Gröbenzell:Pflaster und Schwellen im Weg

Der Gröbenzeller Bürgermeister Schäfer diskutiert mit Betroffenen, wie die Gemeinde barrierefrei werden kann

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Gröbenzells Bürgermeister Martin Schäfer hatte einiges zu notieren. Harald Hengesbach trug zur Eröffnung der Veranstaltung "Barrierefreies Gröbenzell" eine ganze Liste mit unwirtlichen Orten in Gröbenzell vor, an denen behinderte Menschen scheitern oder nur mit großem Aufwand zurechtkommen können. Hengesbach, Vorsitzender des Arbeitskreises Senioren in Gröbenzell, hielt der Gemeinde ihre Versäumnisse in den vergangenen Jahren vor. Dem 77-Jährigen und seinen Mitstreitern geht alles viel zu langsam vorwärts. "Die Zeiträume, in denen etwas passiert, dauern viel zu lange", klagte er. "Die Dinge müssen schneller erledigt werden."

Hengesbach setzt auf Rathauschef Schäfer, der erst ein Jahr im Amt ist und für die Versäumnisse der Vergangenheit nichts kann: "Er geht endlich mal ran an die Sachen, die schnell zu machen sind." Kleine Dinge schnell zu erledigen, ist Schäfers erklärtes Credo, woran er sich auch messen lassen will. Das Treffen in der Alten Schule war mit 25 Teilnehmern, darunter auch Rollstuhl- und Rollatorfahrer, gut besucht. Viele machten dann auch ihrem Unmut Luft. Vorne weg Barbara Brune: "Ich empfehle den Mitarbeitern im Bauamt, einmal eine Woche lang mit dem Rollstuhl durch Gröbenzell zu fahren." Nirgends wären die Bordsteine glatt. Brune ergänzte: "Besonders in der Eschenrieder Straße ist wieder alles falsch gemacht worden." Jürgen Görtz vom Arbeitskreis Senioren beklagte sich heftig darüber, dass die Gemeinde nicht sicherstelle, dass ein Kiosk am S-Bahnhof öffne, der Fahrkarten verkauft. "Das Dach am Bahnhof gehört uns, aber der Kiosk der Bahn", entgegnete Schäfer und beschrieb das Problem mit dem Eigentümer der Bahn AG. "Ein Fahrkartenverkauf muss sein", ließ Görtz nicht locker.

Dem Gemeinderat fehlte über Jahre ein institutionalisiertes Beratungsgremium aus den Reihen der Senioren und der Behinderten. 2002 hatte der Gemeinderat alle Beiräte abgeschafft. Ein Jahr später gründete Hengesbach den Arbeitskreis Senioren in Gröbenzell. Erst 2015 wurde der kraft Gemeinderatsbeschluss wieder zum Seniorenbeirat. Schon 2010 gründete sich der Arbeitskreis "Leben ohne Barrieren" - LoB - als Nachfolgeinitiative des Arbeitskreises "Menschen mit Behinderung". Auch hier ist Hengesbach der Vorsitzende. Seine Liste, die abgearbeitet werden müsste, war lang. So erwähnte er den Haupteingang zum Freizeitzentrum an der Wildmoosstraße. "Da kann kein Rollstuhlfahrer rein, weil ein Absatz von fünf Zentimetern ihn daran hindert", so Hengesbach. Der Kritiker schlug vor, wie der Missstand zu beheben wäre: "Man müsste nur die Gitterroste vor der Stufe anheben."

Auch das Problem der Sehbehinderten und Blinden an der Fußgängerampel gegenüber der Apotheke in der Kirchenstraße wäre zulösen. Dort müssten Rippen und Noppenplatten angebracht werden, damit ein Blinder das mit seinen Stock ertasten kann. Am Behindertenparkplatz Ecke Kirchen- und Rathausstraße könne kein Rollstuhlfahrer aussteigen, klagte Hengesbach, weil er mit dem hohen Bordstein kollidiere.

Annette Koller vom Sozialdienst berichtete aus der Seniorenberatung, dass Rollatorfahrer bei ihren Gängen im Ort über Pflastersteine klagen. "Das verdammte Kopfsteinpflaster muss überall weg", meinte dann auch ein Diskutant ganz energisch unter dem Beifall der Versammlung. Schäfer versprach Abhilfe, wies aber auch auf unterschiedliche Interessen hin: "Wir finden keine Lösung, bei der alle sagen, die ist wunderbar." Die Empfehlung aus der Versammlung, per Dienstreise nach Barcelona zu fahren, um eine "absolut behindertengerechte Stadt", anzuschauen, nahm der Bürgermeister schmunzelnd entgegen.

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