Fürstenfeldbruck:Volkshochschule in Schieflage

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Städtische Tochtergesellschaft verliert für 2011 und 2012 die Gemeinnützigkeit und entgeht nur knapp der Auflösung

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Unprofessionelles Management hat die Brucker Volkshochschule (VHS) offenbar in eine massive Schieflage gebracht. Wie erst jetzt bekannt wurde, stand die für die Erwachsenenbildung zuständige städtische Tochtergesellschaft kurz vor der Auflösung. Zudem hat das Finanzamt im Januar angekündigt, ihr wegen nicht nachvollziehbarer Buchungen rückwirkend die Gemeinnützigkeit und damit steuerliche Privilegien für 2011 und 2012 abzuerkennen. Im Finanzausschuss des Stadtrats wurde am Dienstag erstmals öffentlich über die Konsequenzen gesprochen. Dabei wurde vereinzelt auch Kritik laut an der Strategie von Stadtspitze und Aufsichtsrat, auf die Information der Öffentlichkeit und der nicht im Aufsichtsrat vertretenen Stadträte zu verzichten.

Publik wurde die Affäre erst, nachdem sich im Stadtrat Widerstand gegen einen im Zuge der Haushaltsberatungen gestellten Antrag der VHS geregt hatte. Silvia Reinschmiedt, seit Juni 2013 Geschäftsführerin, hatte im März für das laufende Geschäftsjahr eine Erhöhung der Förderung von 51 000 auf 220 000 Euro beantragt und dies unter anderem mit dem deutlich erhöhten Personalbedarf im Kursbereich Deutsch für Integration sowie Verwaltungskosten und einem Investitionsstau im IT-Bereich begründet.

Der vor einigen Wochen in den Haushaltsberatungen zunächst nur unter Vorbehalt genehmigte höhere Zuschuss wurde am Dienstag für zunächst ein Jahr einstimmig beschlossen. Zudem wurde ein Stadtratsbeschluss vom Juni 2014, demzufolge die gGmbH Ende August aufgelöst und die VHS als städtisches Ressort weitergeführt werden soll, zurückgenommen. Für Aufsehen sorgte am Dienstag aber vor allem die vorgelegte Stellungnahme des städtischen Revisionsamts, die ein Licht wirft auf die Zustände, die vor dem Wechsel der Geschäftsführung geherrscht haben müssen: Offenbar verfügte Bruno Thalmayr, der von 1984 bis zum Eintritt in die Altersteilzeit die VHS geführt hatte, nicht über ausreichende buchhalterische Kenntnisse und zog auch keine Fachleute zu Rate. Daran scheint sich wenig geändert zu haben, als der eingetragene Verein 2009 in die Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft übergeführt wurde und damit strengere rechtlich formale Vorschriften galten.

Als Silvia Reinschmiedt vor knapp zwei Jahren übernahm, musste sie sich offenbar erst durch eine chaotische Buchführung arbeiten. So waren unter anderem zu geringe Rückstellungen für die Altersteilzeit des Geschäftsführers eingestellt und auch noch mit falschem Vorzeichen verbucht worden. Zudem war die Festplatte des zentralen, veralteten Computers gelöscht worden. In einer Sitzung Ende April 2014 versagte der Stadtrat Thalmayr daraufhin die Entlastung. Ob beziehungsweise welchen finanziellen Schaden er zu verantworten hat, ist unklar. Beate Hollenbach (CSU), selbst Mitglied im VHS-Aufsichtsrat, bezweifelte auf Nachfrage der SZ, dass er noch in Regress genommen werden kann. Thalmyr selbst war am Mittwoch und Donnerstag nicht erreichbar.

Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV) sagte, Thalmayr habe "die Ausgaben der VHS nach außen niedrig halten wollen". Dadurch seien interne Verrechnungen "nicht so sehr in die Bücher gekommen". Mittlerweile seien die Probleme aber behoben und alles transparent. Die Brucker VHS stehe im Vergleich zu anderen Volkshochschulen sehr gut da. Tiefergehende Fragen werde er im nicht öffentlichen Teil beantworten. Seiner Überzeugung nach hat es sich bewährt, diese Angelegenheit weitgehend "aus der Öffentlichkeit rauszuhalten".

Klaus Wollenberg (FDP) sieht das anders. Er gehört nicht dem Aufsichtsrat an. Der SZ sagte er, es sei darüber diskutiert worden, ob die Sache mit der VHS nicht ein Fall für den Staatsanwalt werden müsse. Details habe aber auch er nie erfahren.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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