Germeringer See:Einsicht statt Aufsicht

Der Germeringer See entwickelt sich mehr und mehr zur Partystätte. Die Stadt appelliert nun an die Vernunft der Jugendlichen.

Karl-Wilhelm Götte

Die vorbeikommenden Jugendlichen schauten etwas verdutzt auf die Runde, die sich am vergangenen Freitag um halb neun Uhr abends am Wasserwachthäuschen am Germeringer See aufgebaut hatte. Besonders Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) stach mit seinem Anzug und der Krawatte hervor. Trotzdem versteckten die jungen Leute ihre mitgebrachten Bier- und Schnapsflaschen nicht. Und so packten die Vertreter von Stadt, Polizei, Wasserwacht und Sicherheitsdienst die Gelegenheit beim Schopf, um mit ihnen zu reden. Hintergrund für den ungewöhnlichen Ortstermin war, dass das Seeufer im Sommer ein beliebter Treffpunkt ist, an dem sich Jugendliche ungestört von der Erwachsenenwelt versammeln können. Das war schon früher so, doch in Zeiten von Facebook scheint sich dieser Trend verstärkt zu haben. Da wird gefeiert und getrunken - erst am Samstag wurde ein 15-Jähriger mit 1,4 Promille aufgegriffen. Die Badegäste stören sich aber besonders an den unliebsamen Überresten der Freiluftpartys: Zerbrochene Flaschen bringen Verletzungsgefahr. Die Wasserwacht hatte daher Alarm geschlagen und die Stadtverwaltung auf das Problem aufmerksam gemacht. OB Haas beorderte daraufhin am Freitag ein Dutzend Fachleute an den See. So trafen sich neben den Streetworkern Vertreter des Bauhofs und des Umweltamtes, die Jugendreferentin und der Grünanlagenreferent des Stadtrats, die Polizei und die Mannschaft des Brucker Sicherheitsdienstes, die den See seit langem betreut, zur großen Beratschlagung. Wie Haas gleich eingangs betonte, will die Stadt die Partys nicht verbieten, sondern setzt auf Aufklärung und die Einsicht der Jugendlichen. Das Feiern müsse in geordneten Bahnen verlaufen, ohne die Gesundheit von anderen zu gefährden, sagte der Oberbürgermeister. Er berichtete davon, wie am vorvergangenen Wochenende auf dem geschützten Platz vor dem Wasserwachthäuschen gefeiert wurde - offenbar hatten sich die Jugendlichen vor dem Gewitter dorthin geflüchtet. "Und wir müssen dann morgens immer die Scherben wegräumen", klagte Andi Huber von der Wasserwacht. "Das ist eigentlich nicht unsere Hauptaufgabe am See." Auf einem "präventiven Rundgang" würden die Wasserwachtler immer wieder das gesamte Seegelände aufräumen, weil auch von Badegästen tagsüber Beschwerden kommen. Am Freitagabend tummelten sich wieder an die 80 Jungen und Mädchen auf den Grillplätzen. Die unangenehmen Mückenschwärme störten sie dabei ganz und gar nicht. "Das sind alles nette Kinder", sagte die Streetworkerin Beate Jagersberger nach dem ersten Augenschein - viele von ihnen waren ganz offensichtlich noch keine 16. "Das ist nicht unbedingt unsere Klientel." Jagersberger muss es wissen: Sie ist bereits seit 20 Jahren in Germering tätig, ihr Kollege Albert Lieb seit 15 Jahren. Wie Eckart Lutzeier, Chef des Sicherheitsdienstes, beobachtet hat, treffen sich heuer besonders viele junge Leute am See. "Sie verabreden sich über Facebook", vermutet er. Lutzeier stellt in der Regel am Wochenende zwei Leute für den See ab, am vergangenen Freitag waren es vier. "Wir wollen Präsenz zeigen", sagte er - und marschierte mit seiner Mannschaft direkt nach der Besprechung zum Grillplatz. Sein Fazit? "Es ist alles ist in Ordnung." Er habe noch einmal an die Vernunft appelliert und die Jugendlichen ermahnt, hinterher alles aufzuräumen. Die hätten ihre Fahrräder auch brav in die dafür vorgesehenen Ständer gestellt. Nur eine Minderheit der Anwesenden habe eine Bierflasche dabeigehabt, erzählte Lutzeier. Zuvor hatte Peter Schaumberger von der Polizei deutlich gemacht, dass höchstens einmal am Abend ein Streifenwagen vorbei vorbeigeschickt werden könne. Mehr sei bei der Personallage an Wochenenden nicht drin. Dramatisieren wollte Schaumberger die Lage auch nicht. Die Abiturienten, die kürzlich am See in Scharen gefeiert haben, hätten nach polizeilicher Aufforderung alles aufgeräumt. Ernste Vorfälle, wie der stark betrunkene 14-Jährige, der vor drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert worden ist, seien eher selten. In solchen Fällen ermittelt die Polizei, wer den Alkohol verkauft hat. Mit Blick auf das Müllproblem regte Schaumberger an, große Tonnen wie an der Isar aufzustellen. Michael Seeholzer vom Bauhof berichtete von negativen Erfahrungen mit beschädigten Müllbehälten. Seeholzer versprach aber trotzdem: "Wir werden es wieder probieren". Jugendreferentin Manuela Kreuzmair (CSU) wurde beauftragt ein Faltblatt zu erstellen und damit an den Schulen Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch mit den Tankstellenpächtern soll über den Verkauf von Alkohol an Minderjährige gesprochen werden. Im Laufe des Abends versammelten sich noch mehr Jugendliche am See, zu Exzessen kam es aber nicht.

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