Germering:Hartnäckige Klägerin

Bereits zum zweiten Mal wehrt sich eine Germeringerin vor dem Verwaltungsgericht gegen die Auskunftspflicht beim Mikrozensus. Sie unterliegt zwar, aber den Fragebogen muss sie nicht mehr ausfüllen

Von Ariane Lindenbach, Germering

Die Volkszählung hat die Bürger in den Achtzigerjahren in Massen protestieren lassen. Heute, im Zeitalter von Facebook und Co., ist die jüngste staatliche Befragung von Haushalten praktisch ohne Kritik vonstatten gegangen. Eine Frau aus Germering jedoch hat keine Lust, die jährliche Befragung durch den Mikrozensus, den kleinen Bruder der Volkszählung, vier Mal über sich ergehen zu lassen. Deshalb hat sie nun bereits zum zweiten Mal gegen die Erteilung von Auskünften vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Ihr Rechtsanwalt erklärte zwar am Ende die Sache für erledigt, was einer Klagerücknahme gleichkommt. Seine Mandantin hat damit dennoch ihr Ziel zumindest teilweise erreicht: Sie muss weder die vom Landesamt für Statistik angedrohten 250 Euro Zwangsgeld bezahlen noch nachträglich den Erhebungsbogen ausfüllen.

Bereits 2013 sollte die ehemalige Buchhalterin am Mikrozensus teilnehmen. Dieser ist wie die Volkszählung eine staatliche Befragung eines Teils der Haushalte in Deutschland. Der Staat erhofft sich dadurch, belastbare Zahlen für die Planung beispielsweise von Wohnraum zu bekommen. Der Germeringerin leuchtet diese Begründung jedoch nicht ein. Sie will überhaupt keine Fragebögen beantworten. Deshalb füllte sie weder den Mikrozensus für 2013 noch für 2014 aus. Das Landesamt für Statistik verhängte jedes Mal 250 Euro Zwangsgeld. Gegen diesen Bescheid klagte die Germeringerin. Sie wolle damit eine Befreiung von der Auskunftspflicht erreichen, legte sie am Mittwochvormittag vor der siebten Kammer des Verwaltungsgerichts München dar.

Die Vorsitzende Richterin machte der Germeringerin von Anfang an klar, dass sie mit der Klage kaum Chancen haben werde. "Es gibt eine ständige Rechtsprechung vom VGH (Verwaltungsgerichtshof, Anm. d. Red.). Also die Erfolgsaussichten dürften äußerst gering sein." Und der Rechtsanwalt der Germeringerin fühlte sich offenbar genötigt, sich angesichts der Aussichtslosigkeit die Klage zu rechtfertigen. "Man kann auch von der Moral eines Anwalts reden, ob er die Klägerin überhaupt vertritt", seine Mandantin sei aber wild entschlossen auch bis zur höchsten Instanz zu kämpfen. Da wolle er ihr beistehen, argumentierte der Jurist. Worauf die Vorsitzende Gertraud Beck erneut auf die Entscheidung des VGH als höchster verwaltungsgerichtlicher Instanz in Deutschland verwies. Da man beim Mikrozensus, wenn man einmal ausgewählt sei, vier Jahre in Folge Fragebögen ausfüllen müsse und die Klägerin heuer zum zweiten Mal klage, sei in den Jahren 2015 und 2016 mit weiteren Klagen zu rechnen. "Vielleicht überlegt sich die Klägerin, wie sie das in den nächsten Jahren geschickt macht", regte die Vorsitzende an.

Startschuss für Volkszählung

Im Zuge der Volksbefragung 2011 ist auch der Mikrozensus wieder ins Bewusstsein gelangt. Eine Germeringerin klagte nun gegen die Auskunftspflicht.

(Foto: dpa)

Die Klägerin schien diesen Dialog der Juristen und somit auch die Aussichtslosigkeit ihrer Klage nicht so ganz zu verstehen. "Warum ist das so, warum besteht da Auskunftspflicht", wollte sie wissen. "Wenn das jeder sagt. Das ist wie bei den Dominosteinen: Wenn einer umfällt, fallen alle um", erwiderte die Vorsitzende und verwies darauf, dass das Mikrozensusgesetz von demokratisch gewählten Volksvertretern erlassen wurde. Da sie nun einmal in einer Demokratie lebe, müsse sie sich dem Willen der Mehrheit beugen, auch wenn sie selbst anderer Meinung sei. In der Art drehte sich das Gespräch noch eine Weile im Kreis, bevor der Rechtsanwalt die Hauptsache für erledigt erklärte.

Beim ersten Prozess vor einem Jahr habe er die Klage zurückgenommen, doch im Prinzip sei das Ergebnis das gleiche: Seine Mandantin muss die Kosten für ihren Rechtsanwalt und das Verfahren bezahlen. Dafür muss sie weder die Fragebögen ausfüllen noch das Zwangsgeld bezahlen. Der Jurist begründete das damit, dass der Mikrozensus 2014 bereits gelaufen sei.

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