Kellerclub Gernlinden:Hoch auf der schneeweißen Jacht

Faschingswagen Gernlinden

Erst neun Jahre alt, aber mit dem Akku-Schrauber schon ein Profi: Lukas Wenhart, der mit Stefan Rottach die Schiffsschraube montiert.

(Foto: Günther Reger)

Beim Kellerclub Gernlinden hofft man, mit einem Promi-Wagen am Sonntag wieder das Flaggschiff zu sein.

Von Ariane Lindenbach, Gernlinden

Weiß und stolz steht sie da. Zugegeben, ein bisschen deplatziert wirkt der aus Pressspanplatten zusammengeschraubte Schiffsrumpf schon in der riesigen Halle in Gernlinden. Dort, wo normalerweise Klima- und Kältetechnik lagert, füllt nun das weiße Ungetüm fast die Hälfte des Raumes. Rundherum wuseln Männer mittleren Alters, einer steigt gerade mit einer Holzplatte in der Hand auf eine Leiter und weiter auf das Schiff. Er will die weiß lackierte Fläche neben die anderen schrauben und so die Verkleidung für den Faschingswagen des Kellerclubs Gernlinden vervollständigen. Viel Zeit haben die Acht, der harte Kern des Clubs, nicht mehr: An diesem Samstag kommt der TÜV zur Abnahme und am Sonntag ist Faschingszug in Gernlinden. Da wollen die Männer, zum Teil mit ihren Familien, mitfahren auf der "Luxusjacht der Geissens".

Die Idee haben sie vor ein paar Wochen ersonnen, wie Stefan Rottach erzählt. Diesmal sei es besonders schwer gewesen, ein passendes Thema zu finden, da die Nachrichten heuer so ernst seien, sagt er mit Blick auf die Unruhen auf dem halben Erdball. Die insgesamt 22 Männer des Kellerclubs, die sich zum Teil schon seit ihrer Kindheit kennen, nehmen heuer zum 31. Mal am Faschingszug teil; die letzten vier Jahre haben sie den ersten Platz gemacht. 2014 haben sie einen gelben "ADE-AC-Hubschrauber" gebaut und sich als "gelbe Bengel" verkleidet. Und diesmal also die Luxusjacht des Ehepaars Geissen, das eine eigene Serie auf einem privaten Fernsehsender hat. "Da die Geissens überall im Fernsehen sind, dachten wir uns, wir bringen den Luxus und Glamour in den Fasching", sagt Rottach. Das Ganze sei "ein Luxusgeprotze, das man gerne mal durch den Kakao ziehen kann".

Mit dem Bau begonnen haben die Männer am vergangenen Wochenende. "Wir arbeiten sieben Tage durch und sind am Samstag fertig, dann kommt der TÜV." Die vor ein paar Jahren eingeführte obligatorische Prüfung der Faschingswagen durch den Überwachungsverein auf mögliche Sicherheitsmängel findet Rottach "eine sehr sinnvolle Aktion, damit keiner runterfällt". Die Wagen sind manchmal ganz schön hoch - die Yacht wird vier Meter hoch und mit Traktor 14 Meter lang sein. Und da auch Unerfahrene solche Wagen bauen, sei die TÜV-Prüfung schon in Ordnung. Vor Baubeginn überlegen die Männer in etwa, wie sie das jeweilige Objekt bauen wollen. "Man macht sich vorher Gedanken, auch wegen des Materials, und dann legen wir dann ohne Plan los", erklärt Rottach und deutet an eine Wand, an der drei Din-A4-Abbildungen einer Yacht hängen. "Da hinten hängt ein Bild von der Yacht und so soll es dann ausschauen." Zu Rottachs Füßen kniet Philipp Lorenz. Mit einer Stichsäge sägt er eine weiß lackierte Holzplatte zurecht, die vor ihm auf einer Palette liegt. Der neun Jahre alte Lukas holt die in Form gesägte Platte. Mit Hilfe von Rottach und Roger Scharf befestigt er sie ebenfalls als Verkleidung vorne am Schiffsrumpf. Der Neunjährige, der am Sonntag als Kapitän ganz oben auf der Yacht stehen wird, hat schon viel geholfen: Er hat die 100-Dollar-Scheine an die Holzreling getackert, bei der Verkleidung mitgeholfen und mit seinem Vater Christian Wenhart das gelbe Schild, auf dem in schwarz "30 Jahre Kellerclub Gernlinden" steht, vorne am Traktor befestigt. "Da müssen wir noch eine 31 draus machen", deutet Rottach auf die Zahl.

Überhaupt müssen die Männer noch einiges tun. Der Anker muss gefertigt und montiert werden, ebenso die Radaranlage. Außerdem fehlt noch die ganze Dekoration, der blaue wellenförmig zugeschnittene Stoff zum Beispiel, der unten am Schiff angebracht das Meer darstellen soll. Damit die Luxusjacht der Geissens dann am Sonntag um 14 Uhr vor dem Bürgerzentrum in ein Meer aus Karnevalisten tauchen kann.

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