Grafrath:Kunst contra Nippes

Ausstellung Grafrath

An ein Kugelpendel erinnern die Werke von Christina Kühn, nur dass sie andere Materialien verwendet, etwa vergoldete Cashewkerne.

(Foto: Günther Reger)

Die Ausstellung "Tragbar" im Bella Martha zeigt kleine Skulpturen

Von Florian J. Haamann, Grafrath

Poesie, die der Betrachter nicht lesen kann, Wachsabdrücke, die er nicht zuordnen kann und ein Kunstwerk, dass irgendwie an die Mustermappen von Teppichböden und Tapeten aus dem Heimwerkermarkt erinnert: Die Werke, die in der aktuellen Ausstellung im Kunsthaus Bella Martha zu sehen sind, machen es dem Besucher schwer, direkt etwas mit ihnen anfangen zu können - das aber ganz bewusst, wie Stephanie von Hoyos, eine der beteiligten Künstlerinnen erklärt: "Wir hatten das Gefühl, dass die Produktgesellschaft die Kunst in der Frage des Unnötigen überholt hat. Man muss nur mal in einen dieser Ein-Euro-Läden gehen, ständig werden dort neue Dinge angeboten, die man eigentlich nicht braucht". Dieses verlorene Terrain wollen die Künstlerinnen nun also zurückerobern. Wie und ob ihnen das gelingt, können die Besucher von diesem Freitag, 29. April, an im Kunsthaus Bella Martha selbst sehen.

"Tragbar" lautet der Titel der Ausstellung der fünf Künstlerinnen, und auch er hat einen tieferen Sinn. "Nach all den Jahren, die wir alle schon Kunst machen, hatten wir dieses Mal keine Lust mehr, Bilder zu machen, die man dann an die Wand hängen kann. Also haben wir tragbare Kunstwerke erschaffen". Objekte also, die man überall hin mitnehmen kann: zum Schreibtisch im Büro, an den Esstisch, ins Hotelzimmer. Dort kann man sich dann in einem dafür untypischen Umfeld mit dem kleinen Kunstwerk beschäftigen, sein Geheimnis entschlüsseln. Präsentiert werden die Werke allerdings recht klassisch: in verschieden großen, weiß gestrichenen Schubladen, die als dreidimensionale Rahmen dienen.

Stephanie von Hoyos zeigt zwei Werke, bei denen Wachs als optisches Element im Vordergrund steht. Bei "Schnecken-Voodoo" hält es sechs Schneckenhäuser zusammen, die in eine kleine Schale, die wir ein Boot wirkt, gelegt sind, vielmehr wirkt es, als seien die Schnecken in das flüssige Wachs gefallen oder gelegt und dann davon verklebt worden. Eine Wachsschicht bedeckt auch eine Reihe von Gedichten, die von Hoyos in einem Kokon aus Fäden versteckt hat und die so für den Betrachter völlig versteckt und unlesbar sind.

Ebenfalls mit Wachs arbeitet Freya Junker. Sie hat Verpackungsmaterial als Form verwendet, die sie mit Wachs ausgegossen hat. Den entstandenen Werken sieht man dabei nicht mehr an, was einmal im Original verpackt war. Eines der Ergebnisse erinnert viel mehr an eine Lunge, ein anderes an einen Schwimmring oder ein Armband.

Eine ganze Reihe von gleich aufgebauten Werken präsentiert Christina Kühne. Sie erinnern ein wenig an ein klassisches Kugelpendel, nur dass Kühne keine Kugeln, sondern verschiedene andere Materialien - Wachsplättchen, vergoldete Cashewkerne oder getrocknete Blüten - verwendet, die an einer Schnur aufgehängt sind, die zwischen zwei bemalte Malpinsel gespannt ist.

Filigrane Drahtarbeiten hat Silvia Ried entworfen. Mehrere kleine Skulpturen zeigen dabei eher abstrakte Formen. Dazu präsentiert Ried zwei mit Draht bestickte Papiere. Lena Keller hat mehrere Fotografien mit einer speziellen Technik auf kleine Leinwände übertragen und dort künstlerisch weiter bearbeitet. Die fertigen Werke sind soweit verfremdet, dass der Betrachter nicht mehr erkennt, dass es sich einmal um ein Foto gehandelt hat.

Das Konzept der Ausstellung geht mit den gezeigten Werken also durchaus auf. Der Besucher kann sich bei jedem der Objekte vorstellen, wie man es an einen vertrauten Ort mitnimmt, dort versunken über den tieferen Sinn grübelt, ihn möglicherweise irgendwann findet - oder eben auch nie.

Ausstellung "Tragbar", Bella Martha, Marthashofen 6, Grafrath. Vernissage am Freitag, 29. April, von 19 Uhr an, danach zu sehen am 30. April, 1. Mai, 7. Mai und 8. Mai jeweils von 14 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung unter 0163/251 84 13.

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