Gröbenzell:Aperitivo und Adriano

Gröbenzell: MUSIK-NACHT

Tolle Frauenstimme: Crosstalk im Gröbenzeller Wirtshaus

(Foto: Simon)

Die Gröbenzeller flanieren gut gelaunt durch ihre Musiknacht

Von Valentina Finger, Gröbenzell

In Italien isst man ja bekanntlich länger. Deswegen passt es gut, dass sich Raffaele und seine "Popa Raff Band" nicht an den offiziellen Start der Gröbenzeller Musiknacht halten. Schon um 19 Uhr klimpert Raffaele im Restaurant "Il Classico" auf seiner Gitarre. So hat man zumindest genügend Zeit für Aperitivo und Antipasti, bis sich um Punkt 20 Uhr die Anzahl der Flaneure, die man von der Terrasse des Restaurants aus auf der Bahnhofstraße vorbeiziehen sieht, verdreifacht hat.

Am Samstag fand zum elften Mal die Musiknacht in Gröbenzell statt - und im Gegensatz zum verregneten zehnjährigen Jubiläum im vergangenen Jahr diesmal bei Saharahitze. Schon im Vorfeld hatte Thomas Breitenfellner, der die Musiknacht organisiert, angekündigt, dieses Jahr mit etwa 3000 Besuchern einen Rekord zu erwarten. Dass dies durchaus gelingen könnte, ist bei dem Anblick der vielen Fußgänger, Radler und Skateboarder, die Richtung Bahnhofsplatz unterwegs sind, schon zu Beginn nicht unwahrscheinlich.

Was diese Musiknacht-Besucher dorthin zieht, hört man schon bevor der letzte Schluck Aperol Spritz im "Il Classico" getrunken ist: Auf dem Bahnhofsplatz spielen die Lindauer Jungs von "Serious Six" moderne Popsongs auf Blasinstrumenten. "Wenn ich euch sage, dass Michael Jackson auch auf bairisch geht, was sagt ihr dann?", fragt einer von ihnen und zur Antwort tönt ein Medley von "Beat It" bis "Smooth Criminal" aus den Blechbläsern. Es ist heiß, der Platz ist rappelvoll und die Getränke fliegen nur so über den Bartresen. Dazu spielen "Serious Six" zwischendurch auch "Ein Prosit" und sehen dabei in ihren neonfarben bestickten Lederhosen ungemein lässig aus.

Auf der anderen Seite der S-Bahn-Strecke in der "Hexe" wird gegrillt, getrunken und gerockt. Die Fürstenfeldbrucker Band "Reload" ist laut und ziemlich cool und Sänger Ali schreit das ins Mikrofon, was auch von anderen Musikern noch oft an diesem Abend zu hören sein wird: "Das Wetter ist geil heute!" Für die fünf Italiener der Band "Senza Filtro", die gegenüber dem Eiscafé Ciccino in der Kirchenstraße auftreten, muss man sich einfach freuen: Wie stets sind sie extra zur Musiknacht aus Italien angereist. Während sie im vergangenen Jahr wegen des schlechten Wetters nach nur einem Song abbrechen mussten, passen ihre melancholischen Rockballaden diesmal wunderbar zur schwülen Sommernacht.

Ganz anders klingt es etwa 50 Meter weiter. Die Gröbenzeller Coverband "Sexy" hat eine neue Sängerin und das wird natürlich direkt ausgenutzt: Helene Fischers Hymne "Atemlos durch die Nacht" zieht immer mehr Tanzfreudige an. Andere sitzen auf dem warmen Asphalt und wippen im Takt weiterer Evergreens. Tolle Frauenstimmen gibt es auch noch ein paar Meter weiter im Garten des "Wirtshaus Gröbenzell" zu hören. Während "Crosstalk" spielen, wird es dort immer voller. Einen Sitzplatz sucht man vergebens, auch Stehen ist fast nicht drin. Dafür erweisen sich die Stoffservietten als geeignete Fächer für das Lüftchen zwischendurch.

Das totale Kontrastprogramm gibt es im Bürgerhaus: Der Auftritt von "Weiberlight XY" findet im ersten Stock statt - drinnen, bei gefühlt noch immer fast 30 Grad um 23 Uhr. In Erwartung eines leeren Saals geht es also die Treppe hinauf. So leer wie erwartet ist es zwar nicht, doch im Gegensatz zu den Outdoor-Locations sind dort noch einige Plätze frei. Auch ansonsten machen die drei Frauen etwas andere Musik als die Kollegen draußen: Gerade ertönt Edith Piafs "Non, je ne regrette rien". Als sich die Gastmusiker Günter Wagenpfeil und Pit Harz an ihre Gitarren setzen, holen die "Weiberlight"-Frauen schillernde Regenbogentücher hervor und führen eine Art elfenhaften Ausdruckstanz auf. Schon irgendwie seltsam, aber auch beruhigend. Doch zum Entspannen ist keine Zeit. Denn noch ist die Musiknacht nicht vorbei.

Der beste Platz zum Aufwachen ist das turbulente Open-Air-Festival, das beim "Weinbauer im Tiroler Hof" stattfindet. Dort spielen wie "Rockaholixs Buam" Rocksongs mit bayerischem Flair. Zu behaupten, dass hier der größte Event der Musiknacht abgeht, ist gewiss nicht übertrieben. Die "Buam" selbst sieht man bei all den klatschenden Händen und springenden Körpern kaum und weil auch in diesem Treiben stehen und sitzen gleichermaßen unmöglich ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als mitzutanzen.

Zum Abschluss muss noch ein Abstecher ins Gewerbegebiet sein, wo in diesem Jahr erstmals sechs Konzerte stattfinden. Im Stockwerk in der Oppelner Straße gibt es feinsten Soul von "The Troubleshooters" und wenn es dort drinnen nicht so warm wäre, könnte man dabei durchaus versumpfen. Ausklingen soll die Nacht aber lieber im Freien: Der Parkplatz des Feinkostladens "Tutti Gusti" hat sich in eine italienische Piazza verwandelt, Michele Barretta performt Songs wie "Just a Gigolo" oder "Il ragazzo della via Gluck" von Adriano Celentano und am Büffet gibt es frische Wassermelonen oder Risotto. Wenn ein Gast geht, winkt Michele zum Abschied. Es ist wirklich so, wie die "Rockaholixs Buam" zuvor bereits gesungen haben: Heut' ist so ein schöner Tag.

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