Germering:Stromkabel löst Streit aus

Baustromkabel Germering

Corpus delicti: das in die Kritik geratene Baustromkabel an der Pestalozzistraße in Germering.

(Foto: Günther Reger)

Ein Germeringer verlangt, die Zuleitung zur Autobahnbaustelle zu beseitigen. Andere Anwohner fürchten nun, dass sich die Schallschutzmaßnahmen verzögern

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Schon zigmal gesehen. Die meisten Menschen stört ein dickes Stromkabel, womit eine Baustelle betrieben wird, vor ihrer Haustür nicht. Anders ist es bei Helmut Griebler in der Kerschensteinerstraße 141 in Germering. Er ist so empört über das Starkstromkabel, dass er einen Rechtsanwalt eingeschaltet hat, der mit einer Frist bis 5. September die Beseitigung der Anlage verlangt, ansonsten droht er mit Klage. Begründung: Es gab keinen Beschluss der Wohneigentümer und der Baustromkasten wurde in "erheblich gefährdender Art und Weise errichtet". Die österreichische Baufirma, die den Strom für den Neubau des nahen Autobahnabschnitts zwischen Germering und Gilching benötigt, sieht sich im Recht und bezeichnet Griebler als "Querulanten". Anwohner befürchten eine Verzögerung der Arbeiten.

Die Baufirma Hinteregger aus Salzburg besteht darauf, dass das Stromkabel "sach- und fachgerecht installiert wurde", wie Bauleiter Reinhard Bukowsky sagt. "Es ist von einem Elektrofachmann des Bauherrn abgenommen worden. Bauherr des hundert Millionen Euro teuren Bauabschnitts, der 2020 fertig sein soll, ist die Autobahndirektion Südbayern in Kempten. Die schickt bei jeder Baustelle einen Sicherheits- und Gefahrenkoordinator, den sogenannten "Sigeko", vorbei, der für Sicherheit sorgen soll. "Die Sicherheit ist gewährleistet", betont dann auch Olaf Weller, Dienststellenleiter der Autobahndirektion. Grundsätzlich müsse das die Baufirma aber selber regeln, man mache da keine Vorgaben. "Die Bayernwerke schalten den Strom auch erst auf, wenn alles in Ordnung ist", erläutert Bauleiter Bukowsky.

Hauptstreitpunkt ist auch die Verlegung des 400-Volt-Kabels. Das führt vom Stromkasten am Trafohäuschen, das mit Absperrgittern abgeschirmt ist, vor dem achtstöckigen Wohnhaus zur etwa 150 Meter entfernten Autobahn München-Lindau. Das armdicke gelbe Kabel wird zunächst per Rohrgestänge hoch über einen kleinen Parkplatz geführt, und gelangt dann niedrig in etwa 70 Zentimeter Höhe auf Holzständern zur Pestalozzistraße. Dort wird die Straße wieder hoch überquert, das Kabel an der Autobahnböschung an der Pestalozzistraße entlang geführt und schließlich zur Autobahnbaustelle heruntergeleitet.

Griebler, der seit 1976 dort wohnt und als Baufinanzierungsspezialist für eine Bank tätig ist, sind die etwa 30 Meter niedrig verlegtes Kabel ein Dorn im Auge. "Das Kabel läuft in Bauchhöhe, das ist ein Gefahrenpunkt für spielende Kinder", sagt er im Gespräch mit der SZ. Die zusätzliche Ummantelung des gelben Kabels mit einem schwarzen "Panzerschlauch" beruhigt Griebler keineswegs: "Das ist Pseudoplastik." Zunächst war das Stromkabel im April dieses Jahres bis zur Pestalozzistraße durch die Bäume verlegt, dann nach Intervention Grieblers bei der Baufirma über die niedrigen Holzpfosten geführt worden. Mit dieser Lösung ist der Anwohner jedoch nicht einverstanden, was ihn aber vor allem stört, ist die Tatsache, dass er übergangen wurde. "Das Stromkabel ist in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verlegt worden", kritisiert Griebler heftig.

Diese Kritik richtet sich gegen die Hausverwaltung, die der Errichtung des Stromkastens am Trafohäuschen und der Verlegung des Kabels ohne Beschluss der Eigentümer geduldet hätte. "Wir wollen, dass der Schallschutz an der Autobahn so schnell wie möglich errichtet wird, dafür haben wir jahrzehntelang gekämpft", sagt ein Mitglied des Beirats der Wohneigentümergemeinschaft, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, weil er dann eine persönliche Klage Grieblers gegen ihn fürchtet. Der Beirat vertritt die 138 Eigentümer der vier mehrstöckigen Wohnhäuser an der Kerschensteinerstraße. Werde die Baustelle mangels Strom vorübergehend eingestellt, verzögere sich der Bau der Autobahngalerie. Zusammen mit der Hausverwaltung plant der Beirat bis spätestens Anfang Oktober eine Eigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt "Zustimmung zur geführten Starkstromleitung". Griebler sicher: "Diese Zustimmung kriegen sie nie." Er kenne junge Familien, die das genauso sehen würden wie er: "Mir geht es um den Schutz der Kinder." Grieblers Dachauer Rechtsanwalt deutet in seinem Schreiben an die Baufirma aber auch an, dass sein Mandant zu einem Vergleich bereit ist. Griebler lässt das auch durchblicken: "Das Kabel muss in der gesamten Länge auf hohen Stahlbrücken verlegt werden."

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