Gröbenzell:Kritik an den Abrissplänen

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Die Tochter des Architekten und ehemalige Gemeinderätin Katja Raths bezeichnet das Gröbenzeller Rathaus als erhaltenswerten Bau der Zeitgeschichte. Gröbenhüter überlegen, zumindest einige Fassadenelemente zu bewahren

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Handelt es sich bei dem seit einigen Tagen zum Abriss bestimmten Gröbenzeller Rathaus um ein "erhaltenswertes Gebäude der Zeitgeschichte"? Diese Meinung vertritt zumindest die ehemalige Gemeinderätin Katja Raths von den Grünen, deren Vater Götz-Dieter Raths als Architekt Anfang der Siebzigerjahre den den Komplex dominierenden Mitteltrakt aus Beton errichtet hatte, in einem Schreiben an Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) und den Gemeinderat. Auch der Verein der Gröbenhüter, der sich der Ortsgeschichte und heimatkundlicher Fragen annimmt, hat die Rathausfassade noch nicht aufgegeben. Vorstand und Beirat der Gröbenhüter wollen sich in einer Sondersitzung am 8. August mit der Frage befassen, ob nicht zumindest einige Fassadenelemente erhalten und in einen Neubau integriert werden sollten.

Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) will an dem vor einer Woche gefassten Abrissbeschluss ohne Wenn und Aber festhalten. Da ein Abbruch die wirtschaftlichste und planerisch sinnvollste Variante sei, spricht laut dem Rathauschef alles für den Neubau. Alles sei abgewogen und den Gemeinderäten klar gewesen. Den Beschluss tragen auch ehemalige und amtierende Kulturreferenten mit, ohne irgendwelche Bedenken zu äußern. Wie Schäfer am Montag betonte, könne er sich nicht nachträglich über eine solches Votum hinwegsetzen. Und der Bürgermeister wies auch darauf hin, dass die Ausrichtung des Rathauses schlecht sei, dass die Gebäude verwinkelt seien, dass die Gemeinde eine Tiefgarage brauche und der Keller nass und sanierungsbedürftig sei.

Ihm sei klar gewesen, so Schäfer weiter, dass sich die Familie Raths den Erhalt mit Sanierung gewünscht habe. Zudem hätten die Erben von Götz-Dieter Raths die Urheberrechte des Architekten wahren wollen. So interpretiert der Rathauschef den Brief eines von den Erben beauftragten Rechtsanwalts, der im April der Gemeinde nahegelegt hatte, sich vor Überlegungen zu einem Rathausumbau mit seiner Mandantschaft in Verbindung zu setzen. In dem Schreiben wird auch erwähnt, die Erben lehnten selbstverständlich nicht grundsätzlich jede Änderung des Gebäudes ab.

Raths zeigt sich nicht nur über den einstimmig gefassten Beschluss enttäuscht, ein Rathaus, das mehr als 40 Jahre lang beispielhaft für die öffentliche Baukultur der Siebzigerjahre das Ortszentrum und damit die Identität der Gemeinde prägte, nun dem Erdboden gleich zu machen. Betroffen mache sie, wie sie schreibt, auch der Umgang. Weder die Gemeindeverwaltung noch der Gemeinderat hätten auf das Schreiben ihrer Familie vom April reagiert. Und die Grüne erinnert daran, dass sie selbst jahrelang im Gemeinderat saß.

Die Gemeinderäte würden sie alle kennen und wissen, dass sie ebenso wie ihre gesamte Familie engagiert, kooperativ und gemeinwohlorientiert sei. In diesem Geist würde die Familie nun gerne die Sanierung und den Umbau eines für die Gemeinde so wichtigen Bauwerks beitragen. Aussagen wie: "Wer ein Kunstwerk zerstört, muss den Urheber nicht fragen", zeugen laut Katja Raths von wenig Sinn für Kunst oder die baukulturelle Identität der Gemeinde. Den Vorwurf, nicht auf den Anwaltsbrief reagiert zu haben, kontert Schäfer mit dem Hinweis, die Gemeinde habe mit dem Rechtsvertreter der Familie Raths Kontakt aufnehmen sollen, sofern der Wunsch bestanden hätte, das Rathaus umzubauen. Da sich schon im Vorfeld der Entscheidung abgezeichnet habe, dass ein Umbau mit Sanierung nur als zweitbeste Lösung galt, unterblieb das. Schäfer ist überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Da es in der Gemeinde eine Vielzahl an Gebäuden aus den Siebzigerjahren gebe, könne im Zentrum durchaus mal etwas Neues entstehen, sagte er. Zudem würden die Kunstwerke am alten Rathaus, wie die Glasfenster im Sitzungssaal, ja erhalten.

Zumindest die Gröbenhüter wollen sich mit der Frage befassen, ob und wie es möglich ist, bestimmte Teile zu erhalten. Vorsitzender Rudi Ulrich bezeichnet es als nicht einfach, einen Neubau zu planen, der zum Ensemble im Zentrum passt und den Erfordernissen einer modernen Verwaltung entspricht. Edeltraud Mierau-Bähr vom Agenda-Arbeitskreis Siedlungsökologie warnt davor, unter großem Zeitdruck nun einen Ersatzbau hinzuklotzen und die identitätsstiftende Funktion eines Rathauses aus den Augen zu verlieren.

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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