Germering:Querverbindung zum Abitur

Abi

Das Fernziel der Förderklassen-Schüler: Nach der zwölften Klasse wollen sie das Zeugnis über die allgemeine Hochschulreife in Händen halten.

(Foto: Günther Reger)

Das Max-Born-Gymnasium in Germering bietet als einzige weiterführende Schule im Landkreis spezielle Einführungsklassen an. Dort werden Realschulabsolventen auf den Einstieg in die elfte Jahrgangsstufe vorbereitet

Von Gerhard Eisenkolb, Germering

Nicht jeder Gymnasiast ist dem Leistungsdruck und den Anforderungen gewachsen, weshalb eine zunehmende Zahl von Schülern vom Gymnasium auf die Realschule wechselt und danach das Abitur an einer Fachoberschule (FOS) macht. Aber auch ein Realschulabschluss kann zum Übertritt aufs Gymnasium befähigen. Dieser Weg steht solchen Schülern offen, deren Notenschnitt nicht schlechter ist, als dies für den Besuch der FOS vorgegeben ist. Zudem muss ein pädagogisches Gutachten seiner bisherigen Schule dem Realschulabsolventen die "uneingeschränkte Eignung" für das Gymnasium bestätigen.

Der Preis für den Wechsel ist hoch. Bevor sie am Gymnasium in eine normale elfte Klasse der Oberstufe aufgenommen werden, müssen die Realschulabsolventen erfolgreich eine Einführungsklasse absolvieren. Dort werden die ehemaligen Realschüler ein Jahr lang gezielt auf den Wechsel in die Oberstufe vorbereitet und vor allem in Mathematik, Deutsch und in Fremdsprachen werden Wissenslücken ausgeglichen. Nur wenn die Schüler in diesem Jahr das von Gymnasiasten geforderte Bildungsniveau erreichen und sie die Vorrückungsbestimmungen erfüllen, dürfen sie in die elfte Klasse aufrücken. Eine Wiederholungsmöglichkeit gibt es nicht. Die zehnte Klasse besuchen sie also zweimal, einmal an der Realschule und dann noch einmal in der Förderklasse.

Die einzige Schule im Landkreis, die seit fünf Jahren diesen Bildungsweg anbietet, ist das Max-Born-Gymnasium in Germering. Obwohl es sich bei dem Angebot um einen Sonderweg für besonders zielstrebige und motivierte Schüler handelt, ist die Nachfrage enorm. In Germering werden inzwischen in zwei Einführungsparallelklassen rund 40 ehemalige Realschüler auf den Wechsel in eine normale Oberstufenklasse vorbereitet. Das Stundenpensum ist beachtlich. Im ersten Halbjahr umfasst die Unterrichtszeit 35 Wochenstunden. Der Schwerpunkt liegt auf den Fächern, in denen die Gymnasiasten den Realschülern voraus sind. Das sind vor allem Mathematik und Fremdsprachen sowie Deutsch. Eingeführt hat die Förderklassen Oberstudiendirektor Robert Christoph, als er die Leitung des Germeringer Gymnasiums übernahm. Christoph spricht von einem Erfolgsmodell. Auf diesem Weg kommen inzwischen acht bis neun Prozent der insgesamt 1100 Schüler aufs Max-Born-Gymnasium. Vorher haben die Quereinsteiger nicht unbedingt eine Realschule absolviert. Die Förderklassen stehen auch Absolventen von Wirtschafts-, Montessori- und von M-Zügen der Hauptschulen offen. Wobei die Realschüler überwiegen. Und der Oberstudiendirektor betont, dass es sich bei den Absolventen der Förderklassen nicht um eine eigene Gruppe von Spezialschülern handele, sondern dass diese von der elften Klasse an voll integriert seien.

Kleine Unterschiede gibt es trotzdem. Darauf weisen solche Schüler hin, die die Förderklasse besucht haben. "Wir sind vielleicht ein bisschen erwachsener", sagt beispielsweise Sophie Gawnisky. Schließlich sei es ihre eigene Entscheidung gewesen und nicht die der Eltern, das Wagnis Gymnasium einzugehen . Und Tobias Prester ergänzt, er habe immer wieder gehört, "dass wir mehr Ansporn haben". Im ersten halben Jahr sei er richtig motiviert gewesen. Eine andere Schülerin meint, sie könnten besser mit Druck und Stress umgehen. Da alle über Prüfungserfahrungen verfügen, wisse man bereits, was einen am Gymnasium erwarte. Und alle beteuern, es sei eine Bereicherung, diesen Schritt getan zu haben. Schließlich lerne man in der Oberstufe viel mehr als an einer Realschule.

Von solchen Vergleichen unterschiedlicher Schulen hält Oberstudiendirektor Christoph nicht viel. Er verweist darauf, dass es zwar einen eigenen gymnasialen Bildungsansatz gebe, man aber die Schularten nicht gegeneinander ausspielen solle. Schließlich sei der Erfolg der Quereinsteiger auch ein Indiz dafür, dass die Realschule eine entsprechende Vorarbeit leistet, auf der man gut aufbauen könne. Die mittlere Reife sei ein "ehrenwerter Abschluss", keine Durchgangsstation. Unter Berufung auf seine Kollegen, die in den Förderklassen und in der Oberstufe unterrichten, bestätigt Christoph, dass die ehemaligen Realschüler "motivierter" seien als Schüler, die von der vierten Klasse aufs Gymnasium wechseln. Die Begründung liefert der Oberstudiendirektor gleich mit: Da sie sich freiwillig fürs Gymnasium entschieden hätten, würden die Schüler diesen Weg "sehr bewusst gehen". Weshalb Christoph wegen der anderen Erfahrungshintergründe der Wechsler von einer Bereicherung für seine Schule spricht.

Die ehemaligen Realschüler geraten fast ins Schwärmen, wenn sie über ihre ehemalige Schule sprechen. An der Realschule hätte sie die "Freude am Lernen gelernt", berichtet eine der Ehemaligen. Dadurch sei das Interesse geweckt worden, mehr zu erfahren. Berenice Boutin ergänzt, "die Realschule war stressfrei". Deshalb habe sie sich den Spaß am Lernen erhalten. In der fünften und sechsten Klasse habe sie sich noch überhaupt nicht für die Schule interessiert, ergänzt Berenice. Das habe sich erst mit der Zeit entwickelt. Deshalb sei es für sie richtig gewesen, zuerst auf die Realschule und erst danach aufs Gymnasium zu gehen. Alle ehemaligen Real- oder Montessorischüler, die im Beisein des Schulleiters über ihre Erfahrungen berichten, finden es übrigens richtig, nicht sofort nach der vierten Klasse der Grundschule aufs Gymnasium gegangen zu sein. Schließlich ging es an der Realschule gemütlicher zu, es gab keinen Nachmittagsunterricht und vor allem weniger Stress und mehr Freizeit. Trotz aller positiven Erfahrungen will der Oberstudiendirektor den Übertritt nach der zehnten Klasse jedoch nicht zur Regel machen. Obwohl es gute Argumente dafür gebe, das zu tun, lasse sich diese Querverbindung nicht beliebig ausweiten. Mit 40 bis 50 Schülern in zwei Förderklassen am Max-Born-Gymnasium sei eine gewisse Grenze erreicht.

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