Gesunde Kost für Schulmensa und Krankenhaus:Bio im Topf

"Mensa-Check" mit Koch Stefan Marquard in München, 2014

Noch ist Bio eine Nische, aber immer mehr Menschen möchten ökologisch hergestellte Nahrungsmittel auf ihren Tellern sehen - auch in Kantinen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Experten berichten auf einer Tagung des Fürstenfeldbrucker Fachzentrums Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung, welche Erfahrungen sie mit ihren Großküchen gemacht haben.

Von Heike A. Batzer

Ihre Kinder in Schule oder Tagesstätte mit Biokost verpflegen zu lassen, ist der Wunsch vieler Eltern. Doch in der Realität scheitert ein Angebot mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln häufig am Geld oder auch am fehlenden Willen. Dass es, um Biolebensmittel in Mensa und Kantine durchzusetzen, häufig auf die Initiative einzelner ankommt, die sich von eingefahrenen Vorgehensweisen und bürokratischen Vorgaben nicht abschrecken lassen, zeigte kürzlich eine Tagung des Fachzentrums Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung des Fürstenfeldbrucker Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) im Veranstaltungsforum.

Immer mehr Menschen essen immer häufiger auswärts. 40 Prozent der in Deutschland verzehrten Lebensmittel werden außer Haus eingenommen: am Arbeitsplatz, in Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäusern, Seniorenheimen. Und immer mehr Menschen, vor allem junge, verwenden Biolebensmittel, fand das "Ökobarometer" des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz heraus. 22 Prozent der in der repräsentativen Studie aus dem Jahr 2013 Befragten kaufen demnach häufig oder ausschließlich Biolebensmittel, 52 Prozent gelegentlich. Lebensmittel aus der Region bevorzugen sogar 92 Prozent der Verbraucher. Doch die Nachfrage nach biologisch erzeugten Produkten lässt sich durch das regional vorhandene Angebot nicht decken. Biogemüse und -obst muss zu großen Teilen importiert werden.

Die Bayerische Staatsregierung will die Erzeugung von Bioprodukten in Bayern bis zum Jahr 2020 verdoppeln. Derzeit liegt der Bioanteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in ganz Deutschland gerade mal bei etwas mehr als sechs Prozent. Bio ist noch immer eine Nische und die "Bio-Außer-Haus-Verpflegung eine Nische in der Nische", sagt Gisela Schaelow, Leiterin des Brucker Fachzentrums. Dass Bio aber auch bei der Großküchenverpflegung möglich ist, zeigt alljährlich das Münchner Tollwood-Festival. Die Stadt München erklärte sich schon 2006 zur Biostadt - mit dem Ziel, den Anteil an Biolebensmitteln in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der städtischen Verwaltung und der Gastronomie zu steigern. 2010 sollte von den Fürstenfelder Gesundheitstagen der Impuls ausgehen, auch im Landkreis Biokost an Schulen und Kindergärten salonfähig zu machen und in Fürstenfeldbruck hatten die Grünen vor drei Jahren gefordert, dass die Zutaten für den Mittagstisch in den Betreuungseinrichtungen ökologisch, saisonal und regional sein sollten.

Mancherorts bemüht man sich, mehr Bio auf den Tisch zu bringen. So wird etwa die Mensa des Germeringer Carl-Spitzweg-Gymnasiums von Carola Petrone beliefert, die mit ihrem Cateringunternehmen "Il Cielo" 100 Prozent Bioqualität zu liefern verspricht. Auch im Altenwerk Marthashofen bei Grafrath gehört der "bewusste Umgang mit Lebensmitteln und Ernährung" zum anthroposophischen Konzept, erläutert Geschäftsführer Steffen Stern bei der Tagung. Man bestelle beim Ökogroßhandel in der Nähe und saisonal bei Biobauernhöfen. Auch Gilbert Bielen beweist, dass es vor allem auf den Willen ankommt. 2007 übernahm er die Küchenleitung im Kinderkrankenhaus Sankt Marien in Landshut, in weniger als einem Jahr hatte er auf Bio umgestellt.

Zunächst musste ein Umdenken bei den Beschäftigten her, weg von eingefahrenen Arbeitsabläufen, etwa den Salat bereits klein geschnitten oder die Wurst in vakuumierter Form einzukaufen. "Da hat es am Grundwissen bei der Lebensmittelzubereitung gehapert", erinnert sich Bielen. Jetzt wird ausschließlich frischer Biosalat verwendet, der noch schmutzig ist und erst gewaschen werden muss, und die Wurst wird am Stück gekauft und mit der Aufschnittmaschine selbst geschnitten. Erleichtert habe ihm die Entscheidung die Tatsache, dass es im Einzugsgebiet viele Bioproduzenten gebe. In der Hauptsaison kaufe er auch mal 70 Kilo reife Tomaten und verarbeitet diese. Die höheren Preise - häufig das Hauptargument gegen Bio - würden über etwas verkleinerte Portionen aufgefangen, außerdem sei der Bratverlust bei Biofleisch geringer als bei herkömmlich erzeugtem. Neue Einnahmequellen wie etwa den Veranstaltungsraum an Firmen zu vermieten, schafften darüberhinaus finanziellen Spielraum.

Hubert Bittl, Küchenleiter der Versicherungskammer Bayern, bietet im Betriebsrestaurant in München 40 Prozent Bio an. Kompromisse sind notwendig, denn "Pastinaken und Kohl von Oktober bis März funktioniert nur in der Theorie", sagt Bittl, und auch die Tomaten seien in dieser Zeit natürlich nicht von regionaler Herkunft. Die Ansprüche der Angestellten seien "geteilt", weiß Bittl, aber die Nachfrage nach Bio steige und auch die Fragen nach der Herkunft der Lebensmittel und der Zubereitungsart würden mehr. Jene, die in den Firmen die Budgets festlegten, wüssten aber meist gar nicht, was etwas im Supermarkt koste, kritisiert er. Man müsse deshalb versuchen, einen "Umdenkprozess einzuleiten". Gilbert Bielen indes will sich mit seiner Biophilosophie wieder darauf besinnen, was er in seinem Handwerksberuf gelernt hat: aus hochwertigen Lebensmitteln ein hochwertiges Essen zubereiten.

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