Geschichte:Anomalien im Acker

Geophysik

Mit einem Messgerät untersucht Arno Patzelt das Magnetfeld im Untergrund bei Jesenwang.

(Foto: Günther Reger)

Historischer Verein sucht mit Sonde nach Steinzeit-Besiedlung

Von Erich C. Setzwein, Jesenwang

Es geht so auf das Jahr 3000 zu, als bei Jesenwang ein Mann im Fellmantel Löcher aushebt und Pfähle für ein neues Haus in den Boden rammt. Mehr als 5000 Jahre später läuft wieder ein Mann über das Gelände und sucht nach den Resten dieser Siedlung aus der späten Steinzeit. Der Wissenschaftler, der auf dem schneebedeckten Boden seine Runden mit einem seltsam anmutenden Gerät vor dem Körper zieht, ist Arno Patzelt aus Tübingen. Er ist Geophysiker und Geschäftsführer seiner Firma Terrana, die sich mit der Erkundung archäologischer Stätten befasst. Auch wenn von dem, was der Mann im Fellmantel 3000 vor Christus als Baumaterial im Boden versenkt hat, nichts mehr zu sehen ist, so hat er doch Spuren hinterlassen. Die spürt Patzelt auf, indem er das Magnetfeld des Geländes untersucht.

Das Gelände ist bei Jesenwang, aber wo genau, das möchten Anna Ulrike Bergheim und Fritz Aneder vom Historischen Verein Fürstenfeldbruck nicht öffentlich machen. Zu groß ist die Gefahr, dass die Äcker und Wiesen von selbsternannten Schatzsuchern betreten werden, die doch nichts anderes sind als Raubgräber. Denn das, was die Mitglieder des Historischen Vereins in bis zu einem Meter Tiefe zu finden hoffen, sind Zeugnisse der Chamer Kultur. Die wird in die Zeit zwischen 3500 und 2700 vor Christus datiert und hat auch auf Jesenwanger Flur Spuren hinterlassen.

Sogenannte Einsatzbeilchen kamen schon aus dem Boden. Wenn dort Menschen lebten, dann haben sie, wie Aneder annimmt, auch Feuer gemacht. Der dort erhitze Boden sowie die beim Fäulnisprozess von Holz entstehenden Bakterien hinterlassen Spuren, die Arno Patzelt als "Anomalien" im Erdmagnetfeld bezeichnet. Technisch aufzuspüren sind mit der Magnetomessung, Patzelt verwendet Sonden, die bis in eine Tiefe von einem Meter messen. Das Gerät, das Patzelt dabei einsetzt, kann auch zum Aufspüren von Minen und anderen Kampfmitteln dienen. Auch körperlich keine leichte Arbeit, denn die "Förstersonde" - benannt nach dem Physiker Friedrich Förster - wiegt immerhin zwölf Kilo. Damit laufen Patzelt und sein Mitarbeiter bei Jesenwang einen ganzen Tag lang etwa 15 000 Quadratmeter ab.

Patzelt und die Mitglieder des Historischen Vereins werden an der Stelle, an der sie suchen, nicht graben, denn jede Ausgrabung sei eine Zerstörung. Gesucht wird nach Hinweisen auf die Besiedlung. Patzelt wird die bei Jesenwang gesammelten Daten aufbereiten und ein Bild erstellen, das alle von der Sonde erfassten Anomalien zeigt. Es wird, wenn alle Daten gut aufbereitet sind, so ähnlich aussehen wie ein Luftbild. Es könnten Umrisse darauf zusehen sein, eben die vom Mann im Fellmantel ausgehobenen Löcher oder andere Hinweise auf eine Behausung. Gut möglich, dass dann auch die Lage von Feuerstellen zu erkennen ist. Irgendetwas hinterlassen Menschen immer.

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