Germering:Ausdrucksstark

Ateliergruppe 27 zeigt erste Ausstellung als Verein

Von Julia Bergmann, Germering

Als Kind hat Franz Srownal Dinge, die er schützen wollte, übermalt. Meistens waren das Zeichnungen kleiner Tiere, die er mit einer Schicht Acryl abgedeckt hat. "Wenn ich sie wieder haben wollte, habe ich sie frei gelegt, die Farbe abgetragen", sagt er. So hat es angefangen mit seiner Liebe zur Kunst. Das Arbeiten in Schichten, das Überdecken und wieder Abtragen lässt sich zum Teil noch heute in seinen Werken erkennen. Etwa wenn das Fragment eines Gesichts in drei verschiedenen Perspektiven übereinander gelegt wird. Srownals Gemälde sind ausdrucksstarke abstrakte Werke, die von ihrer Farbigkeit und Dynamik leben. Auf den Leinwänden erscheinen beim Betrachten allmählich abstrakte Figuren. Aus einem überwältigendem Wust an Linien und Farbflächen schälen sich nach und nach Fragmente von Gesichtern aus den Bildern heraus. Wie in "Die Hochzeit". Das Bild zeigt Braut und Bräutigam inmitten einer Menschenschar, erklärt Srownal. Er deutet auf das Gesicht einer Frau, die ihren Blick gesenkt hält. "Das ist die Schwiegermutter. Sie ist betrübt", erklärt er. Er hält kurz inne, lacht und sagt: "Schon klar, oder?"

Srownal ist der erste Vorsitzende des neuen Germeringer Kunstvereins "Ateliergruppe 27", die am Samstag, 18. Juli, ihre Ausstellung auf dem Wifo-Gelände in Germering eröffnet. Der Vereinsstatus ist ganz frisch, die Gruppe aber gibt es eigentlich schon seit 1984. Bereits seit Montag treffen die insgesamt neun Künstler des Vereins und die sechs Gastkünstler ihre Vorbereitungen zur ersten Ausstellung als Verein. Ihre Werke hängen in den Räumen des alten Gebäudes, in den verwinkelten Gängen zwischen älteren Wandgemälden, die aus früheren Ausstellungen zurückgeblieben sind. Auch der Münchner Film und Videoclub Studio Germering ist bei der Ausstellung vertreten. Die Ateliergruppe 27 hat sich zum Ziel gesetzt, verschiedene Kunstformen zusammenbringen. In der Ausstellung werden Filmkunst, Malerei, Grafiken und Plastiken auf hohem künstlerischen Niveau miteinander vereint.

In einem der Räume hängen Anke Whiteheads Kompositionen aus Fundstücken aus Myanmar, vom Ostseestrand oder Elba. Die Objekte zeigen etwa zwei große rostige Schrauben, die ein Stück Draht in Rahmen aus ausgehöhlten Büchern hält. Darunter die Schriftzüge "Mann" und "Frau" - Schraube und Mutter. "Einen tieferen Sinn hat das nicht", sagt Whitehead. Davon, mehr aus den Dingen zu machen, als an Geschichten in ihnen steckt, hält sie nichts. "Während des Studiums habe ich gelernt, mit Farbe und Form zu arbeiten. Das habe ich so beibehalten", sagt sie. Nicht mehr und nicht weniger. Den Umgang mit Form und Farbe beherrscht sie, die Kompositionen wirken in sich stimmig und harmonisch. Knorrige Wurzelstücke, brüchige Steine, die Struktur eines verkohlten Holzscheites laden zum Assoziieren ein.

Margherita Maroders Stücke sind vorwiegend grafische Werke. Das größte ihrer Ausstellungsstücke, "Keine Brut", besteht aus mehreren gebrauchten Bienenrahmen, gefüllt mit Bruchstücken aus gelochtem schwarzen Tonpapier. An feinen Drähten haften einzelne Lochverstärker. Im Gesamtbild zeigen sich kleinteilige Wabenstrukturen, die wie zerbrochen wirken. Maroder setzt sich darin mit dem Sterben der Bienen auseinander.

Ein paar Räume weiter stehen die gefalteten Papierskulpturen von Juditha Grundhoff. Es sind ätherische Werke, organische Formen, gefertigt aus weißem Papier. In der Mitte des Raumes steht auf einer winzigen Säule eine kleine Plastik. Ein leicht angeschmolzener Keramikhaufen, der vage die Form zweier Liebender hat. Franz Srownal hat sie gefertigt. "Sie heißt: Alte Liebe rostet nicht", sagt Srownal. "Ich weiß ums verrecken nicht was das heißen soll", sagt er und lacht leicht entrückt. Grund genug etwas daraus zu machen. Kurzum, die Künstler haben eine Ausstellung geschaffen, die nicht vom Intellekt konstruiert sondern von Gefühl und künstlerischem Ausdruck getragen wird und deshalb schafft, was andere nicht vermögen - zu berühren.

Die Ausstellung des Vereins Ateliergruppe 27 auf dem Wifo-Gelände wird am Samstag, 18. Juli, um 16 Uhr von Oberbürgermeister Andreas Haas eröffnet. Danach ist sie bis zum 26. Juli täglich von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

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