Germering:Auf Kosten der Lehrer

Hoffnung auf Wiedergeburt von Londons berühmtem Doppeldecker

Bildungsreiseziel London: Die britische Hauptstadt ist ein teures Pflaster, in den Augen der Schulbehörde der Bezirksregierung Oberbayern ein zu teures.

(Foto: Lindsey Parnaby/dpa)

Zwei neunte Klassen der Kerschensteiner Mittelschule wollen nach London fliegen. Weil aber das Budget für Klassenfahrten heuer geringer ausfällt, gibt es Unmut bei Pädagogen und Eltern

Von Andreas Ostermeier, Germering

Die Londonreise der beiden neunten Klassen der Kerschensteiner Mittelschule ruft bei Eltern und Lehrern nicht nur freudige Erwartung hervor. Die Stimmung ist eingetrübt, es geht ums Geld. Sollen die mitreisenden Lehrer auf ihren Kosten sitzen bleiben?, fragt Barbara Görlach, Elternsprecherin der Klasse 9 Ma. Sie kritisiert die Kürzung des Budgets für Schulfahrten. Pro begleitendem Lehrer stünden nur bis zu 175 Euro zur Verfügung, für Flugticket und Unterkunft in der britischen Hauptstadt reicht das nicht aus. Mit einem solchen Etat komme man wohl nicht einmal bei einer Klassenfahrt nach Oberammergau aus, sagt Görlach. Sie befürchtet, dass Lehrkräfte deshalb künftig nicht mehr bereit sein werden, ihr Engagement in die Vorbereitung von Klassenfahrten zu stecken.

Die Kürzung der Reisezuschüsse, die von der Schulbehörde der Bezirksregierung gewährt werden, erfolgte im März, also recht kurzfristig. Das räumt auch Schulrat Thomas Frey vom Schulamt Fürstenfeldbruck ein. Die Flüge nach London waren bereits gebucht, als an der Kerschensteiner Mittelschule bekannt wurde, dass das Reisebudget geringer ausfallen wird als in den Vorjahren. Eine Stornierung der Fahrt ist allerdings nicht sinnvoll, Schule und Eltern würden wegen der Stornokosten alles Geld für die Tickets verlieren. So werden die beiden neunten M-Klassen am 28. April in die britische Hauptstadt starten und dort eine Woche verbringen. Die Begleitlehrer werden in die eigene Tasche greifen, um einen Teil ihrer Kosten zu bezahlen. Ein Junglehrer schläft Informationen aus der Schule zufolge in einem Zwölf-Bett-Zimmer, um die Ausgaben möglichst gering zu halten.

Dabei hat die Reise nach London schulisch durchaus Sinn. Die Kinder könnten dort die erlernte Fremdsprache anwenden und dadurch erfahren, dass sich die Mühe lohne, Englisch zu lernen. Auch für den Zusammenhalt der Klasse sei eine solche Reise gut, heißt es von Lehrerseite. In den M-Klassen der Mittelschule sammeln sich die Jugendlichen, die noch ein Jahr an ihre Schulzeit anhängen wollen, um am Ende der zehnten Klasse den mittleren Bildungsabschluss zu machen, der dem Realschulabschluss entspricht. Die Reise ist also auch eine Motivation für die beiden letzten Schuljahre.

Umso überraschter ist man an der Kerschensteiner Mittelschule von der Kürzung der Gelder für Klassenfahrten. Bei der Kritik daran klingt auch die Vermutung durch, gegenüber Gymnasien und Realschulen zurückgesetzt zu werden, was die Klassenfahrten anbetrifft.

Thomas Frey lässt solche Argumente jedoch nicht gelten. Die Rektoren der Mittelschulen dürften nicht überrascht sein, sagt er, denn in den vergangenen Jahren seien sie immer wieder dazu aufgerufen worden, mit den Budgets für Klassenfahrten auszukommen. Diese Budgets seien aber regelmäßig überschritten worden, sagt Frey. Bislang habe die Regierung die Mehrausgaben beglichen, doch heuer habe sie "einen Schnitt gemacht". Der sieht so aus, dass das im vergangenen Jahr über das Budget hinaus ausgegebene Geld für Klassenfahrten in diesem Jahr eingespart werden muss. Für die Schulen bedeutet das, dass sie in diesem Jahr weniger Geld für Reisen zur Verfügung haben. Im kommenden Jahr sieht es dann wieder besser aus, denn dann soll der übliche Etat wieder zur Verfügung stehen.

Um Klassenfahrten zu bezahlen, empfiehlt Frey den Schulen, zusätzlich Geld aufzutreiben, sei es durch Fördervereine oder Veranstaltungen wie Spendenläufe. Er selbst sei lange Zeit Klassen- und Schulleiter gewesen, sagt Frey, und wisse daher, dass man bei der Finanzierung von Reisen "mehrgleisig" vorgehen müsse. Einen Vorteil der Budgets sieht Frey auch darin, dass sich Schulleitung, Lehrer und Schüler genau überlegten, welche Fahrten sinnvoll sind und auf welche verzichtet werden kann. Das genau zu überlegen, schulde man auch den Eltern, die die Kosten für eine Klassenfahrt oft nur schwer aufbringen könnten.

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