Fürstenfeldbruck:Von der NSU Quickly bis zum Rolls-Royce

Mehr als 10 000 Besucher strömen am Wochenende zu den Oldtimertagen. Dort finden sie ein breites Spektrum an Klassikern auf zwei und vier Rädern. Ein Brucker Citroën-Fan und ein Germeringer DeLoreans-Fahrer erläutern die Faszination ihres Hobbys

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Natürlich kann man einen Haufen Geld für einen echten Klassiker ausgeben. So wie für den aus seinem V8-Bigblock herrlich sonor säuselnden Chevrolet Impala, der am Sonntagmittag im Fahrerlager der Fürstenfelder Oldtimertage einparkt - oder für Hochkaräter wie die im Motorworld-Zelt ausgestellten Mercedes 220 SE Ponton Carbrio oder den 190 SL, die beide für Preise jenseits der 200 000 Euro die Garage wechseln würden. Gänzlich unbezahlbar sind der filigrane Benetton Ford B194-5, mit dem Michael Schumacher 1994 seinen ersten Formel-Eins-Titel gewonnen hat und der 900 Kilo leichte BMW-Prototyp mit V12-Motor, der 1999 am legendären 24-Stundenrennen von Le Mans teilgenommen hat.

Oldtimertage

Aufregend geschwungene Kotflügel contra Italo-Flunderdesign: Helmut Nowak aus Bruck mit seinem tadellosen MG TD, Baujahr 1951.

(Foto: Günther Reger)

Aber der automobilen Leidenschaft kann man mit dem auf der Amperwiese stehenden zweitaktenden Trabant genauso frönen wie mit dem auf Hochglanz polierten Porsche 356 gleich nebenan - mag auch die Plaste und Elaste des DDR-Nostalgikers augenscheinlich nur vom ausgeblichenen blassblauen Lack zusammengehalten werden. Es gibt die ganz großen Nummern wie den vorbeischwebenden Rolls-Royce oder den Ferrari Testarossa F 110, für den sich am Samstag bei der Versteigerung freilich kein zahlungsfähiger Interessent gefunden hat. Aber es gibt eben auch die kleinen Nummern für den kleinen Geldbeutel, die genauso schön sind: Wie das blau-weiße NSU-Quickly-Moped, das den Reporter auf dem Weg zum Veranstaltungsforum frech überholt hat und sich nur Minuten später Schulter an Schulter mit BMW- und Moto-Guzzi-Motorrädern präsentiert, als sei nichts geschehen.

Oldtimertage

Till Rosenkranz bei der Versteigerung im Säulensaal.

(Foto: Günther Reger)

Weit mehr als 10 000 Besucher dürften am Wochenende ins Veranstaltungsforum geströmt sein. Alle Freiflächen sowie Tenne, Stadt- und Säulensaal sind belegt - mit Autos und Motorrädern und mit Ständen, die Emailleschilder oder Zubehör oder Fachliteratur oder Schlüsselanhänger oder Spezialkleber oder überholte Lichtmaschinen oder Holzlenkräder offerieren. Oder an denen sich Experten anbieten, Ledersitze aufzumöbeln oder den automobilen Schatz adäquat zu versichern.

Fürstenfeldbruck: Christian Peschke aus Germering in seiner Zeitmaschine, einem DeLorean DMC.

Christian Peschke aus Germering in seiner Zeitmaschine, einem DeLorean DMC.

(Foto: Alina Peschke/Privat)

Am schönsten ist es, das wissen Enthusiasten, wenn man jenen Schatz nicht nur als Wertanlage begreift, sondern auch bestimmungsgemäß an die frische Luft bringt. So wie Patriek Rouquette. Der 59-Jährige ist Franzose und pendelt zwischen seinen beiden Wohnorten, dem kleinen Albi 80 Kilometer nördlich von Toulouse und Fürstenfeldbruck, wo er seine zweite Heimat gefunden hat. Sein Citroën-2CV-Kastenwagen, Baujahr 1977, führt stolz die alten französischen Nummernschilder aus und ist Rouquettes "Spaßauto". Darin übernachtete er sogar einmal. Das war bei einem 2CV-Clubtreffen in Sévérac le Château. Der Weg zur unbeschwerten Nachtruhe: einfach die dünn bespannten Sitze nach vorne klappen und, voilà, fertig ist die Liegefläche. Das ganze Töfftöff ist noch im Originalzustand. Das heißt auch die kleinen Rostflecken sind original. Macht aber nichts, stärkt vielmehr den Charakter. 500 Euro blätterte der Besitzer für den Kastenwagen vor sechs Jahren auf den Tisch, richtete für Reifen, Stoßdämpfer und dies und das aber auch schon wieder 3500 Euro rein. Für 4000 Euro würde er ihn in treue Hände geben - und dann das Geld ganz bestimmt in seinen großen Traum, einen Ami 6, eine dieser Schräghecklimousinen der Sechziger, investieren. Bis es so weit ist, erreicht Patriek Rouquettes 19-PS-Bolide nur mit Rückenwind 85 Sachen. Von Toulouse aus brauchte der gemütliche Franzose einst vier Tage bis nach Bruck. "Aber ich liebe halt alte Autos", sagt er. Und solange Cafés am Wegesrand liegen, in denen es einen Croissant und einen Café au Lait gibt, ist Eile nicht geboten, der Weg mithin das Ziel.

Der Weg ist im übertragenen Sinn immer auch das Ziel für Christian Peschke aus Germering. Der 46-Jährige hat nicht nur ein Auto zum Concours D'Elegance mitgebracht, bei dem Oldtimer mit Blick auf Zustand, Originalität, Schönheit und Historie bewertet werden. Er hat eine eben solche Historie selbst aktiv mitgeschrieben.

Ein Blick in die Vergangenheit des Sportwagens,der vor allem als Zeitmaschine in der Filmtrilogie "Zurück in die Zukunft" bekannt geworden ist: Sein DeLorean DMC verließ 1981 als achtes Fahrzeug der Serienproduktion das Werk in Belfast/Nordirland. Die von Giorgetto Giugiaro designte, mit Motoren der Renault Alpine und mit futuristischen Flügeltüren sowie Edelstahlkarosserie ausgestatteten Flundern waren irgendwie ihrer Zeit voraus - sogar die ersten geregelten Katalysatoren hatten sie damals an Bord, Klimaanlage sowieso. Das schnelle Ende vom Lied: Bereits ein Jahr und 9000 Fahrzeuge später ging DeLorean pleite - drei Jahre, bevor das Ding von Hollywood entdeckt wurde und sich Marty McFly alias Michael J. Fox hinters Steuer klemmte. Vor sieben Jahren ersteigerte Peschke auf Ebay für 14 000 Dollar seinen DMC, der zuvor in den USA 16 Jahre lang in einer Scheune vor sich hin gegammelt hatte, in dessen Kotflügeln Mäuse nisteten, der aber nur läppische 13 000 Meilen auf der Uhr stehen hatte. In jahrelanger Arbeit entkernte er ihn, baute ihn neu auf - und pimpte die Serie sogar mit einem filmreifen, im Heck blinkenden "Fluxkompensator" auf. Schätzwert heute: um die 80 000 Euro.

Warum dieses Auto? Peschke hatte früher zwei: Einen schnöden Golf für den Alltag und eine selbst restaurierte 69er Corvette Stingray fürs Gemüt. Beide tauschte er gegen ein BMW Cabrio. Bald schon dämmerte ihm: schön, aber irgendwie auch fad. Außerdem hatte ihn einst doch der Streifen "Zurück in die Zukunft" in den Bann geschlagen - und damit auch dieses Auto. 14 Jahre alt war er damals. Genau in dem Alter ist seine ältere Tochter Alina heute. Sie findet das Auto "cool". Und sie findet es lustig, wenn Freunde, vor allem die Väter der Freunde, große Augen machen. Einmal, erzählt Peschke, habe beim "Rollenden Museum" der Münchner Langen Nacht der Museen ein offenbar filmbegeisterter junger Mitfahrer Freudentränen vergossen. Peschke sieht das nüchterner: Der Weg ist das Ziel - das Ziel freilich fast erreicht, das Auto in perfektem Zustand. Vor zwei Jahren hat er sich einen restaurierungsbedürftigen Porsche 944 gekauft. Am schönsten ist es doch, die Klassiker auf Vordermann zu bringen, sie auszufahren und mit Gleichgesinnten fachsimpeln zu können - so wie bei den Oldtimertagen.

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