Germering:Bereit sein für den Wandel

Germering: Im Gespräch: BWL-Professorin Yasmin Weiß (links) und Bundestagskandidatin Britta Hundesrügge

Im Gespräch: BWL-Professorin Yasmin Weiß (links) und Bundestagskandidatin Britta Hundesrügge

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Professorin Yasmin Weiß klärt die FDP über Digitalisierung auf

Von Heike A. Batzer, Germering

Die Menschen sind in Sorge. Globalisierung, Beschleunigung, Digitalisierung. Was wird ihnen dieser Wandel abverlangen? "Die Anforderungen werden sich ändern und neue Kompetenzen erfordern", kündigt Yasmin Weiß an. Die Personalmanagerin und Professorin für Betriebswirtschaft empfiehlt, die digitale Transformation zu gestalten und ihre Chancen zu sehen. Sie sagt allerdings auch: "Ohne Qualifizierungsoffensive verlieren wir den digitalen Wettbewerb gegen Länder wie USA oder China."

Weiß, eine attraktive Mittdreißigerin mit langen, dunklen Haaren, hat Professuren an Hochschulen in Nürnberg und Berlin und gehört zum Beraterstab der Bundesregierung. Sie wuchs in einer deutsch-chinesischen Familie auf, hat eine knapp zweijährige Tochter und lebt in Gauting. Seit diesem Jahr gehört sie auch dem Wirtschaftsforum der FDP an, das den Parteivorsitzenden Christian Lindner berät. Auf Einladung der FDP versuchte sie am Montag in der Stadthalle Germering aufzuzeigen, wie Deutschland in Sachen Arbeit und Bildung zukunftsfähig zu machen ist.

Entwicklungen, "die wir vor Jahren noch für Science Fiction gehalten haben, werden Realität", sagt sie und nennt Beispiele: das autonome Fahren oder das Paketeausliefern mit Hilfe von Drohnen - beides sei technisch bereits möglich. Oder Streife fahrende Roboter-Cops, die in den USA schon im Einsatz seien. Oder vernetzte Melkautomaten. "Die digitale Vernetzung", schlussfolgert Weiß daraus, "macht nicht mal vor dem Kuhstall Halt". Eine Ansage, die Verunsicherung schafft bei den Menschen und die Fragen aufwirft, auf die es noch keine Antworten gibt. Weiß zählt einige auf: Werden in der digitalen Zukunft mehr Arbeitsplätze wegfallen als geschaffen? Wo bleibt der Mensch bei der ihm überlegenen künstlichen Intelligenz? Wer wird zu den Gewinnern, wer zu den Verlieren des digitalen Wandels zählen? Welche Bildung braucht Deutschland dafür?

Deutschland als rohstoffarmes Land sei auf seine intellektuellen Ressourcen angewiesen, um den Wohlstand zu sichern, betont die Professorin. Auf dem Arbeitsmarkt erwartet sie einen "Tsunami des Wandels". Diejenigen, die dafür fit seien, würden als Arbeitskräfte "weggehen wie warme Semmeln". Sie würden ein Grundverständnis für Technologie und IT als Querschnittsqualifizierung mitbringen. Interdisziplinäres Arbeiten werde dabei immer wichtiger: "Junge Menschen müssen es von Beginn der Ausbildung an als selbstverständlich erachten, sich in andere Denk- und Sichtweisen und in andere Technologien reinzudenken." Die künftige Arbeitswelt benötige sektorenübergreifende Zusammenarbeit, bei der heute noch übliche Branchengrenzen verschwimmen würden. Als Beispiel nennt Weiß die Tatsache, dass Konzerne wie Google oder Apple in den Automobilbau einsteigen und so zu Konkurrenten klassischer Autofirmen würden. Lebenslanges Lernen werde notwendig sein, denn die "Halbwertszeit von Wissen ist heute kürzer denn je". Man werde aber ausreichend Wissen benötigen. Zum Beispiel für das Smart Home: Dafür bedarf es eines ausreichenden IT-Verständnisses, um auch die mit der Vernetzung verbundenen Risiken erkennen zu können.

Einigen der etwa 30 Zuhörer im Saal wird offenbar doch ein wenig mulmig bei diesen Zukunftsaussichten. "Wir haben gar keine Grundlage dafür", sagt Christian Tietgen und verweist auf den vielerorts unvollständigen Breitbandausbau. Eine andere Besucherin warnt vor einer permanenten Überforderung der Menschen. Und der FDP-Bundestagskandidat Andreas Schwarzer betont, dass Deutschland dabei seine bisherigen Kompetenzen nicht vernachlässigen dürfe. Auch der FDP-Landesvorsitzende Albert Duin, der im Publikum sitzt, ist der Ansicht, dass auch in Zukunft "ein unheimliches Allgemeinwissen nötig" sei. Die Referentin will das gar nicht bestreiten, warnt aber vor "Status-Quo-Verliebtheit".

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