Germering:Fräsen statt flicken

Die Parteifreien wollen in Germering künftig mit Straßenschäden anders umgehen. Vorbild ist eine mittelfränkische Gemeinde.

Petra Fröschl

Als Karin Sepp vor einiger Zeit einen Fernsehauftritt von Jürgen Spahl sah, wurde sie hellhörig. Der Bürgermeister berichtete in der SWR-Reihe "Menschen der Woche" davon, wie er seine kleine mittelfränkische Gemeinde Rednitzhembach in acht Jahren schuldenfrei bekam. Einer von mehreren Schritten war, beim Erhalt der Gemeindestraßen neue Wege zu gehen. Die parteifreie Germeringer Stadträtin machte sich Notizen und rief bei Spahl an, um Genaueres zu erfahren. Dann wurde sie im Rathaus vorstellig - schließlich gibt auch Germering heuer 250 000 Euro für die Behebung von Straßenschäden aus.

"Als ich vor 15 Jahren Bürgermeister wurde", erzählt Spahl im Gespräch mit der SZ, "betrug die Pro-Kopf-Verschuldung 800 Euro." Der heute 52-Jährige machte sich also Gedanken darüber, wie er dem Problem in seiner 7000-Einwohner-Gemeinde Herr werden könne. Als ersten Schritt wandelte Spahl die Gemeindewerke in eine GmbH um, dann kam die Sache mit den Gemeindestraßen: Statt Spannungsrisse oder Schlaglöcher wie bisher kleinflächig zu flicken, entschied man sich, die Straßen künftig schon dann großflächig zu sanieren, wenn erste Risse auftauchen.

Seit elf Jahren wird das so gemacht, und zwar "sehr konsequent", wie der parteilose Bürgermeister sagt. Der Erfolg gibt ihm offenbar Recht. Etwa 13 Kilometer Straßen wurden bislang saniert, "und wir haben noch kein einziges Schlagloch", betont Spahl.

Weder Methode noch Material sind dabei neu: Laut Spahl hat man sich schlicht am Vorgehen für Staatsstraßen orientiert, wo oft die Deckschichten großflächig abgefräst und dann neu asphaltiert werden - anders als bei Gemeindestraßen: "Da werden die Löcher geflickt, oder eben auch nicht." Werde nichts unternommen, würden die Schäden immer größer, irgendwann dringe Wasser in den Untergrund. Eine komplette Straße dann zu erneuern, sei sehr teuer - auch für die Anlieger. Denn die Kosten würden meist zu 70 Prozent auf sie umgelegt, erklärt Spahl.

Der Rednitzhembacher Weg sei für sie hingegen kostenfrei. Zudem spare sich die Gemeinde viel bürokratischen Aufwand - und Zeit: Während der Neubau einer Straße drei bis sechs Monate dauere, sei man mit Abfräsen und Asphaltieren in einer Woche durch, so der Bürgermeister. Allein heuer stehen 1,2 Kilometer Straße und 800 Meter Gehsteig an - 160 000 Euro brutto werde das die Gemeinde kosten. Wären es Neubauten, müssten allein die Anlieger eine Million Euro zahlen, rechnet Spahl vor.

Dass die sanierten Straßen in Rednitzhembach nicht mehr nach Bauklasse VI, sondern nur noch nach Klasse IV gebaut werden, also weniger belastbar sind, nimmt Spahl da gerne in Kauf. "Der Schwerlastverkehr wird oft ohnehin zu hoch angesetzt", meint er. Auch dass die Straßen im Vergleich zu Kompletterneuerungen keine 30 Jahre mehr, sondern vielleicht nur noch halb so lange halten, stört ihn nicht. Denn oft müssten sie ohnehin vorzeitig aufgerissen werden, wenn etwa Kabel oder Rohre neu verlegt werden.

Freilich konnte Spahl nicht immer mit dieser Überzeugung sprechen. "Am Anfang war es ein Risiko. Wir hatten keine Erfahrungswerte, es hätte auch schief gehen können", gesteht er. Inzwischen ist das anders: Der Bürgermeister bekommt immer wieder Anfragen von Kollegen. Warum steigen dann nicht alle Kommunen auf diese Methode um? "Ingenieurbüros raten in der Regel davon ab, weil sie dann weniger verdienen", meint Spahl trocken. "Und wer unsicher ist, lässt sich eben leicht beeinflussen."

Dass der Straßenunterhalt auch in Germering viel Geld verschlingt, wurde kürzlich wieder im Planungsausschuss deutlich: Nach dem letzten Winter gibt es massive Schäden, 250 000 Euro sind in diesem Jahr für deren Behebung im Haushalt eingeplant. Gleichwohl warnt Stadtbaumeister Ronald Hirschfeld vor Experimenten. Er hält nichts davon, "pauschal" großflächig abzufräsen und neu zu asphaltieren. Das sei ohnehin nicht finanzierbar, und bei kleinen Mängeln auch nicht vertretbar. Zum einen sei Rednitzhembach kleiner als Germering, zum anderen seien die hiesigen Straßen sehr heterogen, was Baujahr und Belastung angeht. Da komme es auf den genauen Befund an, meint Hirschfeld. Generell gehe das Germeringer Bauamt "Stück für Stück" vor, sagt Hirschfeld.

Einen größeren Bereich abzufräsen und neu zu asphaltieren, hält er nur dann für sinnvoll, wenn ein Schlagloch ins nächste übergehe - "und das machen wir auch".

Für Karin Sepp und ihren Fraktionskollegen Alfred Streicher wäre es in Zeiten knapper Kassen dennoch einen Versuch wert, über unkonventionellere Wege nachzudenken - und sich in Rednitzhembach einmal umzusehen. "Wir werden dranbleiben", sagt Streicher.

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