Gröbenzell:Vorrang fürs Ortszentrum

Beraterfirma schlägt vor, im Gewerbegebiet keine weiteren Supermärkte zuzulassen.

Von Sebastian Mayr, Gröbenzell

Das Ortszentrum von Gröbenzell soll besonders gefördert werden. Dort soll sich das Gewerbe in Zukunft ansiedeln. Diese Empfehlung ist den ersten Ergebnissen des Einzelhandelskonzepts für die Gemeinde zu entnehmen, das die Münchner Beratungsfirma Cima erstellt hatte. Bei der Umsetzung könnte eine Nutzungsbeschränkung für das Gewerbegebiet helfen. Dürfen sich dort bestimmte Geschäfte dort nicht mehr niederlassen, so die Hoffnung, ziehen sie stattdessen ins Zentrum. Drei Branchen, die in der Ortsmitte noch fehlen, benennt die Analyse konkret: Eine Apotheke, ein großes Sportgeschäft und ein Sanitätshaus könnten Angebotslücken schließen.

Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) ist mit den Ergebnissen der Untersuchung zufrieden. Beim Bund der Selbständigen (BdS) sieht man das Gutachten kritischer. "Die Analyse hätte differenzierter sein können", bemängelt Ute Kunkel, die sich konkretere Antworten gewünscht hätte und wenig neue Erkenntnisse bekam.

Vor allem die Zahlen seien "super", findet dagegen der Rathauschef. Diese könnten bei den Planungen für die Umgestaltung der Bahnhofstraße helfen. Dort hat die Gemeinde bereits rund 11 500 Quadratmeter Grundfläche erworben und will auch mit anderen Eigentümern zusammenarbeiten. Bei Entscheidungen über die Anzahl von Parkplätzen, über die Größe von Verkaufsflächen oder über eine zukünftige Wirtschaftsförderung könnten von jetzt an die Cima-Ergebnisse herangezogen werden, sagt Martin Schäfer.

Drei Monate lang haben die Berater Unternehmen analysiert, Kunden und Geschäftsleuten befragt und auch die Firmen eingespannt. Diese sollten die Herkunft ihrer Kunden ermitteln. Das Ergebnis: Fast 80 Prozent der Menschen, die in Gröbenzell einkaufen, wohnen in der Gemeinde. Wer von außerhalb kommt, steuert vor allem die Supermärkte im Gewerbegebiet an. Dort ist der Umsatz der Einzelhandelsgeschäfte deutlich höher als im Ortszentrum. Und das, obwohl im Zentrum viel mehr Geschäfte angesiedelt sind. Insgesamt setzten die Unternehmer der Gartenstadt 2014 rund 103 Millionen Euro um. Das ist ein hoher Wert im Vergleich zu den umliegenden Gemeinden. Gleichzeitig ist die Kaufkraft in Gröbenzell höher als in sämtlichen anderen Kommunen des Landkreises. Die Analyse enthielt zwei weitere hohe Zahlen: Rund drei Viertel der Gröbenzeller kommen zu Fuß oder mit dem Rad ins Zentrum, 96 Prozent der Unternehmer würden sich wieder für den Standort Gröbenzell entscheiden.

Den Bedarf der Bürger können die örtlichen Geschäfte aber nur in den Bereichen Lebensmittel und Hausrat decken. Das liegt auch daran, dass die Ansprüche wegen der Nähe zu München in manchen Branchen höher seien, als Gröbenzeller Firmen stemmen können. Mäßige Noten gab es für die Schaufenster. Nur ein gutes Drittel der Firmen gestalte die Auslagen zeitgemäß, so die Analyse. Grundlage für dieses Urteil waren anonyme Besuche von Mitarbeitern der Beraterfirma in den Geschäften. Auch die Angebotsvielfalt in Gröbenzell hat nachgelassen, was die telefonische Kundenbefragung ergab.

An den Kritikpunkten hat die Unternehmerin Ute Kunkel, die im Vorstands des BdS sitzt, ihre Zweifel. Sie kritisiert, dass bei der Befragung nicht auf die Altersstruktur in Gröbenzell geachtet wurde. Die Analysten hatten jeweils gleich viele Personen aus vier Alterskohorten befragt. In Gröbenzell, so Kunkel, lebe aber ein höherer Anteil von Senioren, die andere Vorstellungen hätten als jüngere Kunden. Die Beurteilung der Schaufenster hält Kunkel ebenfalls für "wenig glaubwürdig".

Dagegen bestätigen die Zahlen der Cima Vermutungen des BdS, die bislang nicht belegt waren. Kunkel attestiert den Beratern insgesamt eine gute Arbeit, der aber der Blick auf das Praktische fehle. "Ich hätte mir grundsätzlich einen Tipp gewünscht. Wenn Kritik kommt, muss sie konkreter werden", erklärt die Floristin. Auch gegenüber den weiteren Zielen des Einzelhandelskonzepts äußert sie sich skeptisch. Schließlich entscheide der Markt und nicht die Gemeinde über den Zuzug von Unternehmen, so Kunkel.

In den kommenden drei Monaten will Cima einen Plan vorlegen, den der Gemeinderat anschließend beschließen soll. Dieser soll es der Gemeinde ermöglichen, auf Augenhöhe mit Investoren zu verhandeln, während die Unternehmer mehr Sicherheit erhielten.

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