Germering:Im Sog des Virtuellen

Umgang mit digitalen Medien

Ein Thema, das viel diskutiert wird: Jürgen Eberle (Zweiter von links) skizziert im Germeringer Pfarrsaal Grundzüge der Mediensucht.

(Foto: Günther Reger)

Medienexperte klärt in Germering über Internetsucht auf

Von Johanna Pfaffenzeller, Germering

Smartphones, Tablets und Laptops sind ständige Begleiter in fast jedermanns Alltag geworden. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, die mit den neuesten technischen Errungenschaften aufgewachsen sind, nutzen das Angebot ausgiebig. Jedoch kann sich der ständige Konsum auch zur Sucht entwickeln. Mit diesem Thema beschäftigt sich der Erziehungswissenschaftler Jürgen Eberle. Neben seiner Beratungspraxis für Mediensucht hält der 47-Jährige auch Vorträge dazu. Er war auch Gastredner der ökumenischen Beratungsstelle in Germering. Die Mitglieder des Elterntelefons hatten diesen Vortrag organisiert, um interessierte und besorgte Eltern über das Thema aufzuklären.

Ganz zu Anfang erklärt Eberle, dass er kein Technikgegner sei, denn ohne käme man ja gar nicht mehr aus. "Wir haben machtvolle Medien und jetzt ist die Frage, was wir damit machen", sagt der Wissenschaftler. Danach erläutert er, dass man in Hinblick auf die Sucht hauptsächlich zwischen "Gamern", die vorwiegend männliche Jugendliche sind, und den restlichen Internetnutzern unterscheidet. Zu denen gehören alle anderen, von Chatusern über Youtube-Surfer bis hin zu Hackern.

Besonders interessant war die Darstellung der Gründe von Mediensucht. Das alles habe nur mit dem Bedürfnis zu tun, sich selbst zu belohnen, erklärt der Giesinger. Wenn man also in einem Computerspiel einen neuen Level erreicht, setzt das Belohnungszentrum im Gehirn ein. Das Problem dabei ist aber, dass laut Statistiken die Interaktion mit anderen Menschen sinke je mehr man Medien nutze. Jeder kenne ja wohl das standardmäßige Bild in der U-Bahn, wenn alle nur noch auf ihr Handy blickten, so Eberle.

Kritisch werde es, wenn physische oder psychische Schäden sichtbar werden. Plötzliche Aggression, stark absinkende Leistung in der Schule und soziale Isolation seien deutliche Zeichen zur Besorgnis. Der Erziehungswissenschaftler bemerkt, dass die betroffenen Personen im Extremfall sogar in die Psychiatrie eingeliefert werden müssten. Das habe er in seinem Umfeld selbst auch schon erlebt.

Um diesem Szenario vorzubeugen, können Eltern Alternativen zur Mediennutzung vorschlagen. Oft, so Eberle, wüssten die Kinder gar nicht, was sie denn sonst noch unternehmen könnten. Außerdem sollten Erziehungsberechtigte noch die Kontrolle über die Geräter der Kinder haben, sodass sie deren Konsumzeit begrenzen können. Eberle spricht auch von der sogenannten "quality time". Eltern sollten sich Zeit nehmen und den Kindern zuhören. Dadurch gebe man ihnen ein positives Gefühl und unterstütze sie. Außerdem brauchten sie immer eine Möglichkeit, um über sich hinaus zu wachsen, sodass das Belohnungszentrum auch in der Realität arbeite, nicht nur in der virtuellen Welt. Letztendlich komme es dann doch einfach auf die richtige Mischung aller Aktivitäten an, lautete der abschließende Rat des Medienexperten.

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