Gröbenzell:Baustopp für Döner-Laden

Die Gemeinde will am Bahnhof lieber den Kiosk erhalten

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Typisch Gröbenzeller Gemeinderat: 28 kontroverse Wortmeldungen samt persönlicher Attacken und dann einhellige Zustimmung zur Sache. Die Sache ist ein Döner-Laden mit Gastraum am Gröbenzeller S-Bahnhof, den die Deutsche Bahn AG als Eigentümer im Gebäude des ehemaligen Bahnhofskiosks auf den Weg gebracht hat. Der Gemeinderat stimmte dem Antrag der Grünen-Fraktion zu und versucht jetzt mit einer Veränderungssperre samt Bebauungsplan "Sondergebiet Bahnhof" die bereits begonnenen Umbaumaßnahmen zu stoppen. Ziel ist die Wiederbelebung des Bahnhofskiosks mit Fahrkartenverkauf nebst öffentlich zugänglicher Toilette.

Beinahe wäre der Antrag der Grünen von der Tagesordnung verschwunden, weil offenbar nur Martin Runge den Antrag begründen konnte. Der war jedoch zu Sitzungsbeginn noch nicht anwesend, weil er noch im Landtag zu tun hatte. CSU-Fraktionschefin Brigitte Böttger hatte sich schon in Stellung gebracht, um die Absetzung des Themas zu beantragen. "Gemeinderat, Kreisrat und Landtagsabgeordneter: Runge ist Diener dreier Herren - irgendwann ist Schluss", schimpfte sie. Wenige Minuten später stürmte Runge, die Jacke noch schneebedeckt, in den Sitzungssaal und begann quasi übergangslos seinen Antrag zu erläutern. "Ein Döner-Laden ist keine Aufwertung des Bahnhofs. Das sollten wir verhindern," forderte er. Mit einer Veränderungssperre und einem Bebauungsplan sollte die Bahn AG gezwungen werden, einen "regulären Bauantrag" zu stellen, den man mit einer neuen Rechtsgrundlage ablehnen könnte. Runge plädierte auch dafür, der Bahn AG das Gebäude abzukaufen, um wieder einen Kioskbetrieb mit Fahrkartenverkauf zu gewährleisten.

Böttger lehnte den Antrag zunächst vehement ab, weil eine Veränderungssperre Leerstand bedeuten würde. "Sie haben dreieinhalb Jahre Zeit gehabt, mit der Bahn eine Lösung zu finden", so der Vorwurf Böttgers. Und sie fragte: "Sind Wiener Würstl besser als ein Döner? Gröbenzell kann doch bunt sein, das ist kein Problem." Der Antrag sei ein Eigentor und "wohl der Landtagswahl geschuldet". Runge bezeichnete Böttgers Hinweis auf die Landtagswahl als "unqualifiziertes Argument" und "Käsekuchen", so dass der dann folgende gut einstündige "Meinungsaustausch" richtig Fahrt aufnahm.

Auch Marianne Kaunzinger (UWG) kritisierte den Antrag. "Wir wollen nicht die freie Marktwirtschaft einschränken." Auch Gerhard Beck (Freie Wähler), Klaus Coy (FDP), der ein Künstlerhaus am Bahnhof ins Gespräch brachte, und Anita Rieger (CSU) lehnten den Runge-Antrag zunächst ab. Rieger merkte noch an: "Keinen Wahlkampf, bitte, meine Herren! Das regt mich auf." Damit meinte sie auch den SPD-Landtagskandidaten Peter Falk, der Runges "sachlichen Antrag" unterstützte und von einer "Verschandelung der Ortsmitte" durch die Döner-Gaststätte sprach.

Plötzlich hielt Runge ein Stück Papier hoch, das alles änderte. Das war der Umbauplan für den "Döner-Laden", so die Bezeichnung eines Germeringer Architekturbüros. Gefertigt wurde dieser laut Aufdruck bereits am 30. Januar 2017. Runge ließ die Seite, die einen Gastraum mit Stehtischen und 24 Plätzen zeigte, nach Protest im Rat eilig kopieren. "Ich bin perplex, wenn ich das sehe", schimpfte auch Bürgermeister Martin Schäfer plötzlich über den Plan mit Hähnchengrill und Döner-Spieß. "Das ist eine Nutzungsänderung in eine Gaststätte", sagte er und fragte: "Wollen das die Bürger?" Alle Kritiker des Grünen-Antrages zuckten zusammen, auch die CSU-Gemeinderäte. Die begaben sich zur internen Besprechung ins benachbarte Trauungszimmer und stimmten danach, wie alle anderen auch, für die Veränderungssperre.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: