Germering:Don Bosco on Tour

Im Dezember reist eine lebensgroße Bronzefigur mit einer Reliquie des Jugendheiligen durch Deutschland und die Schweiz. Zu Beginn macht sie in Germering Station

Petra Fröschl

Pilgern ist in. Spätestens seit der Entertainer Hape Kerkeling 2006 seine Erlebnisse auf dem spanischen Jakobsweg in Buchform zum Besten gab, ist die Zahl der Menschen, die sich zu Fuß zu religiösen Wallfahrtsstätten aufmachen, in Deutschland sprunghaft angestiegen. Dass eine Heiligenfigur auf Wanderschaft geschickt wird, um Gläubige zusammenzuführen, hat es jedoch eher selten gegeben. Das soll sich bald ändern: Von 1. bis 28. Dezember kutschieren die Salesianer ein 280 Kilo schweres Abbild des Heiligen Don Bosco quer durch Deutschland und die Schweiz. Am Sonntag, 2. Dezember, macht die Figur Station in Germering.

Die Bronzestatue ist 1,60 Meter hoch und 80 Zentimeter breit und wurde von dem Bildhauer Mauro Baldessari in Mailand geschaffen. Neben Giovanni Bosco, dem Heiligen der Jugend, zeigt sie vier Kinder, die bei ihm Zuflucht suchen und ihn um Hilfe bitten, während er sich ihnen liebevoll zuwendet. Das Besondere: Die Figur enthält sogar eine Reliquie. In einem versiegelten Zinkbehälter, der sich offenbar im Corpus befindet, liegt die Speiche des rechten Arms des 1888 gestorbenen Heiligen, dessen Gebeine in einer Basilika in Turin aufbewahrt werden. "Die Speiche wurde schon vor einigen Jahren unter kirchlicher Aufsicht und in Anwesenheit von Zeugen den Reliquien Don Boscos entnommen", erklärt Pater Reinhard Gesing. Der katholische Theologe leitet das Institut für Salesianische Spiritualität in Benediktbeuern und organisiert die besondere Wallfahrt für den Bereich Deutschland.

Der bronzene Don Bosco - von dem es noch eine leichtere Kopie aus Glasfasern gibt - ist bereits seit 2009, dem 150. Gründungsjahr der Salesianer, on Tour. Bis 2015 soll er die 132 Länder und Provinzen in der ganzen Welt besucht haben, in denen die Salesianer und die Don-Bosco-Schwestern tätig sind. Ziel der ungewöhnlichen Aktion ist es, an den Geburtstag des italienischen Ordensgründers zu erinnern, der sich am 16. August 2015 zum 200. Mal jährt. Die Figur sei jedoch nicht "zum Vergnügen" unterwegs, wie Gesing betont - sondern aus den Gründen, aus denen Pilgerreisen stattfinden: Der Heilige soll auf die Not der Kinder und Jugendlichen von heute aufmerksam machen und sie "vor Gott hintragen". Er soll junge Menschen zu einem gelingenden Leben führen und sich bei den unzähligen Mitarbeitern bedanken, die sich im Kinder- und Jugendbereich engagieren. Gläubigen, die nicht so leicht an sein Grab in Turin kämen, biete die Wallfahrt die Gelegenheit, Don Bosco kennenzulernen. Laut Gesing sind in den letzten Jahren überall auf der Welt Abertausende Menschen zusammengeströmt, um den Jugendapostel zu ehren. Der Pater hofft, dass es auch in Deutschland und der Schweiz zu vielen solchen Begegnungen kommt.

Gesing ist sich bewusst, dass mancher mit dieser Art von Reliquienverehrung seine Probleme hat. Als er vor einem Jahr begann, die Wallfahrt zu organisieren - unter anderem macht Don Bosco Station in Köln, Zürich und Berlin-Kreuzberg - stieß er bei vielen auf Befremden und manchmal auch auf Ablehnung. "Da waren zunächst so manche Vorurteile zu überwinden,", meint der Theologe. Natürlich stehe im Zentrum des christlichen Glaubens Jesus Christus, daran hätten die Reformatoren mit ihrer Kritik an den Missbräuchen der Reliquienverehrung im Mittelalter zurecht erinnert. Man könne Reliquienverehrung aber auch als Ausdruck der Liebe zu einem verstorbenen Menschen verstehen. Für Pelés Trikot aus dem WM-Finale 1970 etwa habe jemand 180 000 Euro bezahlt, auch das sei eine, wenn auch entchristlichte, Form des Reliquienkults. "Etwas zum Anfassen kann uns helfen, uns mit einem Menschen, den wir anders nicht mehr erreichen, zu verbinden", sagt Gesing.

Andere hingegen seien ganz unvoreingenommen an die Idee herangegangen. So zum Beispiel Pfarrer Andreas Jaster von Don Bosco in Germering, der die Anfrage gleich im Pfarrgemeinderat beraten ließ. Die Pfarrei hat zwar nichts mit den Salesianern zu tun, bot sich für Gesing aber nicht zuletzt deshalb an, weil die Kirche Don Bosco geweiht ist. Wie Pastoralreferentin Angelika Winterer berichtet, sah das Laiengremium in der Aktion die Chance, die Beziehung zum eigenen Pfarrpatron zu vertiefen. "Die Reliquie an sich stand nicht im Mittelpunkt", sagt sie. Die Aktion sei vielmehr ein schönes Zeichen, um an das Wirken Don Boscos, der sich mit offenen Armen an die benachteiligten jungen Menschen seiner Zeit wandte, zu erinnern.

Eigentlich war laut Winterer zunächst geplant, mit der Figur am ersten Adventssonntag um 9 Uhr in einer Art Prozession in die Kirche einzuziehen. Doch das scheiterte daran, dass der Aufbau im Altarraum 20 bis 30 Minuten dauert. Daher findet um 9.30 Uhr eine Laudes statt, von 10 Uhr an können Interessierte Don Bosco in der Kirche besuchen, beten und sich im Pfarrsaal über das Wirken der Salesianer informieren. Um 11 Uhr beginnt der Gottesdienst, um 13.30 Uhr wird die Statue mit Gebet und Segen wieder verabschiedet. Winterer hofft auf viele, auch junge Besucher, kann die Resonanz aber noch nicht recht einschätzen. "Das ist einmalig, so etwas gab es vorher noch nie", sagt sie.

Transportiert wird der 280 Kilo schwere Don Bosco in einem speziell hergerichteten Kleintransporter, hinter dem laut Pater Gesing ein weltweit agierendes Speditionsunternehmen steht. "Die Fahrer sorgen auch dafür, dass die Statue vor Ort jeweils an den Platz gebracht wird, wo sie stehen soll", sagt der Geistliche. Bevor sie nach Germering kommt, wird die Skulptur in der Pfarrei Sankt Wolfgang in München auf den Weg geschickt, die von den Salesianern betreut wird, anschließend geht es nach Buxheim nahe Ingolstadt. Nach ihrer Pilgerreise durch Deutschland und die Schweiz ist Don Bosco von 13. bis 22. Februar in Österreich unterwegs.

Begleitet wird die Wallfahrt durch einen professionellen Internetauftritt: Auf der Seite iss.donbosco.de haben die Salesianer umfangreiches Infomaterial zusammengestellt. In einem Videoclip erzählt der Künstler, wie er die Statue schuf, es gibt geistige Hinführungen zum Thema und Predigthilfen. Es besteht kein Zweifel: Nicht nur Pilgern ist in, moderne Kommunikationsmittel verhelfen auch der Reliquienverehrung zu einer Renaissance.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: