Gröbenzell:Flotte Beine im Alter

Gröbenzells Tanztee ist wieder ein Publikumserfolg

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Georg Kohlmann weiß, wie er die Stimmung noch mehr anheizen kann. "Alle machen mit", ruft er den Tanzpaaren in der Gröbenzeller Wildmooshalle zu, als er "Skinny Minnie" von Tony Sheridan aus dem Jahr 1964 anspielt und mitsingt. Dreimal rhythmisch klatschen und dann "Hej" rufen, ist gefordert. Die zumeist älteren Paare schaffen das spielend und das Vergnügen steht ihnen ins Gesicht geschrieben. 70 Tänzerinnen und Tänzer waren zum Tanztee der Gemeinde in den etwas schmucklosen Saal gekommen.

Kohlmann kann jeden Text mitsingen. Auch Renate und Albert Aigner gefällt die Musikauswahl. "Die Band spielt alles", lobt Albert Aigner den Alleinunterhalter. Er tanzt mit seiner Ehefrau beim Tanzsportclub Eichenau und freut sich über den großzügigen Platz zum Tanzen, den der Raum bietet. "Bei Bällen ist das nie der Fall", so Aigner. Tango und Slowfox sind die Lieblingstänze des Paares. Auf einen Paso Doble warten sie jedoch noch. Die Aigners sind 69 und 70 Jahre alt und sind nahe am Durchschnittsalter der Besucher an diesem nasskalten Sonntag. Brigitte Strixner bedauert etwas, dass sich keine jüngeren Paare einfinden. Doch das lasse sich wohl nicht ändern. Strixner und ihr Lebenspartner Bernd Gallenberger aus Aubing sind schon seit 2009 regelmäßig bei den Tanzveranstaltungen in Gröbenzell, aber auch in Germering und Puchheim dabei. Beide helfen bei der Organisation seitdem mit.

Die Tanztees sind ihnen zu einer Herzensangelegenheit geworden. Als das langjährige Musikerduo kürzlich aus Gesundheitsgründen aufhören musste, haben sie sich um einen Nachfolger gekümmert. Das Paar ist wochenlang auf die Suche gegangen, um einen passenden Musiker zu finden, der "tanzbare Musik", so Gallenberger, spielen kann. Mit Georg Kohlmann aus Neumarkt in der Oberpfalz haben sie ihn gefunden und auch für 2018 schon verpflichtet. "Wir sind schon alle wie eine große Familie", sagt Gallenberger und lächelt zufrieden. 80 Prozent der Besucher in Gröbenzell wären auch in Germering oder Puchheim dabei. "Die reisen immer mit", so der Münchner: "Das ist schön." Das Paar gehört mit jeweils 51 Jahren zu den jüngsten Tänzern im Saal. Zusammen kümmern sie sich auch um Frauen oder Männer im Saal, deren Partner nicht mehr tanzen können oder die alleine gekommen sind und fordern sie zum Tanzen auf. "Wir tanzen mit den Einsamen", bekräftigt Strixner. Bei Beiden spürt man sofort, dass für sie dies Vergnügen und keine Last ist. Tanzen sie mal zusammen, merkt man sofort, dass sie alle Standard- und Lateintänze exzellent beherrschen. "Wir haben mal viel trainiert", erzählt Gallenberger. Nach einer Rückenverletzung seiner Lebensgefährtin ist intensives Training nicht mehr möglich. "Wir sind jetzt nur noch ambitionierte Hobbytänzer", klärt Gallenberger auf.

So sehen sich auch Susanne, 55 und Wolfgang Hauswirth, 56, die in schwarz-weißen Boogie-Woogie-Schuhen gekommen sind. Auch das sonstige Outfit spricht für schnelles Tanzen. "Wir können hier einiges ausprobieren", sagen sie übereinstimmend. Seit 30 Jahren tanzen sie Boogie-Woogie und Rock'n Roll - damals noch beim TuS Fürstenfeldbruck. Jetzt unterrichten sie Hobbypaare beim TV Emmering jeden Mittwochabend in Boogie-Woogie. Sie haben sich einst beim Tanzen im Deutschen Theater kenngelernt und alles sieht nach lebenslangem Tanzen des Paares aus. Nicht nur die Hauswirths lieben schnelle Tänze.

Spielt Kohlmann Twist, Charleston oder einen flotten Jive füllt sich die Tanzfläche im Nu. "Je schneller desto besser", beobachtet Gallenberger immer. Das sei schließlich damals die Musik der heute 70- und 80-jährigen gewesen. An die Fünfzigerjahre kann sich Paula Reiner aus München-Neuaubing auch gut erinnern. Auch schon an die Zeit davor, ist sie doch schon 92 Jahre alt. Obwohl stark gehbehindert, ist Reiner bei jeder Veranstaltung dabei. Gerade singt Kohlmann den Charleston-Schlager "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen". Paula Reiner gefällt das, sie hält sich am Stuhl fest und bewegt sich im Takt der Musik. Im Mai dieses Jahres ist ihr Ehemann gestorben. Mit dem hatte sie jahrzehntelang getanzt. "Schon mit 16 Jahren haben wir zusammen getanzt", erzählt die alte Dame. Dabei leuchten ihre Augen ganz besonders.

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