Gröbenzell:München sucht die Nähe zum Umland

Gröbenzell: Jetzt red i: Im Gröbenzeller Café am Gröbenbach stellt sich Münchens Zweiter Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid den Fragen der CSU-Mittelstandsunion.

Jetzt red i: Im Gröbenzeller Café am Gröbenbach stellt sich Münchens Zweiter Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid den Fragen der CSU-Mittelstandsunion.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Zweiter Bürgermeister Josef Schmid wirbt bei der Ansiedlung von Unternehmen für eine stärkere Zusammenarbeit von Landeshauptstadt und Nachbarlandkreisen. Als ersten Schritt schlägt er einen gemeinsamen Gewerbeflächenatlas vor

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Nicht wenige Kommunalpolitiker im Landkreis halten die Verantwortlichen im Münchner Rathaus für arrogant und unnahbar. Einen Schritt dazu, künftig "auf Augenhöhe" partnerschaftlich miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren, hat Josef Schmid (CSU), Zweiter Bürgermeister der Landeshauptstadt, kürzlich im Gröbenzeller Café Am Gröbenbach getan. Eingeladen hatte ihn der Kreisverband der CSU-Mittelstandsunion. Der Münchner Wirtschaftsreferent stellte eine Zusammenarbeit mit den Landkreiskommunen bei der Ansiedlung von Gewerbebetrieben in Aussicht. Als Grund für seine Nachbarschaftsoffensive nannte Schmid den Wirtschaftsboom in der Region und den Mangel an Gewerbeflächen. In München entstehen zurzeit pro Jahr 20 000 neue Arbeitsplätze.

Schmid schlug vor, auf einer gemeinsamen Onlineplattform der Landeshauptstadt und des Umlands einen Gewerbeflächenatlas einzurichten. "Wir fangen das jetzt an", verkündete Schmid optimistisch. Schließlich sollten alle Wirtschaftsförderer in der Region wissen, was sich wo tut. Laut Schmid besteht die einzige Chance, die Wachstumsprobleme der Metropolregion zu lösen, darin, miteinander zu reden und Verständnis füreinander zu entwickeln. Die neue "Stadtregierung" habe ihr Verhältnis zum Umland grundlegend geändert, beteuerte er - um zu ergänzen, dass auch jede einzelne Umlandgemeinde umdenken müsse.

Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist in München inzwischen so groß, dass Schmid unter Verzicht auf Gewerbesteuereinnahmen jede der 330 auf einer Warteliste der Wirtschaftsförderung der Stadt München stehenden Firmen mit Expansionswünschen am liebsten sofort im Umland ansiedeln würde, sollte er denn eine passende, aufnahmebereite Kommune finden. Ihm geht es dabei primär um das Wohl und den Bestand der Firmen und die Arbeitsplätze. Für dieses Jahr rechnet Schmid zum fünften Mal in Folge mit Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer. Das Umland soll von diesem Kuchen mehr abbekommen. Der Kämmerer kalkuliert für 2017 mit 2,5 Milliarden Euro aus der Gewerbesteuer.

Große Hoffnungen, dass der Wunsch des Gastes in Erfüllung gehen wird, konnten ihm seine etwas mehr als 20 Zuhörer und Gesprächspartner nicht machen. denn sie haben selbst ähnliche Probleme wie Schmid. Auch im Landkreis fehlen Flächen für Gewerbe und Wohnungen. Franz Höfelsauer, Brucker Stadtrat und ehemaliger Kreishandwerksmeister, verwies auf die Warteliste der Brucker Wirtschaftsförderung, auf der 65 ansiedlungswillige Betriebe stehen. Damit bestätigte Höfelsauer letztlich nur Schmid, der beteuerte: "Die Probleme sind gemeinsame Probleme und auf Dauer nur noch gemeinsam zu lösen." Das werde allerdings nur funktionieren, "wenn wir bemerken, dass wir ein Großraum sind".

Johann Stürzer (CSU), Kreisrat und Referent für Wirtschaftsförderung des Landkreises, bezeichnete Schmids Vorschlag zu kooperieren und einen Gewerbeflächenatlas zu installieren grundsätzlich als gute Idee. Er verwies aber auch darauf, dass die Logistik für München bereits durch Betriebe erfolge, die sich im Landkreis angesiedelt haben. Als Beispiel nannte er die Olchinger Niederlassung von Amazon. Die Stadt Germering bezeichnete Stürzer als "Wurmfortsatz von München", Germeringer würden sich gerne als Münchner bezeichnen. Noch mehr als für die Gegenwart interessiert sich Stürzer dafür, wie der Landkreis in 20 Jahren aussieht, sofern das Wachstum anhält. Und er wies auf die Bedenken der Bevölkerung hin.

Schmid ist für jede Form der Kooperation dankbar. Das ergab eine Nachfrage des Moderators Markus Droth. Der CSU-Stadtrat wollte wissen, ob München dazu bereit wäre, im Umland kommunale Partnerschaften einzugehen und sich beispielsweise am Bau von Handwerkerhöfen zu beteiligen. Schmid räumte ein, noch nicht darüber nachgedacht zu haben, hält dies aber für möglich. In München entsteht zurzeit der zehnte Gewerbehof. Und es würden weitere gebaut, so Schmid.

Der Bedarf an Gewerbeflächen wird auch das Aussehen der Gewerbebauten verändern. Wie bei Wohnhäusern, so geht auch hier der Trend in die Höhe. Laut Schmid fehlt schlicht der Platz, um Discounter weiterhin eingeschossig mit einem großen Parkplatz rundherum zu errichten. Künftig werde es im Erdgeschoss Parkplätze und darüber auf mehreren Etagen Einkaufsmöglichkeiten geben.

Hans Lais, Vorsitzender der Mittelstandsunion, wertet die Botschaft aus München, von der Kirchturmpolitik wegzukommen, als "wichtiges Signal". Konkurrenzdenken dürfe kein Thema mehr sein. Dass die Kooperation zwischen München und dem Umland gut funktionieren kann, sollte das Geschenk für Schmid ausdrücken: Markus Droth überreichte original Münchner Waren der nach Fürstenfeldbruck umgezogenen Firma "Münchner Kindl".

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