Germering:David gegen Goliath

Bei einem großen internationalen Hallenturnier für Neunjährige in Germering müssen sich die einheimischen Teams mit den hinteren Rängen begnügen. Aber wichtiger als das Ergebnis war für die Buben das Erlebnis, einmal gegen den FC Bayern oder Austria Wien zu spielen

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Natürlich lief beim diesjährigen Merkle-Cup des SV Germering alles auf einen Favoritensieg des FC Bayern München hinaus. Deutlich mit 5:0 im Finale gegen die SpVgg Greuther-Fürth gewannen die Bayern-Buben dann auch das U-9-Juniorenturnier in der Realschulturnhalle. Die Überlegenheit des FC Bayern-Nachwuchses bei den Acht- und Neunjährigen geht auch auf ein umfangreiches Talentsichtungssystem - genannt Scouting - des Branchenführers im Profifußball zurück. Andere Profivereine, die ihren Nachwuchs nach Germering geschickt hatten, machen das in ähnlicher Art und Weise. Da können die heimischen Vereine wie der SV Germering (SVG) oder der SC Unterpfaffenhofen-Germering (SCUG) nicht mithalten. So waren beim Turnier für sie auch nur die hinteren Plätze reserviert.

Christian Hufnagel, der Trainer der jungen Bayern-Formation, musste doch einige Sekunden überlegen, bis er zwei Münchner Kinder in seiner Mannschaft aus Laim und Aubing nennen konnte. Ansonsten kommen seine Spieler aus ganz Oberbayern. Brannenburg, Bad Aibling, Freising und sogar aus Ingolstadt zählte der Bayern-Trainer auf. "Die Münchner Vereine sind in der Breite nicht Spitze", begründete Hufnagel die Suche nach Talenten weit weg von der Landeshauptstadt. Drei Scouts arbeiten für ihn und beschaffen schon Sechsjährige, die sich dann in München zum Vorspielen einfinden oder in einem Fördertraining aufgenommen werden. Bei den Sieben- und Achtjährigen wird es dann ernst. "Das ist dann wie in einem Casting", erläuterte Hufnagel. Aus anfangs 70 Kindern, die vom U-8-Scout ausgesucht worden sind, werden nach dem Vorspielen die besten Talente ausgesiebt und jedes Jahr wieder eine neue U-9-Mannschaft gebildet.

Bayern München hat einen Fahrdienst, der die Kinder von auswärts zum zweimaligen wöchentlichen Training nach München abholt und wieder nach Hause bringt. Hufnagel schult seine Kinder so, dass sie beidfüßig schießen lernen und einen Doppelpass spielen können. Das praktizierten die Bayern-Kids in Germering dann auch anschaulich. Auch taktisch bringt er ihnen "Rüstzeug", wie er sagt, bei. Das klingt schon wie bei den Profis: "Beim Verteidigen sollen alle Spieler gemeinsam hinter dem Ball sein." Beim Bundesligisten FC Augsburg wird bei den Kindern in Augsburg und Umgebung nach Talenten Ausschau gehalten. "Weiter als 20 Kilometer gehen wir nicht", sagt Trainer Dominik Palluch. Nur ein Kind komme aus Kempten nach Augsburg zum zweimaligen Training. Die U 9, die in Germering spielte, war erst zwei Monate zuvor zusammengestellt worden. "Da kann noch nicht alles funktionieren", meint Palluchs Trainerkollege Jonathan Raffler. Die Augsburger Jungs unterlagen dann auch im Viertelfinale dem FC Bayern mit 0:7.

Clemens Pahlke, der Trainer der U 9 von Tennis Borussia Berlin, einem ehemaligen Bundesligisten, findet in der Hauptstadt noch genügend junge Fußballtalente, die nicht zu Hertha BSC oder zu Union Berlin gehen. "Wir lernen ihnen Passspiel und Ballbeherrschung in diesem Alter", erzählt Pahlke. "Wir machen keine Talentsichtung", spricht SVG-Jugendleiter Christian Patsch für beide Germeringer Vereine. Der SVG hat 250 Kinder im Spielbetrieb und der SCUG sogar 400. SCUG-Trainer Oliver John sicher: "Wir nehmen uns in Germering auch noch gegenseitig die Talente weg." Für beide Clubs war beim Turnier nicht viel zu holen. "Es ist anstrengend, wenn man immer hinterher laufen muss", meinte der achtjährige Benjamin nach dem 1:8 gegen Tennis Borussia sehr enttäuscht. Benjamin und seine Kameraden belegten den letzten Platz im Turnier. Der SVG gewann das Spiel um Platz neun gegen Wacker München mit 5:3. "Wir sind gute Gastgeber", legte Patsch großen Wert auf diesen Part. Zum 25. Mal veranstaltete der SVG diese internationale Turnier-Serie, wobei es für die U 9 eine Premiere war. 40 Helfer umsorgten alle Clubs, darunter auch Austria Wien, mit großem Einsatz.

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