Grafrath/Kottgeisering:Konkurrenz für die Telekom

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Grafrath und Kottgeisering verhandeln mit der Deutschen Glasfaser Holding über den Ausbau des Breitbandnetzes

Von Manfred Amann, Grafrath/Kottgeisering

Die Deutsche Glasfaser Holding GmbH möchte in Grafrath und Kottgeisering ein Breitbandnetz aufbauen, das Gewerbetreibenden und Bürgern in der Zukunft die Möglichkeit gibt, das Internet optimal zu nutzen. Nach längeren Beratungen haben die Gemeinderäte beider Nachbarkommunen nun beschlossen, mit dem Telekommunikationsanbieter Vertragsverhandlungen zu führen. Ob das Investorenunternehmen aber tatsächlich in Konkurrenz zur Telekom ein eigenständiges Glasfasernetz aufbauen kann, hängt davon ab, ob sich ausreichend Nutzer finden, die sich vertraglich mindestens zwei Jahre binden. "Circa 40 Prozent der Haushalte und 60 Prozent der Gewerbetreibenden müssten es schon sein, damit sich der Netzaufbau langfristig wirtschaftlich lohnt", sagte Firmenvertreter Peter Reisinger im Grafrather Gremium.

Nur wenn die Mindestanschlusszahl erreicht werde, könne mit dem Netzaufbau begonnen werden. Dabei ist vorgesehen, jedem Vertragspartner das Glasfaserkabel bis ins Haus zu verlegen. Als "Lockangebot" verzichtet das Unternehmen auf die Anschlusskosten, die mit 750 Euro je Haushalt beziffert werden. Und die Nutzungsgebühren sollen denen anderer Netzbetreiber entsprechen. "FTTH-Technik" nennt die Firma das Verlegen ins Haus.

Der Direktanschluss hat gegenüber dem bestehenden Versorgungsnetz laut Reisinger einen entscheidenden Vorteil. Beim Netz der Telekom gehe der Glasfaser nur bis zum Verteilerkasten und von dort bis ins Haus werde ein Kupferkabel genutzt, wodurch die Übertragungsleistung bis zum Abnehmer je nach Entfernung empfindlich geschmälert würde. Auch wenn die Telekom mit der Vectoring-Technik eine Leistungssteigerung erreichen könne, gegenüber dem Direktanschluss sei diese "eher marginal, denn das Kupferkabel wirkt wie eine Bremse". Bürgermeister Markus Kennerknecht hatte dazu geraten, derzeit keinen Kooperationsvertrag mit dem Unternehmen abzuschließen, sondern die Entwicklung abzuwarten. Grafrath sei mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von durchschnittlich 30 Mbit im Vergleich mit anderen Kommunen relativ gut versorgt. Außerdem plane die Telekom eine Leistungssteigerung, von Bundes- und Landesregierung seien Ausbauprogramme angekündigt worden und an der Verbesserung der Funkübertragung werde auch gearbeitet. "Wir sollten die Entwicklung beobachten und in zwei Jahren erneut darüber nachdenken", befand Kennerknecht. Da die "Deutsche Glasfaser" bereits in sieben Ammersee-Gemeinden aktiv sei und Grafrath damit auch zukünftig die Möglichkeit haben werde, mit einer relativ kurzen Kabelstrecke an den Hauptstrang anzudocken, der zum Zentralrechner in München führt, würde man sich mit dem Abwarten nichts vertun. Kennerknecht machte überdies darauf aufmerksam, dass der Aufbau eines separaten Glasfasernetzes für die Gemeinde eine große Herausforderung bedeute. Das Netz werde von dem Unternehmen zwar kostenlos aufgebaut, doch es müssten viele Straßen aufgerissen werden und man müsste Platz für die "garagengroßen" Schaltkästen zur Verfügung stellen.

Dagegen wandten manche ein, dass die Belastung der Infrastruktur auch nach zwei Jahren noch dieselbe sein werde. "Wir haben jetzt die Möglichkeit, unseren Bürgern die Chance zu geben, das Internet bald intensiver nutzen zu können und sollten daher auch nicht zögern, das Angebot anzunehmen", sagte Bernd Trauth (Grafrather Einigkeit) und fand fraktionsübergreifend Zustimmung. Außerdem sollte man den Bürgern die Entscheidung überlassen, so Max Riepl-Bauer (CSU/BV). "Wenn das Unternehmen nicht genügend Verträge für Netzanschlüsse abschließen kann, hat sich die Angelegenheit von selbst erledigt."

Mancher könnte sich auch vorstellen, dass die Telekom aufgrund der Konkurrenz die Kupferkabel durch Glasfaserkabel ersetzt. Reisinger schätzt die Chancen, genügend Verträge abschließen zu können, als "ziemlich gut" ein. Erfahrungsgemäß könnten in den drei Monaten, die sich das Unternehmen für die Anwerbung vorgibt, bis zu 52 Prozent der Hausbesitzer gewonnen werden, und in der Bauphase kämen oft noch weitere hinzu. Letztere müssten die Anschlusskosten von 750 Euro aber selbst tragen.

© SZ vom 06.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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