Gröbenzell:Aufregerthema Bettelverbot

Die Forderung nach restriktiveren Regelungen fürs Zentrum spaltet die Gemeinde. Die Befürworter wollen der Polizei eine bessere Handhabe geben. Die Gegner halten die bestehenden Möglichkeiten für ausreichend

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Sollen Bürger im Gröbenzeller Zentrum vor aufdringlichen Bettlern geschützt werden? Die Debatte über ein Bettelverbot spaltet die Gemeinde. Und sie spaltet den Gemeinderat, der jüngst kontrovers diskutierte. Befürworter wie Thomas Breitenfellner (CSU) baten darum, der Polizei eine Handhabe zu geben, damit sie endlich gegen organisierte Banden vorgehen und einen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit leisten kann. Einer der Gegner, Zweiter Bürgermeister Martin Runge (Grüne), sagte, er fände ein solches Verbot "beschämend" - wäre dies doch das Gegenteil von "Gröbenzell ist bunt".

Peter Falk (SPD) verwies darauf, dass das Ordnungswidrigkeitengesetz und das Polizeiaufgabengesetz schon jetzt eine ausreichende Handhabe bieten, um bei einem Fehlverhalten gegen Bettler vorzugehen. Allerdings müsste nach jedem Verstoß konsequent eine Anzeige erstattet werden, was in der Gemeinde zurzeit wohl nicht geschieht.

Claudia O'Hara-Jung (UWG) zeigte für beide Positionen Verständnis. Sie bezeichnete es als schwer herauszufinden, welche der beiden Alternativen die bessere ist. Das sieht auch die Mehrheit des Gemeinderats ähnlich. Gegen drei Stimmen wurde beschlossen, erst über das Bettelverbot zu entscheiden, wenn der Leiter der Gröbenzeller Polizeiinspektion eine Stellungnahme abgegeben hat. Die Politiker begnügten sich nicht mit Vermutungen, sie forderten Fakten.

Nach Darstellung der Verwaltung gibt es jährlich zwischen neun und 20 Beschwerden über aggressive oder störende Bettler, die sich vor allem in der Nähe des S-Bahnhofs und vor der Sparkasse niederlassen. Woran sich die Gröbenzeller stören, konnte in der Sitzung jedoch nicht geklärt werden. Allerdings hat Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) selbst unangenehme Erfahrungen mit Bettlern gemacht, die er nicht näher erläutern wollte. Der Rathauschef wies darauf hin, von Bürgern immer wieder auf das Problem angesprochen zu werden. Schäfer wollte nicht garantieren, dass das Bettlerunwesen mit einer Verordnung in den Griff zu bekommen ist. Das stille, unaufdringliche Betteln wäre nämlich bei einem Verbot weiterhin erlaubt.

Der Gemeinderat hätte eigentlich über eine "sicherheitsrechtliche Allgemeinverfügung zur Untersagung bestimmter Formen des Bettelns im öffentlichen Raum" abstimmen sollen, wie es sie bereits für Germering, München oder Nürnberg gibt. Die einzelnen Punkte der nur zur Orientierung vorgelegten Musterverfügung stellte Schäfer zur Disposition. Hätte der Gemeinderat der Vorlage zugestimmt, wäre künftig das Betteln mit Hunden in Gröbenzell dann zu unterbinden, wenn "die erforderlichen sowie vollständig und wahrheitsgetreu ausgefüllten tierseuchenrechtlichen Nachweise" nicht mitgeführt werden. Auch das "Vortäuschen von künstlerischen Darbietungen mit nicht gebrauchsfähigen Musikinstrumenten" wäre unzulässig. Und auch das Vortäuschen einer Notlage oder einer Behinderung hätte für ein Verbot gereicht, ebenso eine bandenmäßige Organisationsform.

Dritter Bürgermeister Axel von Walter (SPD) bezweifelt denn auch, dass eine solche Satzung wirklich vollzogen und damit letztlich auch angewandt werden kann. Er sagte "Wir brauchen das nicht" und verwies darauf, dass die Gröbenzeller Polizei etwas Besseres zu tun habe. Anstelle eines Sicherheitsproblems - grenzwertiges Verhalten ist ja sowieso nach geltendem Recht zu ahnden - sah von Walter ein "Wohlfühlproblem" und meinte, dass es Bettler gebe, müsse man in Gröbenzell aushalten.

Markus Rainer fragte, was selbst an organisierter Bettelei so schlimm sei. Auch in jedem Schlachthof und in jedem Schnellimbiss würden laut Rainer die Leute, die die Drecksarbeit machen, am schlechtesten bezahlt. Die Zustände und das Elend nicht sehen zu wollen, sei noch kein Grund, Bettlern ihre Einnahmen zu nehmen. Dagegen bezeichnete es Thomas Eichler (CSU) als blauäugig zu glauben, dass die Menschen, die in Gröbenzell auf der Straße sitzen, die Hand aus persönlicher Not aufhalten. Hier gehe es um unzulässiges, aggressives Betteln und darum, es der Polizei zu vereinfachen, dagegen vorzugehen. Auch Falk beteuerte, er unterstütze die Polizei gern, wolle das aber "qualifiziert" tun.

O'Hara-Jung verwies auf einen Vorfall, der sie nachdenklich gestimmt habe. Bei einem Besuch einer Schulklasse im Rathaus wurde vor einigen Tagen ebenfalls über die Bettler diskutiert. Ein Viertklässler habe gesagt, seit er von einem Bettler bedrängt wurde, habe er Angst, alleine mit dem Fahrrad zum Fußballtraining zu fahren.

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