit Handschlag. Das mag zwar nur eine kleine Geste sein, aber so etwas schlägt sich in einem guten Arbeitsklima nieder. Das braucht der Neue auch, schließlich hat er das Rathaus in eine Großbaustelle verwandelt. Er krempelt das Personal um, stellt die Führungsriege seiner Mitarbeiter neu auf und stellt neue und zusätzliche Mitarbeiter ein. Das Wort Altlasten fällt oft im Zusammenhang mit den Zuständen. Und es ist offenkundig, dass Schäfer etwas voranbringen will.

So soll das Rathaus bis zur nächsten Kommunalwahl in fünf Jahren saniert und erweitert oder komplett neu gebaut werden. Die Planung des gesamten Ortszentrums wird nach verlorenen Jahrzehnten auf eine neue Basis gestellt; Mittel der Städtebauförderung sind beantragt. Das gesamte Baurecht der Gemeinde mit rund 300 Bebauungsplänen wird überarbeitet und neu geordnet. Man will bei Baugenehmigungen weg von Sonderregelungen und Ausnahmen von den Vorgaben, die überhand genommen hatten. Schon mit jedem einzelnen dieser drei Großprojekte wäre ein Bürgermeister voll ausgelastet.

Das sind ehrgeizige Ziele. Den Rathausneu- oder Umbau bezeichnet Schäfer selbst als "Mammutvorhaben". Zudem packt und schiebt der Bürgermeister bei vielem selbst mit an. Wenn es sein muss, hetzt er von früh bis in die Abendstunden hinein fast ohne Pause von einer Besprechung zur anderen und macht sich dabei handschriftlich fein säuberlich Gesprächsnotizen. Diese verschwinden nicht irgendwo in einer Schublade, sondern werden später Punkt für Punkt abgearbeitet. Dass er, obwohl er es gewohnt ist, viel zu arbeiten, die Arbeitsbelastung und das Tempo des vergangenen Jahres nicht noch fünf Jahre durchhalten kann, weiß der Bürgermeister selbst. Obwohl er bestrebt ist, immer einen Schritt weiter zu sein als der Gemeinderat oder seine Mitarbeiter, untertreibt er lieber und bezeichnet seinen Stil als "mit anderen Schritt halten". Man könnte auch sagen, die anderen mitnehmen.

Im Rückblick bekennt der Kommunalpolitiker und frühere mittelständische Unternehmer, er habe sich darauf einstellen müssen, dass eine Verwaltung anders funktioniert als ein unabhängiger Wirtschaftsbetrieb. Von einem Tag auf den anderen allein entscheiden wie zuvor als Unternehmer, kann er nun nicht mehr. Das wäre ihm am liebsten. Schäfer akzeptiert das.

Aber auch in einem Rathaus gibt es Spielräume, die der Chef auslotet und dann nutzt. So wie bei der Hauruck-Entscheidung, mit der gesamten Verwaltung in ein angemietetes Bürogebäude ins Gewerbegebiet umzuziehen, bevor geklärt ist, was mit dem sanierungsbedürftigen Altbau geschehen soll und was das kostet. Sollte Schäfer, was anzunehmen ist, die nächsten Schritte schon bedacht haben, schweigt er mit Rücksicht auf den Gemeinderat, dessen Zustimmung er braucht, um die erforderliche Mehrheit für seine Vorstellungen zu bekommen.

Bisher war ihm in dem Gremium eine breite Mehrheit sicher. Das liegt daran, dass insbesondere Sozialdemokraten und Grüne von der Niederlage der CSU bei den Kommunalwahlen profitieren. Sie stützen den neuen Bürgermeister und können endlich einmal mitbestimmen, was im Rathaus geschieht. Das wirkt nach dem Ende der jahrzehntelangen CSU-Herrschaft befreiend und gelegentlich sogar euphorisierend. Die CSU als Wahlverlierer, zieht sich unterdessen nicht beleidigt in ihren Schmollwinkel zurück. Sie arbeitet aktiv und konstruktiv mit. Selbstverständlich ist so etwas nicht.

Doch es scheint, als sei die positive Stimmung im Rathaus ansteckend, zumindest entsteht der Eindruck im Gespräch mit anderen Politikern. "Das Klima im Rathaus ist offener geworden und professioneller", lobt denn auch SPD-Fraktionssprecher Peter Falk die Amtsführung von Schäfer. Der Bürgermeister sei gegenüber allen Fraktionen sehr kollegial. Er erkläre Hintergründe. So etwas habe er, Falk, bisher noch bei keinem Bürgermeister erlebt. Schäfer sei nicht nur in der Lage sich auszutauschen, er lasse sich auch beraten und nehme Anregungen auf. Etwas Negatives könne er nicht berichten, sagt Falk, um zu ergänzen: "Er tut Gröbenzell gut. Es war vorher etwas muffig, jetzt wird durchgelüftet und aufgeklärt." Der Bürgermeister begegne anderen Gemeinderäten auf Augenhöhe.

Ähnlich schildert auch Markus Rainer, Fraktionsvorsitzender der Grünen, den neuen Stil im Rathaus. "Wir haben eine andere Gesprächskultur", berichtet der Grüne. Es werde ein offener Stil gepflegt, die Zusammenarbeit sei angenehm. Rainer hat den Eindruck, "alle sind motiviert und ziehen an einem Strang". Es tue sich etwas und es gehe etwas voran in Gröbenzell. Rainer findet es gut, dass der Gemeinderat nicht immer einer Meinung ist. Aber man sei bereit, andere Meinungen aufzunehmen und sich andere Argumente anzuhören. Das mache das Arbeiten sehr angenehm.

"Wir sind uns alle oft einig und wohlgesonnen, das liegt an Schäfer." So lautet die Bilanz der UWG-Fraktionssprecherin Marianne Kaunzinger zum ersten Jahr des neuen Bürgermeisters. Dessen Arbeitsweise bezeichnet sie als "sehr forsch". Weil alle ins Boot geholt würden, gehe in der Gemeinde endlich etwas voran. Und zwar zügig, obwohl vieles aufgearbeitet werden musste. Den Hauptunterschied zum früheren Gemeinderat sieht Kaunzinger im freundlichen Umgangston.

"Ein Jahr hört sich an, als wäre viel passiert, es ist aber nicht viel passiert", beurteilt Andres Berger das erste Amtsjahr von Schäfer. Die Stimmung sei auf jeden Fall besser, stellt der stellvertretende Sprecher der CSU-Fraktion fest. Das hält der CSU-Politiker aber nicht für ein ausschließliches Verdienst des neuen Bürgermeisters. Den Hauptgrund für den Wandel zum Besseren sieht er darin, dass "wir nicht die lokale Opposition machen". "Wenn alle etwas zusammen erreichen wollen, ist die Stimmung immer gut", merkt Berger an. Da wichtige Entscheidungen noch anstünden, habe es bisher wenig Konfliktpotenzial gegeben. Einen Punkt der Amtsführung kritisiert Berger: Schäfer mangele es an Transparenz, auch Bürgerbeteiligung würde vernachlässigt. Und die nicht öffentlichen Sitzungen würden immer länger.

"Ich sehe noch Verbesserungsbedarf, weiß aber nicht ob das zu hoch gesteckt ist", bekennt Hans Böhmer. Der FW-Fraktionssprecher gehört wie Kaunzinger erst seit einem Jahr dem Gemeinderat an. Er stellt kritisch fest: "Wir sind noch im Zusammenfinden und Werden." Mit dem Zusammenfinden meint Böhmer etwas, was er noch vermisst. Eine Struktur für die Arbeit der nächsten Jahre zu finden. Und zwar je eine Struktur für die Aufarbeitung der Vergangenheit und eine, die in die Zukunft gerichtet ist. Böhmer findet, dass nach einem Jahr die Karenzzeit für Schäfer vorbei sei und er nun liefern müsse. Der Bürgermeister habe seine eigenen Vorstellungen und ziehe das dann auch so durch.

Klaus Coy ist der einzige FDP-Vertreter im Gemeinderat. Auch er ist mit dem persönlichen Umgang mit Schäfer zufrieden, gibt aber zu bedenken, ein Bürgermeister müsse nicht alles, was sehr gut laufe, hinterfragen. Als Kulturreferent kämpfe er zurzeit ein wenig mit Schäfer. Coy ist aber optimistisch, dass es in Gröbenzell nun voran geht.

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