Germering:Taxifahren mit mehr als 450 PS

Germering: Er ist der Schnellste, er fällt auf, er ist der erste Elektro-Taxi-Besitzer im Landkreis: Der Germeringer Alfredo Salerno steuert einen Tesla Model S 85.

Er ist der Schnellste, er fällt auf, er ist der erste Elektro-Taxi-Besitzer im Landkreis: Der Germeringer Alfredo Salerno steuert einen Tesla Model S 85.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Germeringer Alfredo Salerno setzt als erster berufsmäßiger Chauffeur im Landkreis auf einen Elektrowagen. Die Technik des Autos fasziniert ihn und seine Kunden

Von Andreas Ostermeier, Germering

Plötzlich ist da ein kaum vernehmbares Surren. Alfredo Salerno hat sein Elektro-Taxi vor dem Bahnhof in Germering angelassen und rollt los. Schon bei der kleinen Beschleunigung auf den ersten Metern merkt man die Kraft des Autos. Später, auf der Autobahn, drückt einen die Beschleunigung richtig in den Sitz - 470 PS verrichten ihr Werk. Sie sind dabei ziemlich still, auch als der Fahrer auf die Überholspur wechselt. Der Tesla Model S 85, eine fünftürige Oberklasse-Limousine, gleitet in Richtung Oberpfaffenhofen. Salerno sagt: "Ich bin glücklich." Und das sieht man ihm an. Seit 1983 fährt er beruflich Auto. Etliche Millionen Kilometer hat der Germeringer Taxifahrer zurückgelegt, die letzten 9000 davon seien die besten gewesen.

Salerno - so ist der Eindruck - hat gefunden, was er gar nicht gesucht hat. Doch dieses Auto, so scheint es, ist für ihn gebaut. Wie einer von der großen Liebe erzählt: Der 1959 in der Nähe von Salerno Geborene kann gar nicht aufhören, über sein neues Auto zu sprechen. Die Sätze sprudeln nur so aus ihm heraus. Er will nicht nur zeigen, welche Beschleunigung in dem Auto liegt, er erzählt von staunenden Autofahrern, die mit ihren großen und leistungsstarken Limousinen keine Chance gegen ihn haben, oder von den Leuten, mit denen er wegen seines Autos ins Gespräch kommt. Er ist der Schnellste, er fällt auf, er ist der erste Elektro-Taxi-Besitzer im Landkreis.

Am Taxistand wartet ein Fahrer auf Anrufe. Salerno bittet ihn, die Motorhaube seines Mercedes zu öffnen. "500 Teile", sagt er, "und jedes kann kaputt gehen. Dann stehst du da und musst auf den Mechaniker warten." Salerno drückt auf die Schläuche und rüttelt am Ölbehälter. Otto- und Dieselmotor, das sind für ihn Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit. Mehr als 100 Jahre Entwicklung, und doch wackelt alles, ist laut und eben fehleranfällig. Salerno schüttelt den Kopf, der Kollege lächelt hilflos. Es ist nicht das erste Mal, dass er dem Redeschwall des Kollegen über die Vorzüge des Elektrowagens ausgesetzt ist. Dann schreitet Salerno zu seinem Tesla. Wie viele Teile sich bei diesem Wagen unter der Motorhaube befinden? Er öffnet - und zu sehen ist nur eine Gummibärchentüte. Sonst nichts. Der "Motorraum" ist ein zweiter Kofferraum. Denn der Motor seines Autos befindet sich an der Unterseite, im Bereich der Hinterachse. Nur 18 Teile habe der Antrieb seines neuen Taxis, sagt der Tesla-Besitzer. Da könne nichts kaputt gehen, ist er sicher.

Der Wagen ist teuer. Fast 100 000 Euro hat Salerno für das Auto aus Kalifornien ausgegeben. Doch für ihn soll sich das rechnen.

Die Monatsrate, die er zahlen muss, sei ebenso groß wie bei dem Mercedes, den er sich sonst geleistet hätte, sagt der Inhaber von Taxi-Alfredo. Dazu kämen das Spritgeld und Kosten für Reparaturen und Instandhaltung. Für den Tesla müsse er neben der Rate kaum etwas bezahlen, sagt er. Reparaturen und Steuer fielen weg, der Preis für den Strom sei sehr gering. So spart er die Hälfte der früheren Monatskosten. Die Rechnung geht also auf.

Am Flughafen Amsterdam werden die Diesel- und Benzinwagen durch Teslas des Typs ersetzt, den auch er fährt. Die Manager, die beschlossen haben, 167 Elektro-Taxis anzuschaffen, haben das durchgerechnet, ist Salerno sicher. Für ihn aber sind nicht nur Zahlen wichtig. Auch früher schon hat er auf neue Technik gesetzt. Beim Autotelefon etwa. "Ich war immer Pionier", sagt er. Auch der Umweltgesichtspunkt spielt für den Taxi-Unternehmer eine Rolle. Denn der Wagen ist nicht nur leise, er stößt auch dort, wo er fährt, keine Schadstoffe aus. Gute Noten gibt auch der ADAC dem Auto. Laut Bericht des Automobilclubs werden durch die Produktion des Stroms für das Fahrzeug umgerechnet 136 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer von den Kraftwerken ausgestoßen. Dieser Wert liegt weit unter den üblichen Werten in der Luxusklasse und ist gering, verglichen mit Autos der oberen Mittelklasse.

Etwa 500 Kilometer weit kann Salerno mit einer "Tankfüllung" fahren. Dann muss er das E-Auto an eine Steckdose hängen. Öffentliche Strom-Zapfsäulen sind mittlerweile gar nicht mehr selten, aber Salerno benötigt eine, mit der sozusagen ein Turboladen möglich ist. In 40 Minuten kann er dann auftanken. Wo es die Turbotankstellen gibt, das sagt ihm die Software seines Autos. Er tippt ein, nach Neapel fahren zu wollen. Sofort zeigt der Computer-Bildschirm, so groß wie ein Din-A-4-Blatt, die Turbo-Tankstellen auf dem Routenplaner. Die Abstände sind so dicht, dass Salerno gleich losfahren könnte, ohne sich Gedanken übers Tanken machen zu müssen. Denn die kalifornische Autofirma überzieht Europa gegenwärtig mit einem Netz von Stromtankstellen. Die Energie gibt es an den Zapfsäulen gratis.

Nach 32 Jahren am Steuer, so erzählt er, sei er des Berufs müde geworden. Doch das neue Auto habe diese Müdigkeit verscheucht. "Ich habe wieder Freude am Beruf", sagt Salerno. Das Auto hat ihn verändert, und nicht nur ihn. Acht Fahrer beschäftigt der Germeringer Taxi-Unternehmer. Einer der Angestellten wollte erst nicht mit dem neuen Wagen fahren. In wenigen Tagen habe ich es ihm beigebracht, erzählt der Chauffeur. Auch einer der Söhne hilft im Geschäft mit. Er möchte mit dem Tesla so viele Fahrten unternehmen wie möglich. Salerno erzählt von Kunden, die nur mit diesem Wagen chauffiert werden möchten. Die streichen während der Fahrt mit den Fingern über die Armaturen, erzählt er. Die neue Technik fasziniert sie. Und Salerno wird ihnen bestimmt die Fahrt über sämtliche Vorzüge des Autos aufzählen und die vielen Funktionen des Bordcomputers vorstellen.

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