Gröbenzell:SPD fordert Aufarbeitung der NS-Zeit in Gemeinde

In einer wissenschaftlichen Untersuchung soll auch die Rolle des ersten Bürgermeisters Bernhard Rößner genauer erforscht werden.

Wolfgang Krause und Peter Bierl

Die Gröbenzeller SPD will die Diskussion um die zeitweilige NSDAP-Mitgliedschaft des sozialdemokratischen Gründungs-Bürgermeisters Bernhard Rößner zum Anlass für eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit in dem Ort machen. Das sagte Fraktionschef Michael Schrodi der SZ am Donnerstag. Die Entscheidung darüber, ob die Schule an der Bernhard Rößner-Straße offiziell in Bernhard-Rößner-Schule umbenannt wird, soll solange ruhen.

Gröbenzell: Bernhard Rößner war von 1952 bis 1957 Bürgermeister von Gröbenzell.

Bernhard Rößner war von 1952 bis 1957 Bürgermeister von Gröbenzell.

(Foto: Gemeindearchiv Gröbenzell)

"Gröbenzell war im Landkreis eine NSDAP-Hochburg", sagte Schrodi, der als Geschichtslehrer am Brucker Viscardi-Gymnasium arbeitet. Deshalb wäre es besonders interessant, die Geschichte des Ortes aufzuarbeiten und die letzten noch lebenden Zeitzeugen zu befragen. Schrodi kann sich vorstellen, dass dies in Zusammenarbeit mit der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität geschieht. Als Vorbild nannte er die Stadt Fürstenfeldbruck, die ebenfalls externe Wissenschaftler mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte in der NS-Zeit betraut hatte.

Im Zuge der Untersuchung soll nach den Vorstellungen Schrodis auch die Rolle Rößners eingehend untersucht werden. "Das muss ergebnisoffen sein", sagte er. Wenn sich herausstelle, dass Rößner belastet sei, solle die Schule nicht nach ihm benannt werden. Schrodi beharrte aber darauf, dass die NSDAP-Mitgliedschaft Rößners von 1940 bis 1941 angesichts von dessen Verdiensten um den Ort allein kein Ausschlusskriterium sei. Deshalb habe die SPD auch keinen Anlass gesehen, auf diese eigentlich bekannte Mitgliedschaft hinzuweisen.

Der Gröbenzeller Historiker Kurt Lehnstaedt sagte, er habe die NSDAP-Mitgliedschaft Rößner bereits 1999 in einem SZ-Artikel öffentlich gemacht. Als er einige Jahre vorher die Chronik des Ortsvereins verfasst habe, sei ihm dieser Umstand noch nicht bekannt gewesen. Lehnstaedt ist vor zwei Jahren nach Streitereien um die Gemeinderatsliste aus der Partei ausgetreten.

Axel von Walter, der erst vor einem Monat für die SPD in den Gemeinderat nachgerückt ist, und Juso-Sprecher Gregor von Uckermann, der auch stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins ist, wussten nach eigenen Angaben nichts von Rößners NS-Vergangenheit. "Das sind Erkenntnisse, mit denen wir uns beschäftigen müssen", sagte von Uckermann der SZ. Er habe zwar noch keine abschließende Meinung, finde aber, dass die NSDAP-Mitgliedschaft ein Fakt sei, der "die Beurteilung beeinflussen kann". Der Vorstand des Ortsvereins werde nächste Woche darüber diskutieren.

Walter der selbst in der Bernhard-Rößner-Straße wohnt, sprach sich wie Schrodi für eine umfassende Untersuchung der NS-Zeit und der Rolle Rößners aus. Außerdem plädierte er dafür, auch die Wünsche der Schule zu berücksichtigen. Grund zur Eile sieht er nicht: "Die Schule hat jetzt 30 Jahre so geheißen."

Wie berichtet, hatte der Gemeinderat auf Antrag von SPD-Gemeinderat Peter Falk beschlossen, die Schule nach Rößner zu benennen. Nachdem die SZ über dessen NS-Mitgliedschaft berichtet hatte, sprachen sich CSU und Grüne für einen anderen Namen aus. Im Gespräch ist der von der Schulleitung und den Eltern favorisierte Name "Tannenfleckschule".

Die Grünen schlugen den wegen seiner jüdischen Herkunft in Auschwitz ermordeten Gröbenzeller Musiker Kurt Schroeter vor. Schrodi warnte davor, "Politik auf dem Rücken von Verstorbenen zu betreiben". Gleichzeitig erinnerte er daran, dass die SPD es war, die vergeblich einen sogenannten Stolperstein zur Erinnerung an Schroeter beantragt hatte.

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