Germering:Vernunftehe statt Liebesheirat

Ukrainer

Begrüßung vor dem Rathaus: Wolfgang Andre (Dritter von links) und Helmut Ankenbrandt (Vierter von links) mit den Besuchern aus der Ukraine

(Foto: Günther Reger)

Kommunalpolitiker aus der Ukraine informieren sich in Germering über die Gebietsreform 1978

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Die Delegation von Bürgermeistern und kommunalen Vertretern aus der Ukraine, die das Germeringer Rathaus besucht haben, hatte die vorsichtigen Formulierungen der beiden Bürgermeister Wolfgang Andre (CSU) und Helmut Ankenbrand (SPD), die den verreisten Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) vertraten, zur einstigen Zusammenlegung der selbständigen Gemeinden Germering und Unterpfaffenhofen sehr schnell richtig gedeutet. "Es war wohl keine Liebesheirat, eher Berechnung", sagte ein Delegationsmitglied aus der Ukraine. Andre und Ankenbrand schmunzelten ein wenig dazu. Die zehn Frauen und Männer aus diversen ukrainischen Städten interessierten sich deshalb sehr für den Entscheidungsprozess der bayerischen Gebietsreform von 1978, weil Ähnliches gerade auch ihrer Heimat passiert.

Die Delegation war auf Einladung des Auswärtigen Amts in Deutschland. Sie wollte sich zum Thema "Regionale Regierungsstrukturen und kommunale Selbstverwaltung" informieren. Zwei Übersetzer machten das Gespräch mit den Germeringern möglich. Zunächst kamen die Ukrainer nach Berlin, später nach München. Dort hatten sie sich den Besuch einer Stadt im Umkreis von München gewünscht, in der sie sich mit Bürgermeister und Amtsleitern austauschen könnten. "Seit zwei Jahren gehen wir in der Ukraine den selben Weg der Zusammenlegung von Kommunen", sagte einer der angereisten Oberbürgermeister: "Aus tausend Gemeinden sollen 200 größere entstehen." In der Ukraine soll dies aber nur auf Basis der Freiwilligkeit geschehen. Auch die historischen und kulturellen Bedingungen müssten passen.

"Bei ihnen erfolgte die Zusammenlegung so ähnlich wie in Polen", warf ein anderes Delegationsmitglied nach den Ausführungen der Germeringer Bürgermeister ein. Andre bestätigte, dass der Freistaat Bayern damals eine gesetzliche Vorgabe zur Zusammenlegung von Kommunen gemacht habe, um effektivere und größere Verwaltungseinheiten zu schaffen. Von 5000 ehemals selbständigen Dörfern und Städten blieben 1978 noch 2000 übrig. Interessant war auch, dass Ankenbrand ins Gedächtnis rief, wie der Name Germering als alleinige Ortsbezeichnung zustande kam und Unterpfaffenhofen nach Jahrhunderten verschwand: "Weil Germering die einkommensstärkere Gemeinde gewesen war."

Die Amtsleiter Jürgen Thum (Bauamt) und René Mroncz (Finanzen) gaben den Ukrainern geduldig Auskunft. Mroncz informierte über die Art der Steuereinnahmen und erwähnte auch die Hundesteuer als Einnahmequelle. Lacher blieben aus, weil diese Information bei der Übersetzung offenbar auf der Strecke blieb. Enttäuschungen nach der Zusammenlegung habe es nicht gegeben. "Es war ein richtiger Schritt", sagte Ankenbrandt, "wir haben neue Aufgaben übernommen." So bekämen die Germeringer schneller Baurecht, weil alle Bauanträge vor Ort und nicht mehr im Landratsamt bearbeitet werden.

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