Fürstenfeldbruck:Zeiten und Stile

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Liederabend im Brucker Stadtsaal

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

In den Konzertreihen im Landkreis waren wiederholt solistisch besetzte Gesangsgruppen zu Gast, deren Repertoire von der Renaissance bis zur Popmusik reichte. Das war auch beim fünfstimmigen "Ensemble Calmus" der Fall, das im Rahmen der Fürstenfelder Konzertreihe im Stadtsaal gastierte. Die Biografien der Musiker zeigten oft, dass es sich um ehemalige Sänger aus traditionsreichen Knabenchören handelte. Auch das war hier so, denn zwei der Sänger haben eine Vergangenheit im Leipziger Thomanerchor, einer im Dresdner Kreuzchor. Eines jedoch war hier anders: Mit der Sopranistin Anja Pöche gesellte sich eine Frau zu den männlichen Mitgliedern Sebastian Krause (Countertenor), Tobias Pöche (Tenor), Ludwig Böhme (Bariton) und Manuel Helmeke (Bass). Dadurch vergrößerte sich der mögliche Ambitus von der höchsten zur tiefsten Stimme.

Es ist faszinierend, wie wandlungsfähig und flexibel die menschliche Stimme sein kann. Genau das stellten die fünf Musiker mit ihrem Programm "Landmarks" unter Beweis. Mit "Meilenstein" oder "Landmarkierungen" übersetzten die Sänger dieses Motto, dem sie mit einem musikalischen Streifzug durch verschiedene Länder, Zeiten und Stile entsprachen. Das Programm war insofern ein gut ausbalancierter Streifzug durch hörenswerte Vokalmusik. Aus der deutschen Romantik waren vier Sätze zu hören: Mit dem "Morgengebet" op. 48 Nr. 5 von Felix Mendelssohn Bartholdy lotete das Calmus Ensemble die Akustik des Saals aus und fand zu einem sehr intimen, kammermusikalisch schlanken Klang. Jede Stimme ließ sich gut im Gesamtkontext verfolgen, die Spannungsbögen wurden durch entsprechende dynamische Entwicklungen unterstützt. "Der bucklige Fiedler" op. 93a Nr. 1, ebenfalls von Mendelssohn, brach den homophonen Satz durch kleine Imitationen auf. In "Der Falke" op. 93 Nr. 5 von Johannes Brahms wurde das im Text angesprochene "Schwingen" des Vogels durch einen wunderbar schwingenden Klang und eine deutliche, dabei immer an der Melodieführung orientierte Deklamation umgesetzt.

Drei italienische Madrigale von Carlo Gesualdo aus der Renaissance folgten. Der Komponist, den die Sänger mit "Genie und Wahnsinn" charakterisierten, überraschte die Hörer auch hier immer wieder mit höchst ungewöhnlichen harmonischen Wendungen und oft schroff wechselnden Ausdrucksgesten. So gerieten die dissonanten Vorhalte in "Felicissimo sonno" durch den geraden Klang der Stimmen besonders schneidend. Die verschiedenen Motive in "O dolorosa gioia" illustrierten den Inhalt des Textes. Der Druck auf die Stimmen, verbunden mit dem Vibrato der Sopranistin überzogen den Spannungsbogen schließlich in "Moro lasso" etwas, so dass der Klangeindruck etwas fest wirkte.

Drei Sätze aus den "Shakespeare Songs" des finnischen Zeitgenossen Jaakko Mäntyjärvi beschlossen die erste Konzerthälfte an diesem Abend. Hinter der oft traditionellen Klanglichkeit verbargen sich in "Come away, Death" ruhende Liegeklänge, in "Lullabye" zarte Klangsilben und in "Full Fathom Five" eine sehr profund-substanzreiche Klangtiefe.

Mit Popsongs ist ein Publikum leicht zu begeistern. Die Arrangements hatten jedoch Qualität und das Calmus Ensemble entwickelte dafür eine chamäleonartige Klangflexibilität: In "Ain't no sunshine" von Bill Withers überzeugten improvisatorische Gesten und ein dem Schluss vorangestelltes Fade out. Der helle, etwas gepresste Ton in "Crazy Little Thing Called Love" erinnerte pointiert an Freddie Mercury. Mit der professionellen Inszenierung von Bobby McFerrins "Don't worry, be happy" schließlich war das Publikum vollends den Sängern verfallen, die sich noch mit einer Zugabe bedankten.

© SZ vom 31.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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