Germeringer:Mittelalterliches Amulett

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Blick in die Vitrine: Alfred Streicher mit dem in seinem Betrieb hergestellten Messing-Replikats des Germeringer Amuletts; rechts ein Replikat, das in der Größe der mittelalterlichen Zierscheibe entspricht. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Replikate des Fundes sind in der Stadthalle zu sehen

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Stadt Germering blickt auf mehrere Jahrtausende Siedlungsgeschichte zurück. Gefäßscherben, Teile von Dachziegeln oder Tierknochen - bei Ausgrabungen im Stadtgebiet wurde schon vieles gefunden. Der populärste Fund ist allerdings ein Amulett, ein kreisrunder Anhänger, mit dem sich eine Frau geschmückt hat, die im frühen Mittelalter auf Germeringer Flur gelebt hat. Das Schmuckstück wurde 1971 bei Bauarbeiten für eine Wasserleitung an der Krippfeldstraße gefunden. Dort hatte sich ein Gräberfeld befunden. Seitdem hat das Amulett Karriere gemacht. So schmückt es als großes Pflasterbild den Marktplatz neben der Stadthalle sowie in einer kleineren Ausführung den Platz vor dem Rathaus. Demnächst soll das mittelalterliche Schmuckstück auch am Boden des neuen Brunnens am Kleinen Stachus zu erkennen sein. 2002 wählten die Germeringer Stadträte eine vielfarbige grafische Umsetzung des Amuletts gar zum Stadt-Logo. Als solches prangt es an der Stirnseite des Sitzungssaals im Rathaus.

Die Geschichte des Grabfundes können Besucher der Stadthalle nun im Foyer verfolgen. Dort steht eine Glasvitrine des Fördervereins Stadtmuseum. Dessen Mitglieder haben die Vitrine jetzt neu bestückt - mit einer Vielzahl von Replikaten des Amuletts. Die Replikate stammen aus dem Metallbetrieb von Alfred Streicher. Auch sein Geschäft ist ein Stück Stadtgeschichte: Es lässt sich als Besitz der Familie bis ins Jahr 1698 zurückverfolgen. In der Vitrine liegt zudem eine Nachbildung aus Pappmaschee. Sylvia Doll vom Förderverein hat sie angefertigt.

"Das Original tun wir nicht in die Vitrine", sagt Irmgard Köhler-Langewiesche vom Förderverein. Denn der Glasbehälter im Eingangsbereich der Stadthalle ist nicht genügend gesichert. So liegt die Zierscheibe aus Bronze, die 1971 gefunden worden ist, sicher im Museum der Germeringer Stadthistoriker an der Domonter Straße. Das ist verständlich, wenn auch schade, denn der kleinen Ausstellung fehlt es dadurch an Authentizität. Es wäre schon etwas Besonderes gewesen, ein Artefakt betrachten zu können, das Menschen vor 1400 Jahren hergestellt und getragen haben.

So gibt die Vitrine mit Hilfe von Replikaten Auskunft über den populärsten Fund der Stadtgeschichte. Verschwiegen wird dabei auch nicht, wie nachlässig in den Sechziger- und Siebzigerjahren beim Bau von Häusern und Straßen mit archäologischen Stätten umgegangen wurde und wie zufällig daher Funde wie das Amulett gewesen sind. Erst in den Neunzigerjahren hat sich das wirklich geändert. Heute gräbt Stadtarchäologe Marcus Guckenbiehl als erster auf jeder Fläche in Germering, die bebaut werden soll. Zuletzt stieß er, ehe die Arbeiten für eine Wasserleitung begannen, in der Steinbergstraße auf Skelette. Die durchbrochene Zierscheibe aus Bronze ist daher nicht nur ein Zeugnis der frühmittelalterlichen, sondern auch der jüngsten Besiedlungsgeschichte von Germering.

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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