Gröbenzell:Tränen gelacht

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Luise Kinseher schlüpft in Gröbenzell in viele Paraderollen

Von Maren Jensen, Gröbenzell

In einem imposanten Figurenszenario präsentierte sich die preisgekrönte Kabarettistin Luise Kinseher am vergangenen Donnerstag im Gröbenzeller Veranstaltungszentrum Stockwerk. Die 46-jährige stellte ihre Bühnenshow "Ruhe bewahren" vor.

Schon als Kinseher die Bühne betritt, beeindruckt sie mit gekonnter Körpersprache. Nur wenige Bewegungen genügen, schon krümmt sich das Publikum vor Lachen. Allein ein Stuhl und ein Tisch dienen als Requisiten. "Viele von ihnen sitzen jetzt da und grübeln darüber, was sie heute wieder nicht geschafft haben von dem, was sie schaffen wollten und was auch zu schaffen gewesen wäre, wenn sie nicht eh schon so geschafft wären", beginnt sie. Immer wieder erwähnt die Schauspielerin die Problematik von zu viel unnötigem Stress im Alltag. Im Grunde würde nämlich das Stirnhirn abgeschaltet werden und nur noch das Reptiliengehirn arbeiten, sagt sie. "Im Klartext meine ich damit: Sie reagieren nur noch, Sie laufen, rennen, schwitzen und dann folgt Kreislaufpanik, Herzinfarkt!"

Virtuos arbeitet sie sich durch ihr Abendprogramm, indem sie immer wieder für Abwechslung sorgt. Von ihrer eigenen Persönlichkeit als Luise Kinseher im Liebeswahn verwandelt sie sich kurzerhand in Helga Frese, eine alte Dame, die durch die Demenz ihres Mannes ein neues Lebensgefühl entwickelt. Fünf Minuten später steckt die 46-jährige schon wieder in der nächsten Rolle: Als Mary from Bavary läuft die Schauspielerin in einem Bademantel über die Bühne und zeigt den Zuschauern abgewandelte Yogaübungen. "Ich stelle Ihnen jetzt einmal die kaputte Kobra vor", sagt sie und zwinkert dem Publikum zu. "Schließlich lebe ich von meiner Erotik". Dabei lässt Kinseher kein prägnantes Thema der letzten Wochen aus. Mit viel Witz versteckt sie immer wieder Andeutungen auf die Flüchtlingskrise, VW, Russlands Intervention in Syrien und Skandale der katholischen Kirche in ihr Programm. Speziell CSU-Politiker Horst Seehofer betraf die scharfe Kritik der Kabarettistin.

Schon vor Beginn des Auftritts stand eine riesige Schlange vor dem Veranstaltungsgebäude, die meisten Zuschauer versuchten einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. "Das haben Sie jetzt davon", sagt Kinseher, als sie zu Beginn mehrere Leute aus dem Publikum mit einbezieht. Im Laufe des Abends kam die Schauspielerin immer wieder auf bestimmte Aussagen der Mitwirkenden zurück und gab dem Publikum dadurch das Gefühl individuell zu sein. "Ich spiele nicht einfach mein festes Programm. Kabarett lebt von den Überraschungen", sagt sie. "Stellen Sie sich einfach vor, ich bin Ihr Fernseher. Wenn Sie einschlafen, dann habe ich mein Ziel erreicht." Wirklich erfolgreich war Kinseher dabei allerdings nicht. Am Ende brach das Publikum in tosenden Applaus aus. "So, ich muss jetzt weg, ich hab keine Zeit mehr", sagt sie abschließend und verlässt die Bühne. Das Publikum fordert eine Zugabe. "Nur weil ich die Gema bezahlt habe, singe ich noch ein Lied", sagt sie. Dabei schaut sie immer wieder auf die Uhr, lässt Zeilen weg und singt stattdessen "Mein Gott, das zieht sich aber alles ganz schön". Noch immer lachend verließen die 200 Zuschauer das Stockwerk.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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