Germering:Jeden Monat fünf neue Kleidungsstücke

Germering: Der schöne Schein täuscht. Wie Verena Schmitt berichtet, ist nicht alles, was Modebewusste einkaufen, ökonomisch und ökologisch vertretbar.

Der schöne Schein täuscht. Wie Verena Schmitt berichtet, ist nicht alles, was Modebewusste einkaufen, ökonomisch und ökologisch vertretbar.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Vor allem deutsche Konsumenten heizen die weltweite Nachfrage an. Die Folgen beschäftigen die Germeringer Grünen

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Diese Erkenntnis überrascht nicht, ist aber trotzdem immer wieder niederschmetternd. Die Ökobilanz eines einzigen konventionell hergestellten T-Shirts ist katastrophal. Verena Schmitt, Mitarbeiterin des Umweltinstituts München, hat dies bei einer Veranstaltung der Grünen zum Thema "Schmutzige Wäsche - die wahren Kosten unserer Kleidung" in der Germeringer Stadthalle noch einmal eindrucksvoll erläutert. 3000 Liter Wasser, 150 Gramm Pestizide und 700 Gramm Chemikalien und Farbstoffe sind für ein einziges T-Shirt nötig, das 300 Gramm Baumwolle erfordert. "Dazu kommt noch ein Transportweg des Kleidungsstücks von durchschnittlich 15 000 Kilometern", wie Schmitt den verblüfften 30 Besuchern während der aufschlussreichen Veranstaltung offenbarte.

In einem T-Shirt steckt noch die Ausbeutung von Menschen und jede Menge Kinderarbeit. "Die Lohnkosten eines 10-Euro-T-Shirts machen zehn Cent aus", erklärte Schmitt. Die Arbeiterinnen in Bangladesch erhielten im Monat lediglich 30 bis 60 Euro. Sie werden mit einem Hungerlohn abgespeist, für den sie an sechs Wochentagen 15 Stunden arbeiten müssen. Insbesondere deutsche Konsumenten heizen den weltweiten Kleidungsmarkt an. Kauft er laut einer Studie von Greenpeace doch durchschnittlich fünf Kleidungsstücke pro Monat. Damit habe sich der Kleidungskonsum hierzulande in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt.

Schmitt ernüchterndes Fazit: "Nur die Kleidung, die am längsten getragen wird, hat am Ende die beste Ökobilanz." Die Geografin zeigte Alternativen zur herkömmlichen umweltschädlichen T-Shirt-Herstellung auf. "Ist ein ökologisch und fair hergestelltes T-Shirt möglich?", fragte sie. Die Antwort war ernüchternd. Es werde viel Schindluder mit angeblichen Bio-Siegeln bei Kleidung getrieben. "Für Bio-T-Shirts oder Bio-Schuhe gibt es noch kein geschütztes Siegel", so die Referentin. T-Shirt-Käufern empfahl sie auf das Etikett "Global Organic Textile Standard" zu achten. Darauf steht, aus wie viel Baumwolle das T-Shirt besteht. Den Anteil fair hergestellter T-Shirts bezifferte Schmitt weltweit mit weniger als einem Prozent.

Schmitt erläuterte auch, welche Fasern oder Stoffe bei der Kleiderherstellung am sinnvollsten sind, bei welchen möglichst wenig Wasser und Pestizide eingesetzt werden und der Transportweg kurz ist. Organischer Flachs oder organischer Hanf als "genügsame Pflanzen" schnitten viel besser ab als die anspruchsvolle Pflanze Baumwolle, die viel Pflege benötige. Schaf-Wolle reihte Schmitt unter ökologischen Aspekten in die schlechteste Kategorie ein, weil dafür viel Weidefläche und Futter erforderlich sind. Der außerordentlich große Konsum von Kleidung führt zu einem riesigen Altkleidermarkt. "Das läuft häufig auch sehr undurchsichtig ab, weil es auch ein großes Geschäft ist", so Schmitt. Deutsche Altkleider, die von Händlern in großen Ballen nach Afrika geschifft werden, sind dort wegen ihrer Qualität besonders geschätzt. "Sie machen dort jedoch den heimischen Texteilmarkt kaputt", bekräftigte ein Diskutant. Auch die Organisation "Aufrechter Gang" sei ein passender Abnehmer.

In Germering sollten Kleider der Kleidersammlung der "Aktion Hoffnung" zugute kommen, so die Meinung mehrerer Diskutanten. Die Aufstellung dieser Container hatte der Stadtrat beschlossen, weil diese Organisation über das Siegel "Fairverwertung" verfügt, die Kleider nicht kommerziell vermarktet werden und der Gewinn sozialen Projekten zugute kommt. Schmitt gab zudem die Empfehlung, lieber weniger, dafür hochwertigere Kleidung zu kaufen, die man möglichst im Secondhand-Laden erstehen sollte. Am besten wäre es, kaputte Kleidung zu reparieren, statt sie wegzuwerfen. Auch beim Waschen und Trocknen sollte jeder Konsument auf die Ökobilanz achten. Im Sinne der Klima-Rettung sollten zum Beispiel T-Shirts nur kalt gewaschen und auf der Leine getrocknet werden.

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