Fürstenfeldbruck:Zoff am Zeitungskasten

Gericht verhängt Geldstrafe wegen Diebstahls und Nötigung gegen Brucker. Der hatte zu wenig bezahlt, war von Kontrolleuren beobachtet worden und bedrohte sie, als er davon fuhr, mit seinem Auto

Ausgerechnet an jenem Tag, als Volker S. (Name von der Redaktion geändert) nur 40 Cent dabei hat statt der für die zwei Zeitungen eigentlich fälligen 1,60 Euro, wird der Kasten am Buchenauer Platz in Fürstenfeldbruck von Kontrolleuren überwacht. Die beobachten, wie der Brucker die Münzen in den Kasten wirft und wollen ihn zur Rede stellen. Dann aber müssen sie sich mit einem Sprung zur Seite retten, denn der 55-Jährige braust mit seinem Auto davon. Am Montag verhandelte ein Richter des Brucker Amtsgerichts den Fall. Er verhängte gegen den Mann wegen Diebstahls und Nötigung 3600 Euro Geldstrafe (120 Tagessätze zu je 30 Euro) und zwei Monate Fahrverbot. Der Staatsanwalt hatte eine zehnmonatige Bewährungsstrafe beantragt.

Laut Anklage hatte der Brucker an jenem Morgen im Juni eine gefährliche Straßenverkehrsgefährdung und einen räuberischen Diebstahl begangen. Letzteres, weil er sein Diebesgut mit Gewalteinsatz verteidigt hatte. Ersteres weil er mit seinem Auto losgefahren war, als einer der beiden Kontrolleure noch davor gestanden war, um ihn auf die nicht ausreichende Bezahlung hinzuweisen.

Der angeklagte, bis dato nicht vorbestrafte Frührentner hatte für sein Verhalten eine plausible Erklärung. Er bestätigte, zu wenig Geld gezahlt zu haben. Dann seien die beiden Männer - finstere, kräftige Gestalten alle beide - sehr schnell auf ihn zugekommen. Da er vor 20 Jahren schon einmal von zwei Männern "halb tot" geschlagen worden sei und nicht gewusst habe, dass hier Zeitungskontrolleure vor ihm stehen, sei er in Panik geraten. "Weg, weg, weg" war dem 55-Jährigen nach eigener Darstellung durch den Kopf geschossen, während er in sein Auto sprang und losfahren wollte. Doch inzwischen waren die zwei Männer auch da. Einer baute sich vor der Motorhaube auf und stützte sich mit einer Hand dort ab, während der andere die Fahrertür öffnen wollte. Ob der Angeklagte angefahren war, während der Kontrolleur noch vor dem Wagen stand, oder ob dieser bereits beiseite gesprungen war, konnte er nicht mehr genau sagen.

Der Kontrolleur selbst berichtete, dass der Angeklagte den Motor aufheulen ließ. "Das ist kein Spaß", habe er sich gedacht und sei zügig zur Seite gegangen, während der 55-Jährige langsam losgefahren sei. Ein Polizist, der den Brucker wenige Tage nach dem Vorfall vernommen hatte, berichtete außerdem, dass dieser damals schon dieselbe Erklärung abgegeben hatte wie nun im Gerichtssaal.

Der Staatsanwalt glaubte die Version des 55-Jährigen nicht. Der habe "sein Fahrzeug verwendet, um einen Störenfried zur Seite zu bringen". Der Ankläger sah darin beide Vergehen - Straßenverkehrsgefährdung wie räuberischen Diebstahl - erfüllt. Neben der zehnmonatigen Bewährungsstrafe beantragte er 15 Monate Führerscheinentzug. Der Verteidiger forderte eine geringe Geldstrafe. "Er hat das Auto nicht als Waffe benutzt", also keine Verkehrsgefährdung, sondern eine Nötigung begangen, betonte Vorsitzender Martin Ramsauer in der Urteilsbegründung. Auch räuberischen Diebstahl habe es nicht gegeben, da der Brucker nur sich, nicht die Zeitung habe retten wollen.

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