Gröbenzell:Plastik: Fluch und Segen

Ausstellung Plastik

Ob das die Alternative zum Kunststoff ist? Brillengestelle auch Holz mit passendem Etui, wie sie im Bürgerhaus ausgestellt sind.

(Foto: Günther Reger)

Ausstellung in Gröbenzell will sensibilisieren. Viele Probleme sind zu vermeiden, wenn Kunststoffe richtig entsorgt werden

Von Julia Kiemer, Gröbenzell

Plastik oder Kunststoffe sind überall. In Verpackungen, in der Kleidung, im Auto und in Möbeln. Aber auch in Seen, Flüssen und Meeren, am Strand. Sogar in Kosmetika und Essen finden sie sich wieder. Obwohl die meisten Kunststoffe erst seit wenigen Jahrzehnten existieren, sind sie nicht mehr aus dem Leben wegzudenken, sind sie doch praktisch und universell einsetzbar. Doch mit der Innovation ergeben sich auch Probleme. Unter dem Titel "Plastik - Fluch oder Segen" zeigte die Ortsgruppe des Bund Naturschutzes Gröbenzell am Wochenende in der Galerie des Bürgerhauses eine Ausstellung, die über die Belastungen der Umwelt durch Plastik aufklären und Alternativen aufzeigen wollte.

Zur Eröffnung referierte Hannes Imhof, Biologe an der Universität Bayreuth, zum Thema "Kunststoffmüll in Gewässerökosystemen". Imhof beschäftigt sich seit 2010 mit Mikroplastik, winzig kleinen Kunststoff-Teilchen in Binnengewässern, und gehört zu einem Forscherteam, das für einige Bundesländer Untersuchungen durchführt. Ein Drittel der Kunststoffproduktion stammt aus Europa, das damit noch vor Nordamerika steht. Plastik gibt es inzwischen weich oder hart, bunt oder farblos, gut isolierend oder säurebeständig. Hergestellt wird Kunststoff zumeist aus Erdöl. Die wichtigste Eigenschaft jedoch sei, dass es leicht und stabil ist, denn so soll mithilfe der technischen Polymere der Klimawandel aufgehalten werden, sagte Imhof. Das Plastik, das etwa für leichtere Autos oder Flugzeuge bestimmt ist, sei aber nur ein kleiner Teil. Mehr als zehn Millionen Tonnen Kunststoff werden in Deutschland jährlich konsumiert, knapp die Hälfte davon wird Müll, der entweder recycelt oder verbrannt wird, um so Energie zu gewinnen. Bei einer Abbauzeit von bis zu mehreren hundert Jahren weiß man laut Imhof nicht, wie lange Plastik hält.

Das größte Problem ist die unsachgerechte Entsorgung. 4,8 bis 12,7 Prozent des Mülls schwimmen in Ozeanen. Wissenschaftler würden daher schon lange von einem "great pacific garbage patch", also einem schwimmendem Kontinent aus Plastikmüll, sprechen. "Es gibt zwar viel Müll, aber eher selten tritt dieser sichtbar so konzentriert auf", meinte Imhof. Mikroplastik dagegen sei durchaus in höheren Konzentrationen als "sichtbarer" Müll zu finden. Nicht nur in den Ozeanen, auch in Kläranlagen und Flüssen misst man mittlerweile Mikroplastik. Es löst sich etwa beim Waschen aus der Synthetikkleidung oder gelangt beim Abwaschen von Kosmetikartikel ins Abwasser. Ist der Plastikanteil zu hoch, sind die Kläranlagen überfordert und es kommt in die Flüsse.

Dass Plastikmüll in Seen, Teichen, Flüssen und Meeren schwimmt, habe vielfältige Auswirkungen, erklärte Imhof. Der Tourismus etwa habe Mehrkosten, um Strände und Wasser zu säubern. Gefährlich kann der Plastikmüll für Vögel, Schnecken und Fische werden. Diese würden sich verfangen oder das Plastik mit Futter verwechseln und verenden. Über Tiere gelangt Mikroplastik zwangsläufig auch in menschlicher Nahrung. Bei Babys wurde BPA, das auch zur Herstellung von Polyester verwendet wird, im Urin gemessen. Wie sich das Plastik im Gewebe auswirkt oder was es im menschlichen Körper bewirkt, darüber seien sich Forscher nicht einig, erklärte der Biologe. "Sicher ist, dass es durchaus eine toxische Wirkung hat und zu hormonellen Veränderungen führen kann. Die Frage ist nur, welche das sind." Obwohl Plastik viele Probleme mit sich ziehe, dürfe man es nicht verteufeln, warnte der Biologe. Nur wenn es in die Umwelt komme, sei es schädlich. "70 Prozent des Problems können gelöst werden, wenn die Leute ihren Müll nicht mehr in die Umwelt schmeißen", appellierte er an die Zuhörer. Und ab und zu könne man ja auch Alternativen verwenden, wie den Kochlöffel aus Holz anstatt aus Plastik.

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