Germeringer Musiknacht:Kostproben-Sammler

Bei der Germeringer Musiknacht bieten 450 Musiker und Tänzer ein kunterbuntes Programm. Mehrere Tausend Besucher lassen sich ungezwungen treiben. Ausnahmsweise stört es mal nicht, dass während der Darbietungen Leute kommen und gehen

Von Julia Berghofer

Das Leben steckt voller Entscheidungen. Dies tritt am Samstagabend zutage, wenn man sich den Kopf zerbricht: Wo gehe ich hin und was will ich dort machen? Will ich klassische Musik hören, Zeitgenössisches, Jazz, oder doch lieber zu einer Tanzveranstaltung? Manchmal hat man Glück und kann es sich sparen, schon nachmittags in Grübeln zu verfallen, wo es hingehen soll. Zum Beispiel wenn die Germeringer Stadthalle ihre Pforten öffnet, um auf dem gesamten Areal ein kunterbuntes Programm zu bieten, das jeden Geschmack bedient und auch zum spontanen Flanieren, zum Austesten, zum Kostproben-Sammeln einlädt.

Musiknacht

Teilnehmer an der Musiknacht: das Gitarrenensemble 'Saitenbande'.

(Foto: Günther Reger)

Um vom klassischen Streichorchester zu lateinamerikanischen Rhythmen zu gelangen, braucht es nur wenige Stufen, und von dort aus ist es quasi ein Katzensprung zur Didgeridoo-Darbietung im Nachtasyl. Vom Nachtasyl einmal kurz die Treppen hinuntergeschlendert, findet man sich im Forum wieder, zwischen orientalischem Tanz, Rock'n'Roll und Flamenco. Man trifft auf alles und jeden, und das völlig kostenlos. Vier Jahre haben die Kulturbegeisterten des Landkreises nun schon auf die Germeringer Musiknacht verzichten müssen. Zum 20.Jubiläum der Stadthalle lud Medea Schmitt 23 Musik- und Tanzgruppen ein, die im durchgängig restlos gefüllten Orlandosaal spielen, im Amadeussaal singen, im Forum tanzen oder im Foyer eine Multivisionsschau inszenieren.

450 Mitwirkende sind es, die mehrere Tausend Besucher am Samstag mit ihrem Potpourri an Vorführungen durch die Räumlichkeiten der Stadthalle ziehen lassen, immer auf der Suche nach einem neuen Schmankerl, immer neugierig, was auf der nächsten Bühne wartet. Man merkt den Besuchern an, dass das Interesse groß ist, auch an Darbietungen, auf die man normalerweise nicht von selbst gekommen wäre. "Es gibt keine Hemmschwelle", freut sich Schmitt. Die Gäste betreten den Orlandosaal, in dem gerade die Bosco Voices Gospellieder singen, verweilen kurz, wandern dann unkompliziert eine Tür weiter ins Forum, wo die Volkshochschule gerade Tänze nach Bollywood-Vorbild aufführt.

Musiknacht

Auch das Akkordeonorchester Unterpfaffenhofen trat bei der Musiknacht auf.

(Foto: Günther Reger)

Dass immer wieder Leute gehen und andere kommen, stört weder bei besinnlichen Chorkonzerten, noch bei den flippigeren Tanzshows. Im Gegenteil: Die Stimmung ist entspannt, man lässt sich ungezwungen treiben, kann in den viereinhalb Stunden so viel Programm mitnehmen, wie man eben möchte. Die meisten Vorführungen dauern zwischen 20 und 45 Minuten. Das reicht genau für eine Kostprobe, die Lust auf mehr macht, aber auch den Appetit auf Neues anregt.

Den Auftakt machen die Trommler von Sambavaria auf dem Therese-Giehse-Platz, wo Bierbänke aufgebaut sind und die Gäste mit Getränken und Brotzeit verköstigt werden. Der rhythmische Sound, zu dem zwei bunt gewandeten Figuren auf Stelzen tanzen, lockt die ersten paar Hundert Besucher an und zieht dann weiter in den großen Saal. Weil dort die Akustik noch besser ist und um anschließend den imaginären Taktstock an das Akkordeonorchester Unterpfaffenhofen weiterzugeben. Das knüpft an den Samba der Percussiongruppe mit einem eleganten Tango Argentino an. Währenddessen geht es im ersten Stock wesentlich zartbesaiteter zu. Die Musikschule Germering ist mit gut 20 Gitarrenspielern des Ensembles "Saitenbande" vertreten und spielt ungarische Tänze und, als Solo, das romantisches Passenger-Cover "Let her go".

Das Publikum im Amadeussaal formiert sich neu, weil gleich der Germeringer Kammerchor mit sogenannten "weltlichen Liedern" auftreten wird. In der Zwischenzeit ist dem Germeringer Kammerorchester einen Stock tiefer die Konzertmeisterin abhanden gekommen. Davon lässt sich das 20-köpfige Ensemble jedoch nicht beeindrucken und spielt trotzdem Händels Wassermusik. Ein paar Sätze später taucht die Konzertmeisterin dann doch noch auf, zum Glück, denn im Allegro von Karl Jenkins "Palladio" hat sie einen Solopart.

Im Forum zeigen am laufenden Band der TSV Unterpfaffenhofen-Germering, die Tanzgruppe Fun Unlimited und die Volkshochschule fetzige Choreografien und traditionelle Tänze. Später begeistern Fun Unlimited mit ihren ausgeflippten Vorführungen zwischen Rock'n'Roll, Akrobatik, Disco Dance und Aerobic. Das Kontrastprogramm wartet im Amadeussaal: Dort tritt das Vokalensemble Sankt Martin auf. Weiter oben verwandelt das Quartett von Room to move das Nachtasyl in einen lauschigen Jazzclub, wo man den Abend selbstvergessen ausklingen lassen kann.

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