Germering:Handwerk ist kaum gefragt

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Angetan: CSG-Schulleiter Georg Gebhard findet die frühe Beschäftigung mit dem Berufswunsch wichtig. (Foto: Günther Reger)

91 Arbeitgeber stellen am Germeringer Berufsinformationstag aus. Schulleiter lobt frühe Konfrontation mit der Arbeitswelt

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Auch der Münchner Flughafen war diesmal mit einem Stand beim zweiten Berufsinformationstag der Germeringer Schulen vertreten. Etwa 1500 Schüler - einige Klassen wurden von ihren Lehrern aus zwangsverpflichtet - schoben sich drei Stunden lang durch das Foyer des Carl-Spitzweg-Gymnasiums (CSG) und die Turnhalle der benachbarten Realschule. Auch bei den 36 Vorträgen der Firmen und Bildungseinrichtungen waren die Räume gut gefüllt. Schülertrauben bildeten sich vor allem vor den Ständen der Polizei und beim Discounter Aldi. Dagegen hatten die wenigen regionalen Handwerksbetriebe unter den 91 Ausstellern Mühe Interessenten für ihre Berufe zu finden.

"Es kommen nur wenige an unseren Stand", sagt Dachdeckermeister Florian Gerum, der am Dachdeckerinnungsstand von München und Oberbayern steht. In der Innung sind mehr als 150 Betriebe organisiert. "Natürlich haben wir ein Imageproblem", räumt Gerum ein. In einer Zeit, in der die Gesellschaft vorlebe, nicht mehr so hart zu arbeiten, ist der alte Handwerksberuf ziemlich out. Dabei sei die schwere Arbeit mit Maschinenhilfe sicherlich einfacher geworden. Gerum erklärt: "Es ist eine erträglich schwere Arbeit, die man auch noch mit 60 Jahren machen kann." Er selbst hat im September in seinem Betrieb in Mammendorf zwei Auszubildende eingestellt. Doch viele Stellen in München und Oberbayern sind nicht besetzt worden. "Häufig kommen aber auch nicht die Richtigen", so der Dachdeckermeister. Der Qualifizierte Mittelschulabschluss sollte es schon sein. Ohne Quali müssten die Bewerber zuvor ein Betriebspraktikum bei ihm absolvieren.

Der Germeringer Heizungs- und Sanitärmeisterbetrieb Matusan bemüht sich mit praktischen Demonstrationen, etwa mit Aufhanfen eines Gewindes, um den Nachwuchs zu werben, der Anlagentechniker lernen könnte. Auch am Stand von Naturfrisörin Angelika Woll aus München ist wenig los. Sie lockt mit einem Plakat, das einen Verdienst von 3100 Euro verspricht. Wenige Meter weiter sieht es ganz anders aus. An den Ständen von Bundespolizei, Zoll oder Polizei können die dortigen Mitarbeiter die Nachfrage der Schüler kaum bewältigen. "Ich interessiere mich für die Küstenwache", sagt ein Schüler der 9. Klasse der Kerschensteiner-Mittelschule. Er besucht dort den M-Zweig und würde die Anforderungen der Bundespolizei, nämlich den Realschul- oder M-Zwei-Abschluss erfüllen. Nicole Rath, die die 10. Klasse am CSG besucht, informierte sich am Stand des Flughafens München über den Bereich Luftfahrtsmanagement. Ihre Klassenkameradin Kathrin Freiwald fand die Berufe beim Deutschen Luft- und Raumfahrtszentrum (DLR) in Oberpfaffenhofen sehr interessant.

CSG-Schulleiter Georg Gebhard findet die frühe Konfrontation der Schüler mit der Arbeitswelt genau richtig. "Viele wissen doch bis zum Abitur nicht, was sie machen sollen", sagt Gebhard. "Die müssen rechtzeitig raus aus dem Elfenbeinturm." Er lobt die Elternbeiräte von der Realschule und des CSG, die den Schülern diese Informationschance bieten. Der Andrang ist bei der zweiten Auflage der Veranstaltung noch größer geworden. Große Firmen wie BMW oder Siemens sind wieder da. Genauso wie das Chemieunternehmen Wacker aus Burghausen. Fast alle großen Firmen bieten ein duales Studium an, auch die Germeringer "Docuware" oder Aldi, das Abiturienten beim dualen Studium mit einem Salär von 1400 Euro lockt. "Mit Abitur steht dir bei uns die Welt offen", sagt dann auch Aldi-Mitarbeiterin Carolin Weißer zu einer jungen Interessentin am Stand. Dagmar Pfann, die Elternbeiratsvorsitzende der Realschule, freut sich über die Resonanz bei Schülern und den Ausstellern. Alle 91 Stände seien besetzt. Kaum eine renommierte Firma sei nicht da. 20 bis 50 Euro Standgeld würden die Kosten decken und etwas bleibe noch für die beiden Schulen übrig. "Das ist fantastisch", jubelt Pfann, die von 45 Helferinnen unterstützt wird.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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