Germering:Familienstreit live am Telefon

Sie wurde Ohrenzeugin eines brutalen Familienstreits: Vor dem Jugendgericht muss eine Frau gegen den Sohn ihrer Freundin aussagen - und bringt sich dabei selbst in Schwierigkeiten.

Ariane Lindenbach

Eine 39-jährige Germeringerin wollte ihrer Freundin nur helfen, doch das hätte ihr fast ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage eingebracht. Am Mittwoch war sie vor dem Brucker Jugendgericht Zeugin in einem Verfahren gegen den 19 Jahre alten Sohn der Freundin.

Der hatte seine 40 Jahre alte Mutter geschlagen, die Freundin hatte das live am Telefon mitbekommen. Zwar hatte sie den Vorfall bei der Polizei gemeldet und auch eine Aussage gemacht, doch vor Gericht schwieg die Germeringerin und brachte sich wegen einer möglichen Falschaussage selbst in die Bredouille.

Erst als der Angeklagte zugab, seine Mutter an den Arm geboxt zu haben, belastete auch sie ihn. Das Verfahren gegen den 19-Jährigen wegen Körperverletzung und Bedrohung wird nun eingestellt, sobald er drei Tage gemeinnützige Arbeit geleistet hat.

Der Angeklagte und seine Mutter äußerten sich nicht zu dem Vorfall, der in der gemeinsamen Wohnung in Germering passiert war. Doch die 39-jährige Ohrenzeugin hatte kein Zeugnisverweigerungsrecht. Also berichtete sie am Mittwoch, dass sie am Telefon Zeugin einer Meinungsverschiedenheit zwischen ihrer Freundin und deren Sohn geworden war. Der Streit sei immer lauter geworden. Dann habe die 40-Jährige zum Angeklagten gesagt: "Du haust mich nicht mehr."

Da sie danach nur noch ein Wimmern gehört habe, so die Zeugin, habe sie aufgelegt und die Polizei verständigt. Doch auf die Frage von Jugendrichter Johann Steigmayer, ob sie später mit ihrer Freundin über den Eklat gesprochen habe, gab sie keine Antwort: Sie wisse es nicht mehr, sagte sie erst, dann behauptete sie, mit ihrer Freundin über derartige Dinge nicht zu sprechen. "Das ist so was von lebensfremd, dass Sie da nicht nachfragen", rief der Richter und machte damit deutlich, dass er ihr das keinesfalls glaube. Der Staatsanwalt bekräftigte, ihr drohe ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage, wenn sie bei dieser Aussage bleibe und das Gericht den 19-Jährigen dennoch schuldig spreche.

"Es ist offensichtlich, dass die Mutter nicht will, dass ihr Sohn bestraft wird", wandte sich Steigmayer an den Verteidiger. Er signalisierte mit Zustimmung des Staatsanwalts, dass er das Verfahren gegen eine Arbeitsauflage einstellen würde, sofern der Angeklagte gesteht. Nach kurzer Rücksprache legte der Angeklagte ein Geständnis ab und die 39-Jährige erklärte zerknirscht: "Sie hat gesagt, er hat sie am Arm geboxt".

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