Germering:Flüsterasphalt und eine Galerie

A96 bei ermering

Sehr nah dran: Die Bewohner des südwestlichen Stadtrands von Germering haben den Autobahnlärm vor der Tür. Sie hoffen auf Verbesserungen durch die vorgesehene Schallschutzgalerie.

(Foto: Günther Reger)

Dreieinhalb Jahre wird der sechsspurige Ausbau der Lindauer Autobahn im Bereich der Stadt Germering noch dauern. Viele Anwohner begrüßen die Lärmschutzmaßnahmen, manche fordern zusätzlich ein Tempolimit

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Wenn sich der Lärm eines Staubsaugers oder eines Föns auf die Lautstärke eines Radios in Normallautstärke und damit von 70 auf 55 Dezibel reduziert, ist das enorm. Besonders der künftige Lärm vor ihrer Haustür interessierte die Anwohner des Germeringer Abschnitts der Lindauer Autobahn A 96. Etwa 60 Besucher waren zur Sitzung des Bauausschusses des Stadtrates ins Rathaus gekommen, da reichten die Zuhörerstühle kaum aus. Sie hörten sich an, was die vier Mitarbeiter der Autobahndirektion Südbayern aus Kempten zum sechsspurigen Ausbau der A 96 und vor allem zum Lärmschutz zu sagen hatten. Dreieinhalb Jahre wird der Ausbau dauern, 2020 soll alles fertig sein. Viele Besucher sahen die angekündigten Lärmschutzmaßnahmen positiv, aber es gab auch kritische Stimmen.

Befahren wird die A 96 nach der Verkehrszählung aus dem Jahre 2015 von 78 300 Fahrzeugen täglich. Für 2025 werden 84 500 prognostiziert. Konrad Engelhardt wartet seit Jahrzehnten auf eine Lärmreduzierung an der A 96. "Ob ich das noch erlebe, ist ungewiss", scherzte Konrad Engelhardt, der in der Kerschensteinerstraße wohnt. Er ist 80 Jahre alt, seit 50 Jahren lebt er an der Lindauer Autobahn. Der Lärm werde reduziert, zeigt er sich nach den Informationen der Mitarbeiter der Autobahndirektion überzeugt. Engelhardt ist sich sicher, dass sich die Lärmbelästigung nach der Eröffnung der A 99 vor elf Jahren noch wesentlich gesteigert hat. Lärmschutz soll zukünftig eine 900 Meter lange Galerie, also eine Einhausung der Fahrbahn, bringen. Die Überdachung der Autobahn wird jedoch nur auf der Fahrbahn Richtung Lindau erfolgen. Dieses Bauwerk mit Dachbegrünung, das sich von der Pestalozzistraße bis zur Otto-Wagner-Straße erstrecken soll, wird 26 Millionen Euro kosten. Insgesamt werden für den sechsspurigen Ausbau der A 96 von der Anschlussstelle Oberpfaffenhofen bis nach Germering-Süd, also für knapp neun Kilometer, inklusive aller Lärmschutzmaßnahmen 98 Millionen Euro veranschlagt.

Außerhalb der Galerie sollen ein Lärmschutzwall plus Lärmschutzwand oben drauf - zusammen etwa 6,50 Meter hoch - die Lärmbelästigung für die Anwohner reduzieren. Dazu kommt ein sogenannter Flüsterasphalt, der allerdings nur außerhalb der Galerie aufgetragen wird. Dieser offenporige Asphalt ist etwa 30 Prozent teurer als der normale Fahrbahnbelag. Der fünfeinhalb Zentimeter dicke Flüsterasphalt bringe allein eine Reduzierung um fünf Dezibel, so die Experten. "Der Flüsterasphalt ist auch Augenwischerei", meinte das Ehepaar Tietze, "der nutzt sich mit der Zeit stark ab". "Acht bis zwölf Jahre hält er nach allen bisherigen Erfahrungen", entgegnete Heiner Glückmann von der Autobahndirektion.

Auch wenn sie sich eine längere Galerie gewünscht hätten - die Tietzes, die seit 1978 an der Autobahn wohnen, sind unterm Strich zufrieden.

Herbert Anton ist ganz anderer Meinung. Er kritisierte, dass die momentane Tempo-80-Begrenzung nach Fertigstellung der Autobahn aufgehoben wird. "Das wird durch den Flüsterasphalt nicht ausgeglichen", sagte Anton, der im Kleßheimer Weg in der Nähe des Westparks wohnt. "Dort bekommen wir den Lärm schon jetzt voll ab." Anton monierte auch den geplanten Ausbau des Autobahnparkplatzes Kreuzlinger Forst, ungefähr auf der Höhe des Golfplatzes. Der erfolgt ohne eine Lärmschutzwand. Dort sollen vom Jahr 2020 an bis zu 30 Lastwagen parken können. "Dann wird es auch nachts noch lauter", befürchtet der Anwohner. Die Projektbeauftragten aus Kempten konnten ihm keine Hoffnung machen, dass sich an den Planungen noch etwas ändert. "Das ist im Rahmen des Planfeststellungsverfahren alles abgewogen worden", erklärte Martin Hatzelmann.

Insgesamt soll sich im Bereich Germering die Lärmbelastung von 66 auf 53 Dezibel reduzieren. Gemessen wurde auf der Höhe der Otto-Wagner-Straße. Die Reduzierung um 13 Dezibel entspricht in etwa dem Vergleich mit dem Staubsauger und dem Radio. Die Anwohner interessierte auch, wie die mehr als dreijährige Bauphase abläuft. Sie hörten, dass die Brücke über die Autobahn am Ende der Otto-Wagner-Straße schon Ende April abgerissen wird. Anfang 2018 werde die Feuerwehrzufahrt zur gegenüberliegenden Kaserne fertig sein. Die Brücke an der Neuen Gautinger Straße bleibt bestehen. Erst nach der Fertigstellung der Galerie soll dort der Lärmschutzwall abgetragen werden. Die Zufahrt zur Baustelle wird über die Riegerstraße und über die Verlängerung des Starnberger Wegs erfolgen. Auch die Kerschensteinerstraße wird drei Jahre lang mehr Schwerverkehr abbekommen.

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