Germering:Gedichte und Kabab

Im Rahmen der interkulturellen Woche kommt es im Roßstalltheater zur literarischen wie kulinarischen Begegnung mit unterschiedlichen Kulturen

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Wenn es überhaupt Unterschiede gibt unter den Menschen auf diesem Globus, werden sie spätestens dann aufgehoben, wenn Kinder die Hauptrolle spielen. Geradezu berührend ist der Auftritt von 20 Kindern mit ihren Müttern auf der Bühne des Roßstalltheaters im Rahmen der interkulturellen Woche in Germering. Der Verein Mukule (Multikulturelles Leben und Lernen), der Arbeitskreis Asyl und der Helferkreis Germering hatten zu einem Nachmittag der kulturellen Vielfalt eingeladen. Die vielen kleinen Kinder im Kindergartenalter oder jünger aus diversen Nationen strecken beim marokkanischen Kinderlied "A Ram Sam Sam" immer wieder die Arme in die Höhe und sangen den Refrain nach Leibeskräften mit.

Der rappelvolle Theatersaal applaudierte den Akteuren kräftig. Silke Kögler, Geschäftsführerin von Mukule, hatte ihre Deutschklassen mobilisiert. Das gelang ganz prächtig. Viele Bewohner der Germeringer Flüchtlingsunterkünfte hatten Kostproben ihres landestypischen Essens mitgebracht, so dass die große Menge an Speisen auf den Tischen kaum Platz fand. So gab es Empanadas aus Peru, afghanische Kabab-Röllchen oder afrikanisches Mandazi. Auch syrische und irakische Flüchtlinge steuerten Köstlichkeiten zum Büffet bei. Doch nicht nur gegessen wurde an diesem Sonntagnachmittag. "Es sollte ein Nachmittag der Kleinkunst sein", so Kögler. Kinder malten Bilder und machten Collagen unter Leitung von Christine Friebe.

Auf der Bühne folgte nach der Trommelgruppe "Sambavaria" Auftritt an Auftritt, moderiert von Manuel Leupold, dem Mitarbeiter für Integration bei der Stadt. Eindrucksvoll war der Gedichtpart im Programm. Der begann mit Ilse Eich. Die Germeringerin verfasst seit 1985 Gedichte in Deutsch und Englisch, wie sie erzählte. Sieben Jahre hat sie in den USA verbracht. "Ich weiß, wie es ist, in einem fremden Land zu leben", sagte Eich und machte den Flüchtlingen und Asylbewerbern Mut. "Stets nach vorn sollt blicken, denn das Leben gilt nur heute", lautete ihr zentraler Vers. Es schlossen sich sechs Gedichte von Menschen aus sechs verschiedenen Ländern in der Muttersprache an, deren Sinn ins Deutsche übersetzt wurde.

Die Gedichtsinterpreten, wie Areeba aus Pakistan begrüßten die Anwesenden zumeist mit einem kräftigen "Grüß Gott" "Die Menschen sind gleich in der Schöpfung", trug Fahima Hamidzada ein persisches Gedicht vor. SPD-Stadträtin und gebürtige Iranerin Fereschteh Erschadi-Zimermann kannte das Gedicht offenbar auswendig und sprach es mit. Es folgten Gedichte von Viktoria aus Bulgarien und einer Mutter mit ihren zwei kleinen Kindern aus dem Kosovo. "Unsere Sprache wie gut, wie süß, wie einfach, wie frei, wie schön, wie wertvoll", übersetzte sie das Albanisch.

Eine Frau aus Weißrussland trug eine Passage aus einem Buch über das Reaktorunglück in Tschernobyl vor. Kinder wurden damals auf den Arm genommen, um ihnen das brennende Atomkraftwerk zu zeigen, nicht ahnend, wie gefährlich das Unglück war. "Wir wussten nicht, dass der Tod so schön sein kann", heißt es im Buch der weißrussischen Literatur-Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. "Wir haben die Leuten in die Programmplanung miteingebunden", erklärte Leupold den Erfolg der Veranstaltung. Zu Ende ging der Nachmittag mit dem Eugen aus Weißrussland. Er hat bei Mukule Deutschkurse absolviert und studiert jetzt Musik. Im Roßstall sang er Lieder - über die Liebe.

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