Germering:Gefrorene Seifenblasen und fremde Orte

Fotoclub Germering

Heinrich Schwienbacher und seine Vereinskollegin Ulrike Steigerwald vor dem von ihr aufgenommenen Bild "Gefrierende Seifenblasen", das in der Germeringer Stadtbibliothek ausgestellt ist.

(Foto: Günther Reger)

23 Mitglieder des Germeringer Fotoclubs stellen mit ihrer Jahresausstellung unter dem Titel "Unsere Favoriten" die Lust am Entdecken in den Vordergrund. Auch das mit 16 Jahren jüngste Mitglied Laetitia Hackl ist mit Reisefotos vertreten

Von Julia Bergmann, Germering

Was die gezeigten Motive in der Jahresausstellung des Germeringer Fotoclubs verbindet, ist die Lust am Entdecken. "Unsere Favoriten" so ist der Titel der Schau, die noch bis zum 28. Oktober in der Stadtbibliothek zu sehen ist. So unterschiedlich die Motive der 58 Exponate von 23 Fotografen auch sind, so erzählen sie doch alle von den Streifzügen ihrer Erschaffer, von den Schätzen, die sie unterwegs gefunden haben.

Die Auswahl der Exponate erfolgte, wie der Vorsitzende Heinrich Schwienbacher erklärt, per Abstimmung. Jeder der Fotografen habe einige seiner Lieblingsmotive mitgebracht, die restlichen Mitglieder haben votiert, bis zwei Favoriten übrig waren. "Die endgültige Entscheidung lag aber bei den Fotografen", erklärt die stellvertretende Vorsitzende Ulrike Steigerwald. So hätten es am Ende vielleicht nicht immer die technisch perfekten oder besten Fotos in die Ausstellung geschafft, dafür aber jene, die den Fotografen am meisten am Herzen liegen. Das ist es auch, was die Ausstellung am Ende, wenn auch qualitativ auf unterschiedlichem Niveau, sehr persönlich macht. Die gezeigten Arbeiten bieten teils einen intimen Einblick in die Lebenswelt ihrer Erschaffer.

So ist das auch bei Steigerwald, die sich für ihre Arbeiten ein eigenwilliges Motiv ausgesucht hat: halb gefrorene Seifenblasen. Diese waren eine Art Zufallsentdeckung, als ihre Enkelkinder im Winter ihren Seifenblasenvorrat aufgespürt und sofort im Garten in die Luft gepustet hatten. "Die Seifenblasen sind im Gras liegen geblieben und gefroren", sagt sie. Auf den fragilen Schaumbläschen bildeten sich Eisblumen. "Es entwickelte sich so etwas wie eine Seifenblasen-Eisblumen-Sucht", sagt sie über ihre Arbeiten. "Es ist eine richtige Leidenschaft geworden."

Die Leidenschaften vieler anderer Klubmitglieder scheint hingegen im Reisen zu liegen. Eine von Heinrich Schwienbachers Aufnahmen zeigt etwa ein verwittertes, schiefes Steinhäuschen im Piemont. Die Arbeit mit dem Titel "Verlassen" ist in einer Gegend entstanden, die ihren Bewohnern keinen üppigen Lebensstil erlaubt hat. Eine Gegend, aus der nach und nach immer mehr Menschen weggezogen sind, um an anderen Orten ihr Glück zu finden. Und so strahlt die Aufnahme trotz ihrer satten Farben, trotz des üppigen Grüns, das das Gebäude umschließt, Melancholie aus.

Elisabeth Dosch ist mit mehr als 80 Jahren das wohl älteste Mitglied des Fotoklubs. Eines ihrer Bilder trägt den Titel "Familienidylle im Busch" und wurde in Afrika aufgenommen. Alfred Wickel zeigt brillante Landschaftsaufnahmen aus Schottland und der Mongolei, Uri Lustig Fotos aus Island und Oberbayern. Dass nicht nur Reisen ins Ausland reizvolle Motive bereit halten, stellt auch Georg Müller unter Beweis. Sowohl mit seiner stimmungsvollen Aufnahme der Münchner U-Bahnhofs Westfriedhof als auch mit dem Weißbrusttukan, den er in einem Vogelpark in Walsrode abgelichtet hat. Auch das jüngste Mitglied Laetitia Hackl hat eine ihrer Arbeiten auf Reisen aufgenommen, es zeigt einen prachtvollen und farbenfrohen indischen Tempel und erzählt, wie sie selbst beschreibt, von einer der spannendsten Reisen ihres Lebens.

"Wir haben extra die Satzung geändert, damit wir sie aufnehmen können", sagt Steigerwald. Denn mit 16 Jahren wäre sie für die Aufnahme eigentlich zwei Jahre zu jung gewesen. Der Klub solle aber so vielen Fotografen wie möglich offenstehen. Einziges Ausschlusskriterium: "Wenn jemand sagen würde, meine Bilder sind perfekt, ich muss nichts an meinen Arbeiten ändern". Die Offenheit für Kritik und der Wille, Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln, steht für die Germeringer im Vordergrund. Deswegen legt man bei den Klubabenden auch großen Wert auf Bildbesprechungen.

Einer, der gerne Neues ausprobiert, ist Günter Kayser. Er ist mit 80 Jahren das zweitälteste Mitglied des Vereins. "Er experimentiert am meisten", sagt Steigerwald. Auch mit Bildbearbeitung und Verfremdungseffekten. Als Kayser das bestätigt, greift Schwienbacher zum Gästebuch der ersten Jahresausstellung und lacht. Denn darin hatte ein Besucher die mit der Digitalisierung der Fotografie zunehmenden Möglichkeiten der technischen Nachbearbeitung kritisiert. Er hatte den Verein gebeten, die klassische Fotografie hochzuhalten. "Eine sehr konservative Ansicht", meint Kayser. Die Fotografie biete heute so viel mehr Möglichkeiten als nur "Grundaufnahmen" zu machen, sagt der Mann, der schon im frühen Jugendalter begonnen hat zu fotografieren. Wieso also nicht experimentieren?

Eine andere Art von Spannung erzeugen die Aufnahmen von Berthold Mader, der verlassene Orte fotografiert. Etwa eine aufgegebene und völlig verfallene Tuberkuloseklinik im Harz. Mader zeigt Motive, die eine eigentümliche, fast verstörende Atmosphäre erzeugen. Einen völlig konträren Eindruck hingegen schafft Klaus-Jürgen Voss, etwa mit dem Exponat "Endlich Feierabend". Es zeigt die fleckigen, rauen Hände einer Marokkanerin, die ihre Hände nach einem langen Arbeitstag ineinander gefaltet und im Schoß abgelegt hat. Es ist ein Motiv, das auf ganz subtile Art Ruhe ausstrahlt. Dem Germeringer Fotoclub ist mit seiner Jahresausstellung somit eine kleine und abwechslungsreiche Ausstellung gelungen, die vom breiten Spektrum ihrer Mitglieder zeugt.

"Unsere Favoriten", Germeringer Fotoclub, bis 28. Oktober in der Stadtbibliothek Germering

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