Gröbenzell:Feurige Sammlung

Zündholzschachteln

Aus den Sammlungen von Magdalena Siegesmund und Albert Scheidemann stammen viele Exponate der Zündholzschachtel-Ausstellung.

(Foto: Günther Reger)

Gröbenzeller Heimatmuseum stellt 4000 Streichholzschachteln aus

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Wohl wahr: Deutschland ist ein Sammlerland. Das jüngste Beispiel dafür kommt aus Gröbenzell. 4000 Streichholzschachteln sind im Heimat- und Torfmuseum in der Alten Schule in einer Sonderausstellung "Mit Zündholzschachteln rund um die Welt" aufbereitet worden. Unter Leitung von Werner Urban, dem stellvertretenden Museumsleiter, sind die Zündhölzer sortiert worden. Sie werden geografisch, wirtschaftlich oder sogar nach Parteien und Gewerkschaften übersichtlich präsentiert. Auch Bürgermeister Martin Schäfer hat bei der Eröffnung der Ausstellung eine erstaunliche Geschichte zu einer Streichholzschachtel zu erzählen.

Die Geschichte des Streichholzes reicht nach China ins zehnte Jahrhundert zurück. Dort wurden offenbar erstmals mit Schwefel getränkte Kiefernhölzchen benutzt. 1826 erfand der englische Apotheker John Walker das erste moderne Streichholz. Er entdeckte, dass sich eine Mischung aus Antimon(III)-Sulfid, Kaliumchlorat, Gummi und Stärke durch Reibung an einer rauen Oberfläche entzündet. Diese Streichhölzer hatten mehrere Probleme: Die Flamme brannte unregelmäßig und das brennende Zündholz verursachte einen unangenehmen Geruch. Zum Patent wurde die Mischung 1828 von Samuel Jones unter dem Namen "Luzifer" angemeldet. In der Bundesrepublik Deutschland durften Zündwaren nur von der dafür gegründeten Deutschen Zündwaren-Monopolgesellschaft vertrieben werden. Die Markennamen waren nach dem Zweiten Weltkrieg "Welthölzer" und "Haushaltsware". Daran können sich die Älteren noch gut erinnern.

Eine "Luzifer" von 1826 findet sich nicht in der Ausstellung. Angeliefert wurden die meisten zu besichtigen Streichholzschachteln von Alfred Scheidemann. Der Gröbenzeller hatte sie von Kindheit an gesammelt, wie er erzählte. Er hat sie nicht am Straßenrand gesucht, sondern Bekannte und Freunde gebeten, sie ihm auf ihren Reisen zu besorgen. "Im Elternhaus war genug Platz", erinnert sich der heute 74-jährige Pensionär. Scheidemann sammelte nicht nur Zündholzschachteln, sondern auch Zuckerwürfel, Bierdeckel oder Automodelle. "In der Familie oder von den Bekannten wollte niemand die Sammlungen haben", erzählte Scheidemann, "da habe ich sie alle weggeben". Er freute sich sehr darüber, wie das Museum seine Streichholzschachteln aufbereitet hat.

Da gibt es die Stichworte Europa, Afrika oder Wirtschaft, Spirituosen und Naturmotive oder Hotels- und Gaststätten. Unter "Zigaretten" finden sich gleich 15 verschiedene Schachteln der Marke Camel. Ebenso vielfältig ist das Angebot von Marlboro, West oder Lord. Unter Spirituosen finden sich alle Brauereien und Sekthersteller. Unsortiert stapeln sich Tausende Schachteln in acht große Glassäulen. "Großartig" fand das auch Besucher Erich Wölfinger, der ein wunderbarer Sammelaustauschpartner für Scheidemann wäre. Der 78-jährige Puchheimer hat nach jahrzehntelangem Sammeln 15 000 Zündschachteln und 80 000 verschiedene Bierdeckel zuhause. Auch das Fernsehen hat sich schon für seine Leidenschaft interessiert.

Maria-Magdalena Siegesmund aus Gröbenzell hat in einer Vitrine auch etwa 300 Zündholzschachteln beigesteuert. Darunter einschlägige von allen Lebensmittelketten, der Post oder Bahn. Auch die "Welthölzer" und die mit dem Aufdruck "Haushaltsware" für 5 Pfennig sind dabei. "Ich habe die als junges Mädchen mit zwölf Jahren gesammelt", erzählte Siegesmund. Sie sammelte auch Orangenpapier und Servietten. Heute schaut sie nur noch nach kleinen Schmuckschatullen. Siegesmund: "Davon habe ich 150 zuhause."

Auch Bürgermeister Schäfer zeigte eine kleine Werbeschachtel seines ehemaligen Betriebes, der Mattenwäscherei, herum. "Vor 13 Jahren kam ein Streichholzschachtelvertreter einfach so vorbei", erzählte Schäfer. Er ließ sich auf die Lieferung von einigen Kartons ein, hatte aber nicht ganz genau hingeschaut, welche Menge er bestellt hatte. Schäfer: "Die ersten Tausend Schachteln gingen gut weg, danach wurde es etwas zäh." Schließlich wurden noch einige Paletten geliefert. Eine einzige Palette mit Kartons hätten 7,5 Millionen Zündungen ergeben, so die Berechnung mit dem Taschenrechner. "Da sind wir dann in Kartons versunken", so der Bürgermeister rückblickend eher vergnügt. Dann zog er noch einen kleinen roten Karton mit den dunkelblauen Schachteln und den schönen blauen Zündköpfen aus der Tasche. Schäfer hat noch jede Menge Schachteln auf Lager. Die sehenswerte Ausstellung im Heimatmuseum ist noch bis Februar 2018 zu sehen.

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