Germering:Blick in die Tiefe

Eine Masterarbeit zeigt Bohrpunkte für Geothermie

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Stadt Germering möchte Geothermie nutzen, um Strom erzeugen zu können. Auf dem Weg zu diesem Ziel ist ein weiterer Schritt getan: Aufgrund der Arbeit eines Geologie-Studenten ist die Beschaffenheit der Gesteinsschichten unter dem Stadtgebiet ziemlich klar. Demnach könnten Bohrungen von einer Tiefe von etwa 2600 Metern an auf heißes Wasser stoßen. Am besten würden die Bohrungen entlang der sogenannten Markt-Schwabener-Verwerfung gesetzt, einer Bruchstelle im Gestein, die sich vom Gebiet der gleichnamigen Gemeinde im Münchner Osten bis zum Ammersee hinzieht, sagte Vladimir Shipilin. Er stellte Stadträten am Donnerstag die Ergebnisse seiner Masterarbeit vor.

Für die hat Shipilin Daten aus Germering und Puchheim verwendet, die aus den Jahren 2006 und 2008 stammen. Der Geologie-Student hat diese Daten mithilfe der neuesten Methoden am Leibniz-Institut für Geophysik in Hannover ausgewertet. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen Erschütterungen des Bodens vom Gestein reflektiert werden, kann auf die Gesteinsarten und ihren Zustand geschlossen werden. Poröses Gestein reflektiert die Stoßwellen, die von besonderen Fahrzeugen ausgehen, langsamer als hartes Gestein. Zeichnet man die verschiedenen Geschwindigkeiten auf, lässt sich ein Modell der Erdbeschaffenheit unter dem Stadtgebiet erstellen. Dort, wo die langsameren Reflexionen zu finden sind, sollte gebohrt werden, denn dort sind der Widerstand des Gesteins und somit die Kosten geringer.

Die Masterarbeit ist von den Stadtwerken Germering gefördert worden. Mithilfe ihrer Ergebnisse konnte auch eine Frage nach der Lokalität der Bohrungen beantwortet werden. In Germering war nämlich unklar, ob die Verbreiterung der Autobahn A 96 auf sechs Spuren mögliche Standorte für eine Bohrung betreffen würde. Das ist nicht der Fall. Das poröse Gestein entlang der Verwerfung, die sich unter dem südlichen Stadtgebiet durchzieht, kann auch von Standorten nördlich der Autobahn mit Bohrern erreicht werden.

Das heiße Wasser, das gefördert werden soll, befindet sich in einer Kalksteinschicht, etwa in der Tiefe zwischen 2600 und 3200 Meter unter der Erdoberfläche. Die Temperatur des Wassers in dieser Schicht reiche aus, um Strom zu produzieren, sagte Shipilin.

Stadtrat Christian Ganslmeier (CSU), Referent für Energieversorgung, lobte die Arbeit von Shilipin. Das Ergebnis solle populärwissenschaftlich genutzt werden, sagte er, und zwar, um ein 3-D-Modell der Erd- und Gesteinsschichten unter dem Stadtgebiet von Germering zu erstellen. Anhand eines solchen Modells könnte das Thema Geothermie plastischer dargestellt werden.

Mit dem Interesse an Geothermie steht Germering nicht alleine da. Die benachbarte Stadt München hat bereits begonnen, Energie aus dem heißen Wasser zu gewinnen. Seit 2016 fördern die Stadtwerke München Thermalwasser aus der Tiefe. Der Bohrpunkt liegt unter der Fahrbahn der A-99-West. Das geförderte Wasser übertrifft an Menge und Wärme die Prognosen. Das ist eine gute Nachricht für Germering, denn die Stadt will in einem ganz nahen Terrain ihre Bohrung setzen.

Doch die Energie aus der Tiefe hat nicht nur Befürworter. Im benachbarten Puchheim muss sich Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) kritischen Fragen von Einwohnern stellen, die befürchten, dass die Tiefenbohrungen in den Verwerfungszonen zu Erdbeben führen könnten. In zwei Bürgerversammlungen wollten mehrere Fragesteller wissen, wer in einem solchen Fall für die an Gebäuden entstandenen eventuelle Schäden aufkomme.

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