Fürstenfeldbruck:Zirkusfamilie wehrt sich gegen Proteste

Lesezeit: 2 min

Sieben Wochen alt ist das Kamelbaby, das der Zirkus mit nach Fürstenfeldbruck gebracht hat. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nadja und Roberto Frank sehen sich schon vor der ersten Vorstellung in Fürstenfeldbruck einer "Schmutzkampagne" ausgesetzt. Der Amtsveterinär kann bisher keine tierschutzrechtlichen Verstöße erkennen

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Die Franks sind sprachlos. So schlimm wie in Fürstenfeldbruck sei es ihnen noch in keiner Stadt ergangen. Roberto Frank ist Juniorchef des "Österreichischen Nationalcircus Louis Knie", der momentan auf dem Brucker Volksfestplatz gastiert. Er und seine Frau Nadja sehen sich in der Kreisstadt mit heftigen Vorwürfen von Tierschützern, etwa SPD-Stadtrat Axel Lämmle, konfrontiert. Nun hat der Politiker zu einer Demonstration am Freitag um 13.30 Uhr vor dem Zirkuseingang aufgerufen.

Eigentlich nichts Neues für Nadja und Roberto Frank, die beide im Zirkus geboren und aufgewachsen sind. "Dass Demos angemeldet werden, ist oft das erste, was passiert, wenn bekannt wird, dass wir in eine Stadt kommen", sagt Nadja Frank. Probleme mit Tierschützern habe es schon immer gegeben, in Deutschland noch öfter als etwa in Österreich. Aber so etwas selten. Die Reaktionen in Bruck kämen einer Schmutzkampagne gleich. "Wahrscheinlich ist das die letzte Tournee in Deutschland", sagt Roberto Frank. "Das tun wir uns nicht mehr an", sagt er.

Zunächst wurde dem Zirkus vorgeworfen, Wildtiere mit nach Fürstenfeldbruck gebracht zu haben. In Fürstenfeldbruck gilt seit 2014 ein kommunales Wildtierverbot. Axel Lämmle, der in der Nacht von Montag auf Dienstag Fotos auf dem Zirkusgelände gemacht hatte, hatte unter anderem einen - auf den Fotos leeren - vergitterten Wagen entdeckt. Einen Affenwagen, wie er annahm. Dieser war, so hieß es, am Dienstag aber verschwunden. Lämmle und die Tierschützer von der "Bürgerinitiative Wildtierverbot Deutschland" vermuteten, dass der Wagen aufgrund des aufkeimenden Protests schnell noch aus der Stadt gebracht wurde. "Der Wagen steht nach wie vor auf dem Gelände. Das ist unser Packabteil" sagt Nadja Frank. Der Wagen sei vergittert, das ist richtig. Dennoch wird er nicht als Tiergehege genutzt, sondern als Transportmittel für die Zeltplane, Absperrbänder und ähnliches.

Auch der Vorwurf Lämmles, das Kamelbaby, das der Zirkus mitgebracht hätte, sei ebenso wie das zuvor trächtige Muttertier vom Zirkus durch die Gegend gekarrt worden, treffe so nicht zu. "Vor sieben Wochen ist das Kamel in Schwabach zur Welt gekommen, wo wir zwei Monate standen. Davor standen wir acht Wochen in Crailsheim", sagt Nadja Frank. Von Herumkarren könne keine Rede sein. Zudem habe das trächtige Muttertier auch nicht auftreten müssen. Es sei nicht einmal domptiert.

Über Anschuldigungen wie diese haben sich die Franks vor vielen Jahren noch sehr geärgert. "Wir haben so oft versucht, mit Tierschützern zu sprechen", erzählen sie. Vergebens. "Dabei können wir uns gar nicht erlauben, unsere Tiere schlecht zu behandeln", sagt Roberto Frank zum pauschalen Vorwurf der Tierquälerei. Wenn der Zirkus während der Hauptsaison jede Woche in eine neue Stadt reist, wird er bei jedem Halt kontrolliert. Vom Veterinäramt, aber auch von Ordnungsamt, Feuerwehr und TÜV. Alles muss in Ordnung sein, alle Papiere müssen vorliegen, sonst gibt es keinen Auftritt. Die Franks haben zahlreiche Dokumente sofort zur Hand. Auch der Veterinäramtschef Hans Werner Merk bestätigte bereits am Dienstag, dass der Zirkus die tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen sogar übererfülle. "Die Gäste sollen kommen und sich selbst überzeugen", sagt Roberto Frank.

"Es geht mir sehr ans Herz", sagt Nadja Frank über die Anschuldigungen. Für sie und ihren Mann, dessen Familie bereits seit 1825 im Zirkusbetrieb tätig ist, ist ein Programm ohne Tiere nicht vorstellbar. Nadja Frank ist zuständig für die Pferdedressur, geschichtlich betrachtet dem Herzstück eines jeden Zirkusprogramms. "Bei uns ist jedes Tier wie ein Familienmitglied, jedes hat seinen eigenen Charakter", sagt sie und erzählt von einem Kollegen der rund 54 Jahre der Dompteur des Elefantenbullen Shenka war. "54 Jahre lang war er mit dem Elefanten zusammen. Er hat sich nicht einmal Urlaub genommen. Der Elefant war sein ganzer Stolz", erzählt Roberto Frank und zeigt ein Foto von dem Tier auf seinem Smartphone. Als der Elefant starb, fiel sein Dompteur in ein tiefes Loch. Wer Geschichten wie diese erlebe, wisse, wie absurd die Vorwürfe der Tierschützer seien.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: