Gröbenzell:Brauner Spuk

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NPD-Anhänger bauen am S-Bahn-Zugang in Gröbenzell einen Informationsstand auf. Kurz darauf packen sie wieder ein. Demonstranten, Kommunalpolitiker und Bürger geben ihnen zu verstehen, dass sie unerwünscht sind

Von Gerhard Eisenkolb

Im Gemeinderat von Gröbenzell blockieren sich die sechs Fraktionen häufig und die Politiker hacken oft unerbittlich aufeinander ein. Trotz dieser Schwierigkeiten miteinander funktioniert der demokratische Zusammenhalt der Gruppierungen, wenn es einmal darauf ankommt. Dies hat der Donnerstag auf eindrucksvolle Weise gezeigt. Bereits zwei Stunden nachdem um elf Uhr NPD-Anhänger einen Informationsstand neben der Bahnunterführung an der Kirchenstraße aufgebaut hatten, konnten frisch gedruckte Plakate mit dem Logo aller im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen aufgehängt werden. Als die Kommunalpolitiker von Grünen, CSU und UWG um 15 Uhr einen gemeinsamen Stand aufbauen wollten, war der braune Spuk vorerst beendet.

Bunt statt braun wollen  Markus Rainer (links) und Martin Schäfer und plakatieren in Gröbenzell den Aufruf aller Parteien und Wählervereinigungen gegen den NPD-auftritt. (Foto: Günther Reger)

Markus Rainer (Grüne) fragte erstaunt: "Wo ist jetzt die NPD?" Martin Schäfer (UWG) konnte nur antworten: "Die sind abgereist und die werden wieder abreisen." Als diese Bemerkungen fielen, hatte die mit einem Personenwagen mit Berliner Kennzeichen angekommenen Rechten ihre Unterschriftenlisten und ihr Werbematerial eingepackt. Martin Runge, Fraktionssprecher der Grünen im Landtag, Thomas Breitenfellner (CSU), Martin Schäfer (UWG) und Markus Rainer (Grüne) rätselten derweil zusammen mit Jugendlichen, die sich als Anarchisten und Autonome aus dem Landkreis bezeichneten, nur noch darüber, warum die NPD-Vertreter fluchtartig aufbrachen. Waren es die Plakate von UWG, CSU, FDP, Grünen, SPD und FW mit der Aufschrift "Bunt statt braun - für Demokratie und Zivilcourage"? Waren es die Gröbenzeller Passanten, die aus ihrem Ärger über die unerwünschten NPD-Anhänger an deren Stand kein Hehl machten? - was Runge sehr beeindruckte. Waren es die 15 Antifaschisten, die sich vor dem NPD-Stand mit einem schwarzen Transparent mit der Aufschrift "Nazis raus" postierten? Oder war es der einsetzende Regen? Mit Blick auf den wolkenverhangenen Himmel merkte Breitenfellner an: "Sogar der Herrgott hat mitgeholfen." Höchstwahrscheinlich war es eine Mischung aus allem, also der geballte Widerstand. Martin Schäfer sprach "von einer erfolgreichen Aktion".

Der Gemeindeverwaltung sind die Hände gebunden. Sie musste laut Bürgermeister Dieter Rubenbauer (CSU) den vom Landesverband beantragten Informationsstand genehmigen. Die NPD erhielt für Donnerstag, Freitag und Samstag die Erlaubnis, jeweils in der Zeit von 8 bis 19 Uhr einen Informationsstand am Zugang zur S-Bahn im Ortszentrum aufzubauen. Allerdings informierte Rubenbauer bereits eine Minute, nachdem die Genehmigung erteilt worden war, alle im Gemeinderat vertretenen sechs Gruppierungen, um "mit demokratischen Mitteln dagegen zu halten". Alle hätten zugesagt zu kommen. Um 11 Uhr, als die Rechten ihren Stand aufbauten, ergriff Schäfer die Initiative. Er entwarf das Plakat mit den Logos der Parteien und bunten kleinen Quadraten. Diese lagen zwei Stunden später gedruckt vor.

Und Peter Falk (SPD) zeigte sich dazu bereit, Wahlplakate von Christian Ude zu überkleben, um Flagge zu zeigen. Man könne die Straße nicht der NPD überlasen, meinte der Sozialdemokrat. Für Breitenfellner steht eines fest: Die NPD habe keine Chance, in Gröbenzell Fuß zu fassen.

Sollten die Rechten an diesem Freitag oder Samstag wieder an dem ihnen zugewiesenen Platz erscheinen, dann wollen Vertreter der Gemeinderatsfraktion und die jungen Antifaschisten ebenfalls wieder Präsenz zeigen. Am Donnerstagnachmittag wurden vorsorglich E-Mail-Adressen und Telefonnummern ausgetauscht. Martin Runge, der am Donnerstag eine Stunde lang verfolgte, wie sich die NPD-Anhänger mit Bürgern stritten, war sich sicher, dass sich kein einziger Gröbenzeller in die Listen eintrug. Der Abgeordnete lobt die jugendlichen Demonstranten. Auch die Polizei zeigte mit mehreren Beamten Präsenz, die aber nicht eingreifen mussten.

© SZ vom 28.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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